Neue Studie stellt Ernährungs-Dogma infrage

Zu wenig Salz erhöht Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Menge des Salzkonsums ist einer der beeinflussenden Faktoren für den Blutdruck. Bekannt ist: Hochdruckpatienten können ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen positiv beeinflussen, wenn sie sich beim Salzverzehr zurückhalten.

Für Menschen ohne Bluthochdruck gilt das jedoch nicht.
Ihr Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall steigt nicht mit hohem Salzkonsum, sondern eher mit zu wenig Salz pro Tag. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) anlässlich einer aktuell in The Lancet erschienenen Metaanalyse.

Täglich höchstens sechs Gramm Kochsalz zu sich nehmen, so empfiehlt es die Deutsche Gesellschaft für Ernährung Erwachsenen.

Die Realität sieht anders aus:
Männer mögen es dabei noch salziger als Frauen, sie nehmen durchschnittlich 10,0 Gramm Salz am Tag zu sich, Frauen 8,4 Gramm.

Das bedeutet, viele Menschen werden also wesentlich mehr Salz zuführen als diese Mittelwertzahlen anzeigen.

Dass viel Kochsalz den Blutdruck erhöht und damit Organe und Gefäße schädigt, haben in der Vergangenheit zahlreiche Untersuchungen nahegelegt.

Professor Dr. med. Dr. h. c. Helmut Schatz aus Bochum vom Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE): „Das im Kochsalz enthaltene Natrium bindet Wasser und erhöht damit das Blutvolumen. Der Druck in den Gefäßen wird höher und damit auch der Blutdruck, so eine vereinfachte Erklärung eines komplexen Vorgangs“. Die Folge einer Hypertonie können lebensbedrohliche Krankheiten wie Herzinfarkt oder Schlaganfall sein, so der Experte. „Heute weiß man, dass Bluthochdruck viele Ursachen hat. Bluthochdruck einfach mit viel Natrium gleichzusetzen, trifft nicht zu.“

Lange Zeit galt in Bezug auf Salz die Devise „je weniger, desto besser“. „Das müssen wir nach den Ergebnissen der Lancet-Studie nun differenzierter betrachten“, erklärt Professor Schatz.

Die Forscher um Andrew Mente von der McMaster University in Hamilton, Kanada, verglichen in einer Metaanalyse von vier großen prospektiven Studien mit insgesamt 135.000 Menschen aus 49 Ländern die tägliche Urinausscheidung von Natrium und Herz-Kreislauf-Ereignisse sowie Gesamttodesfälle.

An der Natriumausscheidung im Harn kann man die Aufnahme von Kochsalz beurteilen; dieses besteht nämlich aus Natrium und Chlor (NaCl), wobei fünf Gramm Kochsalz etwa 2,3 Gramm Natrium entsprechen.

Andrew Mente und seine Mitarbeiter unterschieden in ihrer Metaanalyse zwischen Menschen mit und ohne Bluthochdruck.

Bei Hochdruckpatienten stieg die Ereignisrate erwartungsgemäß bei einer Natriumaufnahme, die über vier bis fünf Gramm pro Tag hinausging. Dies war bei Menschen mit normalem Blutdruck jedoch nicht der Fall. Bei einer Zufuhr von Natrium unter drei Gramm pro Tag wurden Herz-Kreislauf-Ereignisse und Gesamttodesfälle hingegen sowohl bei Menschen mit als auch ohne Bluthochdruck erhöht.

Es ist nicht die erste Arbeit, die das Salz-Dogma infrage stellt: Bereits 2011 zeigte eine europäische Populationsstudie, dass bei niedrigem Salzkonsum eine erhöhte kardiovaskuläre Mortalität besteht, allerdings war es ein relativ kleine Studie mit nur etwa 3700 Teilnehmern.

Für Professor Dr. med. Matthias Weber, DGE-Mediensprecher von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, haben diese Erkenntnisse durchaus einen gesundheitspolitischen Einfluss. „Die Lancet-Arbeit zeigt uns, zu wenig Salz – unabhängig davon ob der Mensch einen erhöhten oder einen normalen Blutdruck hat – sollte man auch nicht zu sich nehmen. Aber das Problem stellt sich angesichts der Produktionsbedingungen und Ernährungsgewohnheiten in Deutschland nicht“, so Professor Weber.

Fertiggerichte, Brot, Wurst, Käse und Milchprodukte enthalten alle reichlich Kochsalz.

Professor Weber hält fest: „Bluthochdruckpatient sollten nach wie vor Salz meiden oder nur sparsam verwenden. Dies gilt auch für Patienten mit Herzinsuffizienz. Menschen mit normalem Blutdruck müssen weniger auf Ihren Salzkonsum achten.“

Endokrinologie
ist die Lehre von den Hormonen, Stoffwechsel und den Erkrankungen auf diesem Gebiet. Hormone werden von endokrinen Drüsen, zum Beispiel Schilddrüse oder Hirnanhangdrüse, aber auch bestimmten Zellen in Hoden und Eierstöcken, „endokrin“ ausgeschüttet, das heißt nach „innen“ in das Blut abgegeben.

Im Unterschied dazu geben „exokrine“ Drüsen, wie Speichel- oder Schweißdrüsen, ihre Sekrete nach „außen“ ab.

Wer gern mehr erfahren möchte, schaut bitte direkt unter www.endokrinologie.net