Rechtliche Fallstricke bei der 24-Stunden-Pflege
Wichtige Hinweise für die Betreuung in den eigenen vier Wänden
Wenn Senioren pflegebedürftig werden, wollen ihre Verwandten ihnen oftmals noch lange ein Leben in den eigenen vier Wänden ermöglichen. Deshalb hat sich in den vergangenen Jahren die sogenannte 24-Stunden-Pflege, bei der Betreuungskräfte in den Haushalt der Pflegebedürftigen einziehen, immer stärker in Deutschland verbreitet.
„Da diese Pflegekräfte häufig aus Osteuropa kommen, müssen Angehörige allerdings einige Feinheiten beachten, damit sie keine schwerwiegenden rechtlichen Fehler machen. Unwissenheit schützt nicht vor möglichen Strafen“, warnt Markus Küffel, Gesundheitswissenschaftler, examinierte Pflegefachkraft und Geschäftsführer der Pflege zu Hause Küffel GmbH.
Unübersichtliche Beschäftigungsmodelle
Da die sogenannte 24-Stunden-Pflege politisch nicht anerkannt und deshalb rechtlich kaum reguliert wird, haben sich drei unterschiedliche Beschäftigungsmodelle mit verschiedenen Vor- und Nachteilen entwickelt.
Familien können eine osteuropäische Betreuungskraft beispielsweise direkt sozialversicherungspflichtig anstellen. Dieses Modell bietet die meiste Rechtssicherheit, ist allerdings mit vielen bürokratischen Aufgaben wie Lohnabrechnungen oder dem Abführen von Steuern verbunden, da die Familie als Arbeitgeber agiert.
Aufgrund des hohen Aufwands kommt es für viele Angehörige nicht infrage. Vermittlungsagenturen setzen in der Regel auf das Entsendemodell. Dabei sind die Betreuungskräfte in ihrem Heimatland sozialversicherungspflichtig angestellt und werden für ihre Tätigkeit nach Deutschland entsendet.
„Familien sollten sich bei dieser Art der Beschäftigung unbedingt die sogenannte A1-Bescheinigung von der Agentur zeigen lassen. In einigen Fällen sind Betreuungskräfte im Entsendemodell auch in Deutschland zur Sozialversicherung gemeldet, dann muss auch hierzu das entsprechende Dokument vorgelegt werden. Ohne eine offizielle Bescheinigung handelt es sich sehr wahrscheinlich um Schwarzarbeit“, erklärt Markus Küffel.
Ein weiteres Modell zur Beschäftigung stellt die Beauftragung einer selbstständigen Betreuungskraft dar.
Für diese Kräfte gilt weder das Arbeitszeitgesetz noch die Einhaltung des deutschen Mindestlohnes, was deutlich niedrigere Kosten für die betroffenen Familien bedeutet. Allerdings warnen Verbraucherschützer und Juristen vor den Folgen einer möglichen Scheinselbstständigkeit. Familien müssen dann mit hohen Strafzahlungen und Nachzahlungen von Sozialabgaben rechnen.
„Angehörige sollten vorab genau prüfen, ob sich die bestehende Betreuungssituation legal mit einer selbstständigen Betreuungskraft abbilden lässt oder nicht“, rät Markus Küffel.
Einhaltung der Arbeitszeiten
Auch wenn umgangssprachlich von der 24-Stunden-Pflege die Rede ist, erhalten Senioren bei diesem Modell keine Rund-um-die-Uhr-Betreuung.
„Der weit verbreitete Begriff ist irreführend. Die Betreuungskräfte aus Osteuropa arbeiten acht Stunden pro Tag und haben Anspruch auf Pausen, Ruhezeiten und freie Tage“, erklärt Markus Küffel.
Da sich die Betreuungskraft in der Regel eine Wohnung mit der pflegebedürftigen Person teilt, lassen sich Bereitschaftszeit und Freizeit teilweise nicht trennscharf voneinander abgrenzen.
Auch wer grundsätzlich legal eine Betreuungskraft beschäftigt, kann aus diesem Grund schnell in eine rechtliche Grauzone geraten.
„Umso wichtiger ist es, einen seriösen Vermittler an seiner Seite zu wissen, der die Familien entsprechend aufklärt, begleitet und so vor den drohenden Gefahren bewahrt. Außerdem ist die Politik dazu aufgerufen, endlich eine Regelung zu finden, die Pflegekräfte vor Ausbeutung schützt, aber gleichzeitig der Lebensrealität von Betreuungsbedürftigen gerecht wird und Familien nicht weiter kriminalisiert.
Im Bedarfsfall braucht es weitere Akteure wie den ambulanten Pflegedienst, Tagespflege oder Angehörige, die an der Pflege und Betreuung beteiligt werden. Darüber hinaus bietet auch ein Hausnotruf zusätzliche Sicherheit während Abwesenheitszeiten an“, rät Markus Küffel.
Häufiges Problem: Schwarzarbeit
Nach aktuellen Schätzungen arbeiten neun von zehn osteuropäischen Betreuungskräften schwarz in Deutschland.
Wer Angebote für unter 2.000 Euro pro Monat findet, kann davon ausgehen, dass es sich dabei um ein illegales Beschäftigungsverhältnis handelt.
„Der Krieg in der Ukraine trägt aktuell außerdem zur Verbreitung von Schwarzarbeit bei. Wenn Geflohene Unterschlupf bei einem Pflegebedürftigen finden und ihn anschließend als Gegenleistung bei der Haushaltsführung oder Pflege unterstützen, sind sie in der Regel nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Was viele als Win-win-Situation sehen, ist faktisch Schwarzarbeit“, erklärt Markus Küffel.
Um nicht versehentlich mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, sollten Familien sich nur an seriöse Vermittlungsagenturen wenden.
„Aktuell gibt es für diese Dienstleister allerdings keine Zulassungsbeschränkungen – somit werden auch fachfremde Menschen aktiv. Auch hier ist die Politik dringend aufgerufen, regulierend tätig zu werden“, meint Markus Küffel.
Seit gut einem Jahr gibt es erstmals einen „DIN-Standard“. Familien sollten bei Auswahl ihrer Vermittlungsagentur zwingend darauf achten, dass sie nach der DIN SPEC 33454 arbeitet. Diese legt einheitliche Standards fest, die für höhere Versorgungsqualität sowie bessere Arbeitsbedingungen für Betreuungskräfte sorgen und zu mehr Transparenz und Rechtssicherheit bei den Verbrauchern beitragen.
Weitere Informationen unter www.pflegezuhause.info