Psychisch bedingte Rückenschmerzen

Stress und psychische Belastungen können starke Verspannungen und Rückenschmerzen auslösen.

Beim Thema Rückenschmerzen liegt die Diagnose von körperlichen Ursachen wie Fehlhaltungen und Bewegungsmangel nah

Dass auch psychische Faktoren als Auslöser von Rückenproblemen in Frage kommen, wird allerdings häufig unterschätzt. Das kann sich negativ auf den Behandlungserfolg auswirken.

Der Grund: Schmerzen, die aufgrund von Stress, Ängsten oder emotionalen Belastungen entstehen, lassen sich kaum mit den üblichen Therapieansätzen lindern oder abstellen. Die Aktion Gesunder Rücken e. V. erläutert medizinische Hintergründe und gibt Betroffenen hilfreiche Tipps, um Körper und Geist zu beruhigen.

Die Faktenlage ist eindeutig: Es gibt eine Verbindung zwischen Rückenschmerzen und der Psyche.

Bei mehr als 30 Prozent der Betroffenen ist die Psyche, und hier vor allem Stress, an der Entstehung von Rückenschmerzen beteiligt. Auch Ängste, Depressionen und emotionale Belastungen kommen als auslösende Faktoren in Frage – vor allem, wenn sie dauerhaft bestehen.

Psychische Belastungen können körperliche Folgen nach sich ziehen.

„Stress führt dazu, dass sich die Muskeln im Rückenbereich verspannen, was Schmerzen auslöst. Chronischer Stress kann auch zu einer Entzündung im Körper führen, die wiederum zu Schmerzen beitragen kann“, sagt Gesundheits- und Ergonomie-Beraterin Anne-Marie Glowienka.

Stress und Rückenschmerzen hängen zusammen und beeinflussen sich gegenseitig, denn umgekehrt können Rückenschmerzen auch zu psychischen Problemen führen: Besonders wenn sie chronisch auftreten und die Betroffenen körperlich einschränken, werden sie häufig von psychischen Auswirkungen wie Ängsten, Depressionen, zunehmendem sozialen Rückzug und Schlafstörungen begleitet.

„In einem sich selbst verstärkenden Kreislauf führen dann Rückenschmerzen zu vermehrtem Stress”, erklärt Detlef Detjen, Geschäftsführer bei der Aktion Gesunder Rücken (AGR) e. V. „Und der verstärkt dann wiederum die Schmerzempfindlichkeit – ein klassischer Teufelskreis.”

Der Ursache von Rückenschmerzen auf die Spur kommen

Ein wichtiger, aber kein einfacher Schritt: Psychisch bedingte Rückenschmerzen müssen als solche erkannt werden. Weil es im Hinblick auf Zeit, Ort und Schmerzart keine eindeutigen Erkennungsmerkmale gibt, ist die Unterscheidung von körperlich und psychisch bedingten Rückenschmerzen nicht leicht.

Ein erstes Anzeichen kann es sein, wenn die Schmerzen vor allem in akuten Stressphasen auftreten. Manchmal ist es aber auch ein konkretes, stressauslösendes Ereignis, in dessen Zusammenhang die Schmerzen vermehrt auftreten. Ergibt zudem eine eingehende medizinische Untersuchung keine klare körperliche Ursache und bewirken physiotherapeutische Ansätze keine Besserung, sollten psychisch bedingte Ursachen verstärkt in Betracht gezogen werden.

Rückenexpertin Glowienka empfiehlt Betroffenen, ihre Rückenschmerzen genau zu beobachten, um herauszufinden:

  • Wann treten sie auf?
  • Welche Art von Schmerz ist es?
  • Gibt es spezifische Bewegungen oder Aktivitäten, die Schmerzen auslösen oder verschlimmern?

„Sinn ergibt es auch, die Schmerzen zu dokumentieren”, sagt Glowienka. „Das kann dem Arzt helfen, eine genaue Diagnose zu stellen.“

Wenn eine entsprechende Diagnose vorliegt, lautet die gute Nachricht, dass sich auch psychisch bedingte Rückenschmerzen behandeln lassen.

Was also können Psychotherapie und andere Behandlungsansätze zur Linderung von Rückenschmerzen beitragen?

