Die Haut als Spiegel der Seele
... ein Experteninterview mit Anja Knöll, niedergelassene Dermatologin in Falkensee (Brandenburg)
Die Haut als Spiegel der Seele: Trifft das mehr auf Frauen oder Männer zu?
Anja Knöll: „Haut und Seele gehen Hand in Hand. Ein Satz, der eine starke Gültigkeit in der Behandlung von Patienten hat. Unser größtes Organ ist gerade im Hinblick auf unseren mentalen Zustand sehr sensibel. Begriffe, wie ,Schamesröte‘ oder ,Gänsehaut‘ lassen sofort den jeweiligen Gemütszustand ableiten.
Stress hat beim Zusammenspiel von Haut und Seele einen besonderen Stellenwert.
Dieser kann bestehende Hauterkrankungen, wie zum Beispiel Neurodermitis, Urtikaria (Nesselsucht) oder Psoriasis (Schuppenflechte) stark fördern (triggern). Im Allgemeinen reagiert die Haut von Männern und Frauen gleichsam sensibel auf seelische Belastungen. Es gibt allerdings Hauterkrankungen, die an sich mehr bei Frauen oder mehr bei Männern vorkommen.
Die Nesselsucht zeigt sich beispielsweise doppelt so häufig bei Frauen als bei Männern.“
Und wie sieht es mit dem Alter aus? Verstärken sich Symptome eher oder werden sie mit Lebensjahren weniger?
Anja Knöll: „Viele chronische Hauterkrankungen treten bereits in der Kindheit und Jugend auf. Diese können dann im Erwachsenenalter deutlich abklingen. Eine schwere Neurodermitis als Baby kann mit Mitte 30 vielleicht nur noch als trockene Haut erscheinen.
Es gibt allerdings auch Hauterkrankungen, wie die Kupferrose (Rosazea) oder das seborrhoische Ekzem, die im reiferen Alter stärker zum Tragen kommen.“
Können sich Hautleiden (und psychische) durch die Menopause verstärken?
Anja Knöll: „Ein Thema, dass viele Frauen stark beschäftigt. Ab Ende 30, Anfang 40 zeigen sich deutliche Änderungen am weiblichen Hautorgan. Der Östrogenspiegel schwankt und nimmt kontinuierlich ab. Die Haare werden dünner, das Bindegewebe wird schwächer und die Haut verliert an Feuchtigkeit.
Ein ganz normaler Wandel, der jedoch mitunter wie eine zweite Pubertät wahrgenommen wird.
In dieser Zeit kommt es auch zu Stimmungsschwankungen. Müdigkeit, starkes Schwitzen oder Schlaflosigkeit können zu einer zusätzlichen Verschlechterung des Hautbildes führen. In dieser Phase sollten Frauen vermehrt auf Haut und Seele achten.
Achtsamkeit gegenüber sich selbst, intensivere Pflege für Haut und Haar sind dabei nur einige Punkte, die beherzigt werden sollten. Chronische Hauterkrankungen können sich während der Menopause unvorhersehbar entwickeln. Bei deutlicher Verschlechterung sollte ein Facharzt aufgesucht werden, um die bestmöglicheBehandlungsstrategie in diesen besonderen Zeiten zu besprechen.“
Viele Hautkrankheiten lassen sich mit Medikamenten und konservativen Therapien (z. b. Stressmanagement, Ernährung) behandeln. Gibt es welche, bei denen man es schaffen kann, nur durch Essverhalten und psychische Therapien Linderung zu erhalten?
Anja Knöll: „Es gibt keine überzeugende Studie, die gezeigt hätte, dass allein ein gezieltes Ernährungs- bzw. Essverhalten Hautkrankheiten, wie Schuppenflechte, Urtikaria, Neurodermitis oder Akne stark verbessern würde. Sicherlich gibt es Einzelerfahrungen zu diesem Thema, diese kann man jedoch nicht verallgemeinern.
Die Erfahrung zeigt eher, dass diätetische Maßnahmen – vor allem Mangel- oder Fehlernährungen – die Haut stark belasten können. Verfärbungen, fehlende Elastizität der Haut, Brüchigkeit von Nägeln und Haaren sind nur einige Folgen davon.
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung kann bei vielen Hauterkrankungen dagegen therapiebegleitend sinnvoll sein.
In einigen Fällen kann allerdings auch Essen krank machen. Bei nahrungsmittelinduzierten Allergien müssen die auslösenden Stoffe streng gemieden werden. Eine Beratung beim Facharzt (z. B. Dermatologen) ist dabei unerlässlich.“
Eine Studie aus dem Jahr 2014 belegte, dass fast jeder dritte Hautkranke auch unter psychischen Problemen leidet. Gibt es noch aktuellere Zahlen zu dieser Thematik? Und auch welche hinsichtlich Alter/Geschlecht?
Anja Knöll: „Durch die Corona-Pandemie wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit einen weiteren Anstieg dieses Aspektes gegeben haben. Die wissenschaftliche Bewertung wird einige Zeit benötigen, um uns neue Zahlen und Fakten zu liefern
Im Allgemeinen können Hautkrankheiten in jedem Alter auftreten.
Besonders häufig werden sie jedoch im Kinderoder Jugendalter (z.B. Neurodermitis) festgestellt sowie zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr (z. B. Urtikaria).Die Geschlechterverteilung unterscheidet sich dabei sehr häufig, je nach Erkrankungsbild.
Um einige Beispiele zu nennen:
- unter der Urtikaria leiden Frauen circa doppelt so häufig wie Männer.
- Bei der Schuppenflechte sehen wir ein ausgeglichenes Verhältnis.
- Die Neurodermitis tritt bei Kindern sehr ausgeglichen auf, bei der Erwachsenen sind es jedoch deutlich mehr Frauen (Verhältnis ca. 2:1).
- Bei der Acne inversa ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern noch viel größer – hiervon sind Frauen um das Fünffache häufiger betroffen.“
Doch was hilft der Haut?
Für die Psyche
• Autogenes Training kann präventiv eingesetzt werden, um Stress und psychischen Belastungen vorzubeugen
• Ist eine Form der Selbsthypnose, die beruhigend und entspannend wirkt
• Die Natur wirken lassen: Bewegung an der frischen Luft und Vitamin-D tanken, fördert Gesundheit und Immunsystem und schüttet Glückshormone aus
• Meditation und positives Denken fördern die Gelassenheit und Stress-Resilienz
• Psychotherapie, Coaching, seelische Beratung durch ausgebildete/n Expert*in kann bei der Bewältigung von psychischem Druck helfen und unterstützen
Für den Körper
• Moderne medikamentöse Therapien helfen bei der gezielten Entzündungshemmung. Der Dermatologe kann die individuell passende Medikation finden
• Bei Urtikaria/Nesselsucht: z.B. den Wirkstoff Omalizumab (monoklonaler Antikörper, Biologikum)
• Bei Psoriasis / Schuppenflechte: z.B. Secukinumab (wird ggfs. bald auch gegen Acne inversa eingesetzt)
• Bei Neurodermitis: z.B. Dupilumab • Bei Rosazea/Kupferrose: u.a. Antibiotika wie Doxycyclin, Metronidazol
Wer gern mehr erfahren möchte, schaut bitte direkt unter https://www.dermatologie-falkensee.de/