Sprache, Buttons, Klickwege: Wie TikTok, Meta, Amazon und Co. Nutzer:innen manipulieren
vzbv-Untersuchung zeigt: Gatekeeper wie TikTok, Amazon und Meta setzen Verpflichtungen des Digital Markets Acts nach Einschätzung des vzbv nur mangelhaft um
Alle untersuchten Dienste nutzen manipulative Designs, um umfassende Nutzerprofile zu erstellen
Trotz EU-Regelung versuchen Gatekeeper ihre Nutzer:innen auf Webseiten und in Apps zu manipulieren. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv). Durch manipulative Designs sollen Nutzer:innen nach Einschätzung des vzbv unter anderem dazu gebracht werden, einer möglichst weitreichenden Zusammenführung personenbezogener Daten zuzustimmen. Seit dem 7. März 2024 soll dieses Vorgehen nach EU-Recht unterbunden werden. Die Europäische Kommission muss jetzt alle Regelungen des Digital Markets Acts (DMA) umgehend konsequent im Sinne der Verbraucher:innen durchsetzen und bei fortlaufenden Verstößen Geldbußen verhängen.
„Gatekeeper wie Meta, Amazon, TikTok oder Google missachten die Brüsseler Vorgaben für digitale Märkte. Alle untersuchten Dienste nutzen weiterhin manipulative Designs, um an mehr Daten zu kommen“, sagt Ramona Pop. Ziel der Anbieter sei es, möglichst umfassend Daten zu Profilen zusammenfügen zu dürfen.
„Google, Meta oder Amazon beeinflussen als Gatekeeper, was die Menschen in Deutschland konsumieren. Wenn Anbieter ihren Einfluss zum eigenen Vorteil ausnutzen, schadet das auch dem Wettbewerb. Die Europäische Kommission muss gegen Verstöße gegen geltendes Recht entschieden vorgehen. Sie sollte weitere Untersuchungsverfahren einleiten, wie bereits gegen Alphabet, Apple oder Meta.“
Manipulative Designs weiter ein Problem
Alle untersuchten Gatekeeper erschwerten es den Nutzer:innen, erteilte Einwilligungen in die Zusammenführung von Daten aus mehreren Diensten zu widerrufen.
Um die Einwilligung zu erhalten, setzten alle untersuchten Anbieter manipulative Designs ein. Manipulativ war unter anderem die optische Gestaltung der Nutzeroberfläche, die verwendete Sprache und der notwendige Aufwand, eine Datenzusammenführung individuell anzupassen.
So spielt TikTok (ByteDance) gezielt mit der Sorge der Nutzer:innen, das Angebot kostenpflichtig zu machen, wenn sie der Datenzusammenführung nicht zustimmen.
Meta suggeriert in verschiedenen Diensten, dass die Einwilligung in die Datenzusammenführung allein eine Frage des Nutzungserlebnisses sei.
Wenn Nutzer:innen die Einwilligung verweigern, drohen zudem Nachteile. In bestimmten Fällen können Nutzer:innen dann Angebote der untersuchten Anbieter nur eingeschränkt nutzen.
Dabei findet die Mehrheit der Verbraucher:innen (79 Prozent), dass Webseiten nicht so gestaltet sein dürfen, dass dadurch Einfluss auf die Entscheidungen von Menschen genommen wird. Sieben von zehn Befragten (70 Prozent) stimmen der Aussage zu, dass Unternehmen Daten grundsätzlich nicht zu Profilen zusammenfassen dürften, um personalisierte Werbung zu erstellen. Das ergab eine repräsentative forsa-Befragung für den Verbraucherreport 2024 des vzbv.
„Die geltenden Regeln reichen nicht aus. Manipulative Designs müssen umfassend verboten werden. Beispielsweise auf Webshops und Webseiten sind sie unzureichend reguliert“, sagt Ramona Pop. „Hier sollte die neue Europäische Kommission die Digital-Fairness-Initiative nutzen. Verbraucher:innen wollen nicht manipuliert werden.“
Ohne Facebook kein Marketplace
Laut DMA dürfen zentrale Plattformdienste zudem nicht mit bestimmten anderen Diensten des gleichen Gatekeepers gekoppelt werden. In der Untersuchung besonders auffällig war hier Facebook Marketplace: Ohne bei einem Facebook-Konto angemeldet zu sein, lässt sich der Dienst nach Auffassung des vzbv nicht sinnvoll als Marktplatz nutzen. Beispielsweise können Nutzer:innen so keine Verkäufer:innen kontaktieren oder eigene Angebote einstellen.
Obwohl der Marketplace als zentraler Plattformdienst benannt wurde und dadurch dem Kopplungsverbot unterliegt, stellt Meta keine Option bereit, mit der der Dienst vollständig ohne Facebook-Konto genutzt werden könnte.
Hintergrund
Der DMA gilt seit dem 7. März 2024 für sechs große Digitalkonzerne (Gatekeeper), die zusammen 22 zentrale Plattformdienste betreiben. Dazu zählen beispielsweise Alphabet mit der Google Suche und YouTube, Amazon mit dem Amazon Marketplace, Apple mit iOS und Safari, ByteDance mit TikTok, Meta mit Facebook und Messenger sowie Microsoft mit LinkedIn.
Methodik
Marktuntersuchung: Nach einer ersten Überprüfung, die zum Stichtag am 7. März 2024 erfolgte, hat der vzbv zwischen dem 16. Mai und 26. Juni 2024 erneut bei den Gatekeepern die Umsetzung einiger Regelungen untersucht. Geprüft wurde die Einhaltung des Artikels 5 Abs. 2 (Datenzusammenführung) und Abs. 8 DMA (Kopplungsverbot).
Bei Artikel 5 Abs. 2 wurden ausgewählte Dienste aller sechs Gatekeeper (Alphabet, Amazon, Apple, ByteDance, Meta, Microsoft) überprüft, bei Artikel 5 Abs. 8 ausgewählte Dienste bei den Gatekeepern Alphabet, Apple, Meta und Microsoft.
Der vzbv hat die Evaluation auf Basis der vorliegenden Informationen auf den Webseiten oder in den Apps der Anbieter vorgenommen. Hierfür wurden ein Samsung Galaxy S23 Smartphone und ein Google Pixel 8 Smartphone, jeweils mit Android 14, sowie ein Apple iPhone SE mit iOS 17.5.1 genutzt.
Die Geräte wurden für die Tests auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt. Die Auswertung erfolgte anhand eines vorher entwickelten Kategoriensystems, das sich an den Gesetzesvorgaben orientiert.
Verbraucherbefragung:
Für den Verbraucherreport 2024 führte forsa im Auftrag des vzbv eine repräsentative Telefonbefragung mit 1.500 Personen durch (CATI Dual-Frame). Berücksichtigt wurden alle deutschsprachigen Menschen ab 14 Jahren in Privathaushalten in Deutschland. Erhebungszeitraum des aktuellen Verbraucherreports war der 11. bis 28. März 2024. Die statistische Fehlertoleranz liegt bei ± 3 Prozentpunkten in der Gesamtstichprobe.
Quelle:
Verbraucherzentrale Bundesverband - www.vzbv.de