Sehkraft bei Kindern und Jugendlichen effektiver erhalten

Studie zu rheumatisch bedingten Augenentzündungen

Rund 15.000 Kinder und Jugendliche in Deutschland leiden an Gelenkrheuma, das als juvenile idiopathische Arthritis (JIA) bezeichnet wird.

Die JIA ist damit die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung in dieser Altersgruppe – und zugleich eine Erkrankung, die bei nicht wenigen Betroffenen auch die Augen in Mitleidenschaft zieht.

Trotz deutlich verbesserter diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten hat jedes zweite der so betroffenen Kinder mit Langzeitfolgen zu kämpfen.

Wenn die entzündlichen Prozesse der juvenilen idiopathischen Arthritis auf die Augen übergreifen, ist davon insbesondere die mittlere Augenhaut (Uvea) im vorderen Augenbereich betroffen. Sie bildet dort die Iris (Regenbogenhaut) und den ringförmigen Ziliarmuskel, der der Aufhängung und Schärfeanpassung der Linse dient.

„Eine Entzündung in diesem Bereich (Uveitis) ist gefährlich, weil sie bei den meisten Kindern zunächst weder sicht- noch spürbar ist“, sagt Professorin Dr. med. Kirsten Minden, Kinderrheumatologin an der Universitäts-Kinderklinik der Charité und Kongresspräsidentin der GKJR.

Unerkannt und unbehandelt könne sie aber rasch zu schwerwiegenden Komplikationen mit Sehkrafteinbußen bis hin zur Erblindung führen.

Zu einer Beteiligung der Augen am rheumatischen Entzündungsprozess kommt es bei etwa jedem siebten Kind mit JIA. Bei der häufigsten JIA-Form, der Oligoarthritis, ist sogar jedes fünfte Kind von einer Uveitis betroffen.

Wie gut die Augenentzündung mit heutigen Therapien kontrolliert werden kann, untersuchte eine große Beobachtungsstudie an elf Kinderrheumazentren in Deutschland.

„An der ICON-Studie haben knapp 1000 an JIA erkrankte Kinder über zehn Jahre hinweg teilgenommen“, berichtet Minden.

In den ersten fünf Beobachtungsjahren hätten 14 Prozent der kleinen Patient:innen eine Augenentzündung entwickelt, der in der Regel mit einer intensiven Rheumamedikation begegnet wurde. Damit konnte die Entzündung bei über 90 Prozent der Kinder sehr gut eingedämmt werden. Sie wiesen fünf Jahre nach Erkrankungsbeginn entweder keine oder nur eine sehr geringe Krankheitsaktivität auf.

Auch lag bei zwei Dritteln der Kinder die Sehschärfe über 80 Prozent.

„Unerwartet hoch war jedoch die Komplikationsrate“, gibt Minden zu bedenken. Denn wie die Studie zeigte, wies jedes vierte von einer Uveitis betroffene Kind bereits beim ersten Augenarztbesuch Komplikationen auf.

„Diese Kinder werden demnach zu spät und erst dann vom Augenarzt gesehen, wenn bereits Komplikationen aufgetreten sind.“

Hier müsse mit einem frühzeitigen Uveitisscreening gegengesteuert werden - idealerweise unmittelbar nach der JIA-Diagnose. Diese Untersuchung müsse in individuell festzulegenden Abständen in den ersten Erkrankungsjahren, aber auch nach einer Reduktion oder dem Absetzen der Rheumamedikation wiederholt werden.

 Auch der allererste Schritt zu einer angemessenen Versorgung, die JIA-Diagnose selbst, nimmt zu viel Zeit in Anspruch – ab den ersten Beschwerden dauert es bei jedem zweiten Kind noch immer länger als die empfohlenen sechs Wochen, bis es in rheumatologische Behandlung kommt.

Als alarmierend bewertet Minden auch die weitere Zunahme der Augenkomplikationen im Verlauf der Therapie.

Im Beobachtungszeitraum von fünf Jahren wies fast jedes zweite Kind Komplikationen wie entzündungsbedingte Verklebungen von Iris und Linse, einen grauen Star oder einen erhöhten Augeninnendruck bis hin zum grünen Star auf.

„Diese können als Folge der Entzündung, aber auch als Folge einer langfristigen Glukokortikoidgabe auftreten“, sagt die erfahrene Kinderrheumatologin. Daher gelte es, die langfristige Behandlung mit glukokortikoidhaltigen Augentropfen kritisch zu hinterfragen, die bei vielen der kleinen Patient:innen trotz guter Uveitiskontrolle fortgeführt werde.

Obwohl in der ICON-Studie 85 Prozent der Kinder nach fünf Jahren eine komplett inaktive Uveitis hatten, wurden über 40 Prozent noch immer mit lokalen Glukokortikoiden behandelt, die ein Risiko für grauen und grünen Star bergen.

Der Einsatz von Glukokortikoiden ist in der Rheumabehandlung unverzichtbar, um eine überschießende Entzündungsaktivität rasch zu dämpfen und schwerwiegende Folgeschäden zu verhindern.

„Aufgrund des großen Spektrums an unerwünschten Wirkungen sollten Glukokortikoide jedoch so niedrig dosiert und so kurz wie möglich eingesetzt werden“, ergänzt Professor Dr. med. Andreas Krause, Chefarzt am Immanuel Krankenhaus Berlin und Kongresspräsident der DGRh.

Dass dieser Grundsatz nicht nur in der Erwachsenen-, sondern viel mehr noch in der Kinderrheumatologie gelte, würden die Ergebnisse der ICON-Studie ein weiteres Mal eindrücklich belegen.

Über die DGRh
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