Dem Teufelskreis aus Stress und Schmerz entkommen

Wenn Stress als Ursache von Rückenschmerzen identifiziert wurde, geht es zunächst darum, das Entstehen von Stress mit geeigneten Mitteln und Methoden zu bekämpfen. Helfen kann zum Beispiel das Lernen und Einüben von Entspannungstechniken wie Yoga, autogenes Training oder die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen.

„Um Stress abzubauen, ist zudem ein physiotherapeutischer Ansatz mit viel Sport und Bewegung hilfreich”, erklärt AGR-Experte Detjen. „Besonders eignen sich hier natürlich Übungen für den Rücken, beispielsweise mit einer Faszienrolle.”

Eine gesunde Ernährung, ein regelmäßiger Schlafrhythmus, eine gute Work-Life-Balance und ein ergonomischer Arbeitsplatz sind ganz allgemein wichtige Parameter, wenn es um Stressbewältigung geht.

Zudem ist eine regelmäßige Bewegung relevant, Spaziergänge sind zum Beispiel eine weitere Möglichkeit, Verspannungen im Rücken zu lösen und die Durchblutung zu verbessern.

Wenn die psychische Problematik tiefer liegt, werden diese gängigen Methoden der Stressbewältigung jedoch wenig Nachhaltiges bewirken.

Spätestens dann sollten die Betroffenen sich von ihrem Hausarzt beraten lassen und eine psychotherapeutische Behandlung in Betracht ziehen, betont Glowienka: „Rückenschmerzen, die psychisch bedingt sind, erfordern professionelle medizinische Betreuung. Wenn die Schmerzen anhalten oder sich verschlimmern, sollte man einen Arzt aufsuchen.“

In der Psychotherapie gibt es verschiedene Ansätze, die jeweils einen anderen Fokus wählen, wenn es um die psychische Bewältigung von Schmerzen geht.

Vor allem die kognitive Verhaltenstherapie, bei der es darum geht, den Umgang mit Schmerzen der Betroffenen zu verbessern, ist vielversprechend.

Dieser Ansatz basiert darauf, dass Einstellungen, Absichten, Wünsche oder Vorstellungen eines Menschen sein Verhalten wesentlich beeinflussen. Die individuelle Wahrnehmung der Betroffenen kann also die Schmerzen sowohl verstärken als auch abschwächen.

„Wer Rückenschmerzen als schlimmen Schicksalsschlag einschätzt, wird die Schmerzen stärker erleben als jemand, der etwas aktiv für seine Rückengesundheit unternimmt“, erläutert die Hon.-Prof. Dr. Anne Flothow (Psychologin aus Hamburg und Vorstandsmitglied im Bundesverband deutscher Rückenschulen -BdR- e. V.). „Ziel ist es, die Überzeugung zu gewinnen, dass man seinen Rückenschmerzen nicht hilflos ausgeliefert ist“.

Sie rät, mit Hilfe von Bewältigungsstrategien Ängste zu überwinden, aktiv zu werden und sein Selbstbewusstsein zu steigern.

Die verschiedenen Ansätze sind besonders effektiv, wenn sie kombiniert werden. Die sogenannte „multimodale Schmerztherapie“ bringt Ärzte, Schmerz-, Psycho- und Physiotherapeuten zusammen, die im Rahmen eines mehrwöchigen Therapieplans eng zusammenarbeiten, um den Betroffenen verschiedene Wege aus dem Teufelskreis von Stress und Schmerzempfinden aufzuzeigen.

„Dabei werden die Bereiche medizinische Behandlung inklusive Medikamente, Physiotherapie und Psychotherapie zusammen bearbeitet und es erfolgt ein intensiver und kontinuierlicher Austausch zwischen den Fachleuten“, sagt Rücken-Expertin Glowienka.

Multimodale Schmerztherapien werden oft von Kliniken angeboten, in denen ohnehin alle Experten der verschiedenen Fachrichtungen unter einem Dach arbeiten.

Effektiv sind sie vor allem deshalb, weil sie die Schmerzen von beiden Seiten angehen – der physischen wie auch der psychischen. Von einem solchen Ansatz, der Körper und Geist ganzheitlich in den Blick nimmt, können nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Medizin als Ganzes profitieren

Wer gern mehr erfahren möchte, findet weitere Informationen direkt unter www.agr-ev.de