Notfall Netzhautablösung: Kurzsichtige bleiben auch nach Laser-Behandlung besonders gefährdet
Löst sich die Netzhaut des Auges ab, handelt es sich um einen Notfall, der sofort augenärztlich behandelt werden muss.
Kurzsichtige Menschen sind besonders häufig davon betroffen – auch nach einer operativen Beseitigung der Kurzsichtigkeit.
Warum Lasern oder Linsentausch nicht vor der Gefahr der Netzhautablösung schützen, auf welche Warnzeichen alle Kurzsichtigen achten sollten und welche Behandlungen helfen, erklärt ein Experte der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG).
Netzhautablösungen beginnen meist mit kleinen Rissen oder Löchern in der Netzhaut.
„Sie treten als Folge altersabhängiger Veränderungen im Auge auf“, erklärt DOG-Experte Professor Dr. med. Andreas Stahl. Gelangt durch ein Loch Flüssigkeit unter die Netzhaut, kann sie sich vollständig abheben. „Dann droht Erblindung, falls nicht rechtzeitig mit einer Behandlung begonnen wird“, betont der Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde an der Universitätsmedizin Greifswald.
Solche rissbedingten Netzhautablösungen nehmen weltweit zu, wie Fachleute registrieren. „Betroffen sind meist Personen über 50 Jahre, Männer häufiger als Frauen“, so Stahl. Zu den Risikofaktoren zählt neben Verletzungen des Augapfels, einer Grauen-Star-Operation und einer familiären Vorgeschichte mit Netzhautablösungen vor allem Kurzsichtigkeit.
„Das Risiko steigt mit zunehmender Dioptrienzahl“, erläutert Stahl. „Denn je höher die Kurzsichtigkeit, desto länger ist im Regelfall das Auge. Und in einem langen Auge wirken sich Zugkräfte an der Netzhaut stärker aus.“ Gleichzeitig sind die Wandstrukturen in einem kurzsichtigen Auge häufig dünner und damit anfälliger für Einrisse.
Sehkorrektur könnte das Risiko sogar noch steigern
Eingriffe zur Korrektur der Kurzsichtigkeit können an diesen grundlegenden Mechanismen nichts ändern. „Ein kurzsichtiges Auge bleibt zu lang gebaut, auch wenn man die Hornhaut lasert oder die Linse operiert“, stellt der Experte fest.
Das höhere Risiko für einen Einriss der Netzhaut oder eine Netzhautablösung besteht daher auch nach der Korrektur weiter.
„Es ist im Gegenteil sogar wahrscheinlich, dass ein Linsenaustausch, der die Kurzsichtigkeit beseitigt, das Risiko für eine Netzhautablösung noch zusätzlich steigert“, betont Stahl.
Deshalb sollten alle Kurzsichtigen die Warnzeichen einer drohenden Netzhautablösung kennen – und bei Bedarf entsprechend handeln.
„Wer neue bewegliche schwarze Punkte oder Nebel im Auge sieht, Blitze oder einen Schatten, der immer im selben Bereich des Gesichtsfeldes erscheint oder sogar größer wird, sollte spätestens am nächsten Tag eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen“, rät Andreas Stahl. Eine Untersuchung des Augenhintergrundes mit weitgestellten Pupillen zeigt, ob und wie stark die Netzhaut beeinträchtigt ist.
Spezielle chirurgische Expertise erforderlich
Vom Grad der Netzhautschädigung hängt die Therapie ab. „Solange die Netzhaut noch anliegt, nutzen wir Laser- oder Kälteverfahren, um Risse oder Löcher wieder zu verschließen“, sagt Stahl. Beide Behandlungsmethoden können ambulant praktiziert werden.
„Komplizierter wird es, sollte sich die Netzhaut schon abgelöst haben“, fügt der DOG-Experte hinzu. „Dann sind komplexere Eingriffe notwendig.“ Diese Operationen erfordern einen stationären Klinikaufenthalt und eine spezielle chirurgische Expertise.
Zur Wahl stehen verschiedene Operationsverfahren:
- Die Netzhaut kann mit einer Plombe aus weichem Kunststoff, einer Gasblase oder einem Kunststoffband wieder angelegt werden
- oder mit einem Eingriff, bei dem der Glaskörper entfernt wird, um die Netzhaut anschließend mit Laser und einer vorübergehenden Tamponade aus Gas oder Silikonöl zu fixieren.
„Wurde die Ablösung schnell erkannt, bestehen meist sehr gute Heilungschancen“, resümiert Stahl.
Ging dagegen viel Zeit verloren, drohen Sehverlust und möglicherweise eine erneute Netzhautablösung. Es sei daher wichtig, so das Fazit des DOG-Experten, sich beim Auftreten von Lichtblitzen oder zunehmenden Verschattungen frühzeitig augenärztlich untersuchen zu lassen.
Quelle:
Mitteilung der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft vom 25. April 2022