Wenn die Vergangenheit nicht vergeht

Posttraumatische Belastungsstörung verstehen und bewältigen

Ein plötzlicher Unfall, ein Überfall oder langanhaltende Belastung durch häusliche Gewalt – traumatische Erlebnisse können das Leben in ein „Davor“ und ein „Danach“ spalten.

Während einige Menschen diese Erfahrungen irgendwann verarbeiten, entwickelt ein Teil eine sogenannte Posttraumatische Belastungsstörung, kurz PTBS.

„Viele Betroffene kämpfen mit Ängsten, Schlafstörungen oder Flashbacks, ohne zu ahnen, dass hinter ihren Beschwerden eine ernstzunehmende psychische Erkrankung steckt“, weiß Prof. Dr. med. Petra Beschoner, Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin und Ärztliche Leiterin der Akutklinik Bad Saulgau.

  • Doch wie äußert sich eine PTBS?
  • Wie entsteht sie?
  • Und: Welche Hilfen gibt es?

Was ist eine PTBS – und wie zeigt sie sich?

Die Posttraumatische Belastungsstörung ist eine psychische Erkrankung, die als Reaktion auf ein extrem belastendes Ereignis entsteht.

„PTBS ist mehr als nur ein Albtraum oder Angstgefühl – sie verändert dauerhaft, wie Menschen ihre Umwelt wahrnehmen und auf sie reagieren“, erklärt Prof. Beschoner.

Typische Auslöser sind Gewalterfahrungen, Unfälle, Krieg oder Naturkatastrophen.

Besonders häufig betroffen sind Frauen, die sexualisierte oder häusliche Gewalt erlebt haben.

Die Symptome sind vielfältig

Flashbacks, bei denen das Erlebte wie ein Film plötzlich wieder abläuft, gehören ebenso dazu wie Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme oder ständige innere Anspannung.

Alltagssituationen – etwa ein lautes Geräusch wie ein knallendes Feuerwerk, ein bestimmter Geruch oder ein vertrauter Ort – können plötzlich intensive Angstreaktionen auslösen.

„Viele Betroffene ziehen sich sozial zurück oder vermeiden gezielt Orte, Menschen oder Aktivitäten, die sie an das Trauma erinnern“, berichtet die Fachärztin.

Manche leiden unter emotionaler Taubheit

Sie fühlen sich innerlich leer, können keine Freude mehr empfinden oder Nähe kaum zulassen.

Tückisch: „Oft wird PTBS lange nicht erkannt – weder von Betroffenen noch von ihrem Umfeld. Aus Scham oder Angst, nicht ernst genommen zu werden, sprechen viele nicht über ihre Erlebnisse“, so Prof. Beschoner.

Wie können Familie und Freunde helfen?

Für das Umfeld ist es oft schwer nachvollziehbar, warum eine geliebte Person sich plötzlich verändert, zurückzieht oder scheinbar grundlos in Panik gerät. Doch Unterstützung spielt eine entscheidende Rolle im Heilungsprozess.

„Es hilft, nicht zu drängen, sondern einfach da zu sein, Sicherheit zu geben und geduldig zu bleiben“, rät Prof. Beschoner und weiß: „Eine Reizüberflutung sollte möglichst vermieden werden, da hektische oder laute Umgebungen Stress verursachen und Symptome verstärken können. Ebenso wertvoll ist die sanfte Ermutigung zur Therapie, denn professionelle Hilfe ist ein essenzieller Schritt zur Bewältigung von PTBS. Unterstützung kann auch darin bestehen, bei der Suche nach einer geeigneten Anlaufstelle oder einer spezialisierten Therapie zu helfen.“

Welche Therapiemöglichkeiten gibt es?

Die gute Nachricht: PTBS ist behandelbar. Und: Niemand muss damit alleine bleiben.

„Die Therapie muss immer individuell angepasst sein, denn nicht jede Methode funktioniert für alle gleichermaßen“, betont die Klinikleiterin.

Zu den bewährten Methoden zählt die traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie.

Hier lernen Betroffene, belastende Gedankenmuster zu erkennen und zu hinterfragen und sich schrittweise mit dem Erlebten auseinanderzusetzen – ohne davon überwältigt zu werden.

Eine ebenfalls wirksame Methode ist das Eye Movement Desensitization and Reprocessing, kurz EMDR.

Durch gezielte Augenbewegungen wird die Verarbeitung traumatischer Erinnerungen unterstützt und neu eingeordnet. Viele Patienten spüren nach wenigen Sitzungen erste Fortschritte und fühlen sich wesentlich stabiler.

Bei schweren Symptomen wie Schlaflosigkeit oder Depressionen kann begleitend auch eine medikamentöse Unterstützung, etwa durch Antidepressiva, eingesetzt werden.

Wichtig ist jedoch, dass Medikamente allein keine Lösung sind, sondern in Kombination mit psychotherapeutischer Begleitung genutzt werden sollten.

„PTBS kann das Leben tiefgreifend verändern aber sie ist kein unausweichliches Schicksal. Mit der richtigen Hilfe ist Heilung möglich. Wer sich Unterstützung sucht, hat die Chance, die Vergangenheit zu bewältigen und die Zukunft wieder selbst zu gestalten“, fasst Prof. Beschoner abschließend zusammen.

Wer gern mehr erfahren möchte, findet weitere Informationen unter www.akutklinik-badsaulgau.de