Neue Erkenntnisse zu Übergewicht durch künstliche Babynahrung

Studie der Universitäten Osnabrück, Aachen und Regensburg

Stillen hat eine natürliche Schutzwirkung gegen Übergewicht und Diabetes im Kindes- und Erwachsenenalter.

Im Gegensatz dazu kann künstliche Säuglingsnahrung (Formula) zu einer übermäßigen Zunahme des Fettgewebes mit dem Risiko der Adipositas führen.

Wissenschaftler der Universitäten Osnabrück, Aachen und Regensburg haben diesen Zusammenhang nun genauer untersucht: Sie identifizierten die beteiligten Stoffwechselwege, die erklären warum erhöhte Eiweißzufuhr zu einer sogenannten FTO-Entgleisung führt und dadurch negative Auswirkungen auf den Fettstoffwechsel resultieren. Ihre Ergebnisse wurden kürzlich in der renommierten Fachzeitschrift „Nutrients“ veröffentlicht.
 
„Die Beteiligung des Fat Mass- and Obesity-Associated Gene (FTO) an Übergewicht, Adipositas und Diabetes ist schon länger bekannt“, erklärt Prof. Dr. Bodo Melnik, Facharzt für Dermatologie und Lehrbeauftragter der Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitswissenschaften an der Universität Osnabrück.

„Welchen Einfluss eine überhöhte FTO-Aktivität auf die Entstehung des Fettgewebes bei Formula-gefütterten Säuglingen hat, war bisher nicht ganz klar.“

Eine klinische Studie aus dem Jahr 2020 zeigte bereits, dass die Expression des FTO-Gens bei Säuglingen, die Formula erhielten 26-mal höher ausgeprägt war als bei gestillten.

Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass es bei Säuglingen, die mit Formula-Nahrung gefüttert werden, bereits im Säuglingsalter zu einer erhöhten Anlage von Fettzellen kommt, die dann im weiteren Leben vermehrt Fett speichern können.“

„Im Vergleich zur natürlichen Prägung des Fettgewebes durch Muttermilch, kann die Eiweißzufuhr durch Säuglingsnahrung außer Kontrolle geraten“, ergänzt Prof. Dr. Swen Malte John, Leiter der Abteilung Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie an der Universität Osnabrück. „Säuglinge schlafen zwar mit eiweißreichen Nachtflaschen länger durch und das mag jungen Eltern vorteilhaft erscheinen, aber für ihre schutzbedürftigen Säuglinge erhöht sich so das Risiko einer epigenetischer Fehlprägung in Richtung Adipositas.“

Zudem enthalte die Formula im Gegensatz zur Muttermilch keine Mikro-Ribonukleinsäuren (Mikro-RNS), die die Aktivität des FTO-Gens korrekt kalibrieren könnten, so die Osnabrücker Forscher. Unkontrollierte und überhöhte Eiweißzufuhr in Verbindung mit einem Mangel an Mikro-RNS sei gerade bei der Formula-Ernährung ein kritisches Problem, das das Risiko für eine frühzeitige Entwicklung von Übergewicht bahne.

„Muttermilch ist mehr als nur Nahrung – sie ist die Fortsetzung eines epigenetischen Prägungsprogramms, das nicht künstlich gestört werden darf. Bei der Einführung der Formula-Nahrung wurde dies von der Kinderheilkunde leider übersehen“, so Prof. John. Prof. Melnik resümiert: „Unsere neuen Erkenntnisse sind ein klares Plädoyer für das Stillen und ein wichtiger Beitrag zur Primärprävention der epidemischen Adipositas.“

Quelle:
Mitteilung der Universität Osnabrück - Institut für Gesundheitsforschung und Bildung, Abteilung für Dermatologie, Umweltmedizin und Gesundheitstheorie

Link zur Studie: https://doi.org/10.3390/nu16152451