Schwierige Einstufung von bilanzierten Diäten

Entscheidungsbaum des BVL und des BfArM soll Abgrenzung zu Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln erleichtern

Bilanzierte Diäten, auch als Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke bezeichnet, sollen nur von bestimmten Personengruppen (Patienten) unter ärztlicher Aufsicht verwendet werden. Zunehmend werden jedoch Produkte als bilanzierte Diäten auf den Markt gebracht, die eigentlich als Nahrungsergänzungsmittel oder gar als zulassungspflichtige Arzneimittel anzusehen sind.

Die Abgrenzung ist häufig nicht einfach. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) haben deshalb ein Positionspapier erarbeitet, das Herstellern und den zuständigen Überwachungsbehörden einen Entscheidungsbaum mit Prüfungsmerkmalen an die Hand gibt.

Bilanzierte Diäten sind für Patienten bestimmt, deren Nährstoffbedarf aufgrund bestimmter Erkrankungen, Störungen oder spezifischer Beschwerden nicht durch den Verzehr normaler Lebensmittel gedeckt werden kann. Sie dienen jedoch nicht der Behandlung einer Krankheit.

Im Gegensatz zu Arzneimitteln durchlaufen solche Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke kein Zulassungsverfahren. Die Hersteller müssen die Wirkung ihrer Produkte jedoch wissenschaftlich belegen können. Bilanzierte Diäten müssen vor dem ersten Inverkehrbringen beim BVL angezeigt werden. Das BVL übermittelt die Anzeigen, inklusive Muster des Etiketts, an die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden der Bundesländer und an das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL).

Die Überwachungsbehörden prüfen, ob es sich bei den angezeigten Produkten wirklich um bilanzierte Diäten handelt. Eine Abgrenzung zu Nahrungsergänzungsmitteln oder gar zulassungspflichtigen Arzneimitteln ist teilweise schwierig. Denn zunehmend werden Produkte als bilanzierte Diäten auf den Markt gebracht, um die Einschränkungen für gesundheitsbezogene Angaben (Health Claims) zu umgehen.

Auf bilanzierten Diäten muss der Hinweis „Zum Diätmanagement bei …“, ergänzt durch die Krankheit, die Störung oder die Beschwerden, für die das Erzeugnis bestimmt ist, angebracht werden. Vielfach werden bei diesen Produkten jedoch unbestimmte Krankheiten oder allgemeine Gesundheitszustände angegeben. So ist dann beispielsweise die Angabe „zur Stärkung des Immunsystems“ zu finden. Außerdem befinden sich unter der Bezeichnung „bilanzierte Diäten“ oder „Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke“ sogenannte „Fatburner“ oder Produkte zum Diätmanagement bei Erektionsstörungen auf dem Markt, deren Wirkung nicht wissenschaftlich belegt ist.

Der neue Entscheidungsbaum des BVL und des BfArM soll Herstellern und Überwachungsbehörden anhand von sieben Prüfkriterien die Entscheidung erleichtern, ob es sich um bilanzierte Diäten handelt. Wird ein Kriterium verneint, darf das Produkt nicht als bilanzierte Diät oder Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke verkauft werden.

Hintergrundinformationen
Gemäß der EU-Verordnung (EU) Nr. 609/2013 sind Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke unter ärztlicher Aufsicht zu verwendende Lebensmittel zum Diätmanagement von Patienten, einschließlich Säuglingen, die in spezieller Weise verarbeitet oder formuliert werden. Sie sind „zur ausschließlichen oder teilweisen Ernährung von Patienten mit eingeschränkter, behinderter oder gestörter Fähigkeit zur Aufnahme, Verdauung, Resorption, Verstoffwechslung oder Ausscheidung gewöhnlicher Lebensmittel oder bestimmter darin enthaltener Nährstoffe oder Stoffwechselprodukte oder von Patienten mit einem sonstigen medizinisch bedingten Nährstoffbedarf bestimmt, für deren Diätmanagement die Modifizierung der normalen Ernährung allein nicht ausreicht.“

In der deutschen Verordnung über diätetische Lebensmittel werden sie auch als bilanzierte Diäten bezeichnet.

Fragen zur Einstufung oder Abgrenzung solcher Produkte werden häufig an das BVL, das BfArM und die zuständigen Landesbehörden herangetragen. Ein allgemeingültiger Leitfaden zum abgestimmten Vorgehen bei der Einstufung fehlte bislang.

Das BVL ist für die Entgegennahme der Anzeigen von Lebensmitteln für besondere medizinische Zwecke zuständig. Die Anzeigen werden nach einer formalen Prüfung an die zuständigen Landesbehörden weitergeleitet. Diese sind für die stichprobenartige Überprüfung der auf dem Markt befindlichen Produkte verantwortlich. Bei Fragen zur Einstufung von Produkten als Arzneimittel hat das BfArM auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde gemäß Arzneimittelgesetz über die Zulassungspflicht eines Produktes als Arzneimittels zu entscheiden.

Quelle:
Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit - www.bvl.bund.de