Die Pest – gibt es sie noch?

Die historischen Pest-Pandemien haben Schätzungen zufolge über 200 Millionen Todesopfer gefordert.

Im 14. Jahrhundert löschte der „Schwarze Tod“ in Teilen Europas bis zur Hälfte der Bevölkerung aus. Damals wurde die auch heute noch verwendete Schutzmaßnahme – die Quarantäne – zum ersten Mal eingesetzt.

Der Erreger, ein Bakterium namens Yersinia pestis, ist aber nicht ausgestorben, wie viele denken.

Der Pesterreger kommt heute noch in mehreren Ländern Afrikas, Asiens und Amerikas vor. Insbesondere Madagaskar, die Demokratische Republik Kongo, die Mongolei, Vietnam, Myanmar, Indien sowie Peru und der Westen der USA sind regelmäßig von Pestausbrüchen betroffen.

Weltweit werden jährlich etwa 2.000 Pestfälle registriert, auch heute noch können Menschen daran sterben.

Grund genug für die Wissenschaft, sich mit dem gefürchteten Erreger zu beschäftigen.

Aufregende Ergebnisse über die Evolution des Pestbakteriums brachte in den letzten Jahren die Paläogenetik.

An 5.000 Jahre alten menschlichen Knochen aus der Jungsteinzeit wurden die ältesten Spuren des Pesterregers gefunden.

Genetische Untersuchungen zeigten, dass das damalige Pestbakterium noch nicht durch den Floh übertragen werden und somit auch keine Beulenpest hervorrufen konnte.

Dafür fehlte dem Bakterium die notwendige genetische Ausstattung, die es, wie die Analyse des bakteriellen Erbguts zeigte, erst Jahrtausende später von anderen Organismen erworben hat.

Der bronzezeitliche Pesterreger jedoch und seine Nachfahren aus dem Mittelalter und der heutigen Zeit verfügen bereits über das Gen, das ein Überleben im Darm des Flohs für das Bakterium ermöglicht. Diese genetische Änderung hat dem Erreger Vorteile in der Verbreitung verschafft und einen für uns Menschen gefährlicheren Pesterreger hervorgebracht.

Doch das war nicht die letzte große Änderung im Erbgut des Bakteriums, es entwickelte sich seither weiter: Ein Forschungsteam der Uni Kiel und des Max-Planck-Instituts für Evolutionsbiologie in Plön hat kürzlich neue Kenntnisse über weitere genetische Änderungen im Erbgut des Pestbakteriums veröffentlicht.

Das veränderte Bakterium löste die dritte, bislang letzte Pestpandemie mit 15 Millionen Todesopfern aus, von der im 19. Jahrhundert vor allem Asien und Indien betroffen waren.

Die Forschenden verglichen das Erbgut von Pestbakterien der Jungsteinzeit, des Mittelalters und der Pandemie im 19. Jahrhundert.

Dafür wurden auch Proben aus Überresten von 42 vermutlichen Pestopfern aus Dänemark analysiert, die zwischen dem 11. und 16. Jahrhundert bestattet worden waren.

Die Forschenden entdeckten, dass das Pestbakterium seit dem Mittelalter ein neues genetisches Element aufgenommen hat.

Dieses stammt von einem sogenannten Prophagen. Prophagen sind Viren, die Bakterien infizieren und ihr genetisches Material in das Erbgut der Bakterien einbauen. Durch das neue genetische Element kann der moderne Pesterreger ein Eiweiß produzieren, das bestimmten Zellgiften aus anderen Krankheitserregern stark ähnelt – zum Beispiel dem Cholera-Toxin.

Die Forscher vermuten, dass das Bakterium mit dem Zellgift das Körpergewebe der Infizierten stärker schädigen kann.

Eine so rasche Veränderung von Yersinia pestis könne auch in der Gegenwart zur schnellen Ausbreitung des Pesterregers und damit zur Pandemie-Gefahr beitragen, warnen die Forschenden.

Die Gründe sind die Bevölkerungszunahme, Urbanisierung und die starke Vermehrung der Nagetierpopulationen und ihrer Flöhe in Ländern, in denen die Pest vorkommt, sowie die hohe Mobilität der Menschen.

Pestbakterien werden durch Flöhe von Nagetieren (Ratten) auf den Menschen übertragen.

Der Erreger wandert von der Bissstelle des Flohs über das Lymphsystem zum nächstgelegenen Lymphknoten, vermehrt sich dort und verursacht eine Entzündung und Anschwellung des Lymphknotens, es entsteht das blau-schwarze Bubo, das typische Bild der Beulenpest.

Durch Antibiotika-Behandlung kann die Sterblichkeit deutlich reduziert werden. Ein Impfstoff steht in der westlichen Welt nicht zur Verfügung.

Weitere Informationen erhalten Sie auch direkt beim Deutschen Grünen Kreuz unter www.dgk.de

Quellen:
• Nationale Forschungsplattform für Zoonosen, Zoonose des Monats – Februar 2023, Erregersteckbrief

Yersinia pestis, Autoren: P. Braun, E. Mantel und G. Grass.

• Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences; DOI: 10.1098/rspb.2023.0622)

• Pest wurde schon in der Bronzezeit durch Flöhe übertragen (aerzteblatt.de)

• Der Schwarze Tod stammt aus Zentralasien (aerzteblatt.de)