Hörsturz
Forschung für mehr Lebensqualität
Nach einem Innenohrinfarkt bekommen viele Patienten Kortison, aber leider nicht immer mit durchschlagendem Erfolg.
Forscher untersuchen jetzt, ob und wie sich die Therapie verbessern lässt.
Es fühlt sich an, als stecke Watte oder ein Pfropfen im Ohr. Dumpf sind die Außenwelt-Geräusche, wenn sie überhaupt noch durchdringen. Manchmal schiebt sich auch ein schrilles, unangenehmes Klingeln, Klimpern oder Piepsen in den Vordergrund. Wer sich damit zu helfen versucht, das Ohr zu reinigen oder, wie im Flugzeug beim Starten und Landen, kräftig zu schlucken, bleibt erfolglos. Der Gang zum Ohrenarzt ist unausweichlich.
Innenohrinfarkt wird dieses Krankheitsereignis genannt, besser bekannt als Hörsturz.
Laut Ratgeber aus Ihrer Apotheke ereilt jedes Jahr rund 150.000 Bundesbürger. Die Symptome treten überfallartig auf. Typisch ist, dass der Hörverlust nur eine Seite, nicht beide Ohren betrifft. Im Vergleich zum gesunden Ohr klingt alles viel leiser und nur die mittlere Tonlage kommt noch an. Können andere Erkrankungen, z. B. solche des zentralen Nervensystems, von ärztlicher Seite ausgeschlossen werden, steht die Diagnose „Hörsturz“ fest.
Als Auslöser für den Ohrinfarkt kommt ein ganzes Bündel von Faktoren infrage, denen allen gemeinsam ist, dass sie die Durchblutung des Innenohrs verschlechtern: Stress, Blutdruckschwankungen, Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule oder Vorerkrankungen wie Diabetes können den Hörsturz begünstigen. Auch Infektionskrankheiten wie Masern und Mumps oder eine Mittelohrentzündung können im Spiel sein.
Kortisondosis strittig
Ein leichter Hörsturz heilt häufig ohne Behandlung wieder aus. Betroffene mit schwereren Verläufen erhalten hingegen oft eine Therapie mit hoch dosierten kortisonhaltigen oder kortisonähnlichen Medikamenten. Diese sollen Entzündungen und Schwellungen, die nach einem Hörsturz im Ohr auftreten, lindern. Doch nur bei einem Teil der Patienten erholt sich daraufhin das Gehör.
„Es gibt Studienergebnisse, die dafürsprechen, dass hoch dosierte Glukokortikoide die Symptome eines Hörsturzes lindern und den Betroffenen helfen können“, weiß Professor Stefan Plontke, Facharzt für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und Direktor des Universitätsklinikums Halle an der Saale.
„Diese Ergebnisse sind allerdings nicht wissenschaftlich gesichert.“ Trotzdem werde in Deutschland eine entsprechende Therapie empfohlen, sogar häufig in höherer Dosierung, als es international üblich sei. Doch auch was die optimale Dosierung des Wirkstoffs angehe, gebe es bislang nur ein großes Fragezeichen, legt man wissenschaftliche Maßstäbe zugrunde.
Ist das Hörvermögen infolge des Hörsturzes dauerhaft gemindert, benötigen die Betroffenen ein Hörgerät oder eine Innenohrprothese – und müssen den Verlust an Lebensqualität hinnehmen. Eine unbefriedigende Situation, die die Forschung auf den Plan gerufen hat: Seit Frühjahr 2015 untersucht die HODOKORT-Studie die Wirksamkeit der Kortisontherapie erstmals wissenschaftlich und auf breiter Basis. Im Zentrum steht die Frage: Bringt viel Kortison tatsächlich mehr? Möglicherweise lassen sich durch eine differenziertere Dosierung die Potenziale von Kortison besser ausschöpfen.
Für Patienten hoch relevant Initiatoren der Studie sind das Deutschen Studienzentrum für HNO-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DSZ-HNO) und die Universitätsklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Wegen „hoher Relevanz für die Patientenversorgung“ wird HODOKORT vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit knapp zwei Millionen Euro gefördert.
Die Untersuchungen werden bundesweit an rund 40 Kliniken und Arztpraxen durchgeführt. Einbezogen werden über 300 Freiwillige zwischen 18 und 80 Jahren, die einen Hörsturz erlitten haben. Neben der Dosisproblematik geht es um die Alternative „Infusionen oder Tabletten?“ und auch um die Patientensicherheit, nämlich die Frage, wie sich die Medikamente u. a. auf den Blutzuckerspiegel und den Blutdruck auswirken. 2019 soll die Studie abgeschlossen sein, Zwischenergebnisse gibt es derzeit noch nicht.
Weitere Infos sind im Internet unter hodokort-studie.hno.org zu finden.
Erst Hörsturz, dann Tinnitus
Ein Hörsturz kann permanente Ohrgeräusche auslösen, etwa ein Pfeifen, Rauschen, Klingeln oder Summen. Mediziner sprechen dann von einem Tinnitus. Je früher er behandelt wird, umso besser stehen die Chancen, dass die „falschen Töne“ wieder verschwinden.
Halten die Beschwerden länger als drei Monate an, ist der Tinnitus chronisch geworden. Dann zielt die Behandlung oft darauf ab, die Ohrgeräusche allmählich aus dem Bewusstsein zu verdrängen und es Betroffenen zu ermöglichen, besser mit ihnen zu leben. Zum Glück sind die Therapiemöglichkeiten mittlerweile so vielfältig, dass den meisten Tinnitus-Patienten geholfen werden kann.
Als begleitende therapeutische Maßnahme kommt die Einnahme Ginkgo-haltiger Medikamente aus der Apotheke infrage. Hochwertige Ginkgo-Präparate steigern die Durchblutung und die Sauerstoffversorgung im Gehirn und Innenohr.
Wichtig für den Behandlungserfolg ist es, ein ausreichend hoch dosiertes Mittel über einen längeren Zeitraum regelmäßig einzunehmen. Der Arzt und der Apotheker können Tinnitus-Patienten hierzu kompetent beraten.
Weitere interessante Themen finden Sie im Ratgeber aus Ihrer Apotheke, der ab dem 1. Februar kostenlos in der Apotheke bereitliegt.