Zum ewigen Widerrufsrecht bei geringfügig fehlerhafter Widerrufsbelehrung
Beschluss des OLG Dresden vom 28.04.2022 (4 U 2762/21)
Lediglich geringfügige Fehler in Widerrufsbelehrungen haben kein ewiges Widerrufsrecht zur Folge.
Das Oberlandesgericht Dresden hatte über folgenden Sachverhalt zu entscheiden:
Die Klägerin schloss am 18. Januar 2002 einen kapitalbindenden Lebensversicherungsvertrag mit der Beklagten ab.
Den allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) vorangestellt war eine Inhaltsübersicht, in der bereits in der zweiten Zeile das Widerspruchsrecht angesprochen wurde.
Die Belehrung selbst befand sich in der Mitte der ersten Seite der Versicherungsbedingungen in einer eigenen, jeweils durch Trennstriche abgesetzten Spalte.
Die Überschrift, mit dem als Frage formulierten Hinweis auf das Widerspruchsrecht, war davon nochmals abgesetzt und befand sich links davon ausgerückt in einer eigenen Spalte, die nochmals durch einen Trennstrich abgesetzt war
Die Belehrung war zudem inhaltlich fehlerhaft, da sie die Ausübung des Widerspruchs von einer „schriftlichen“ Erklärung abhängig machte, während die bereits seit dem 01. August 2001 und damit vor Abschluss des streitgegenständlichen Versicherungsvertrages geltende Fassung der Vorschrift die Textform ausreichen lässt.
Das Landgericht sah in erster Instanz lediglich einen geringfügigen Fehler, der zu keinem ewigen Widerrufsrecht führe.
Der Senat hält die zulässige Berufung für unbegründet und bestätigt das landgerichtliche Urteil. Dabei stellt er klar, dass hinreichende drucktechnische Hervorhebung ausreichende Lesbarkeit fordere und die Benutzung einer hinreichend großen Schrift und Schriftart voraussetze.
Außerdem müsse die Belehrung zumindest durch die Drucktechnik bzw. -art so stark hervorgehoben werden, dass sie den Versicherungsnehmer:innen beim Durchblättern der übersandten Unterlagen nicht entgehen könne, selbst wenn sie nicht aktiv und bewusst nach einer Widerspruchsmöglichkeit suchen.
Die streitgegenständlich abgedruckte Belehrung sei gerade noch ausreichend zur Erfüllung dieser Anforderungen, da sie sich an prominenter Stelle befinde und durch die grafische Gestaltung mittels Trennstriche und der links eingerückten Frage hinlänglich deutlich abgesetzt sei.
Werde den Versicherungsnehmer:innen durch die Belehrung, auch wenn diese fehlerhaft sei, nicht die Möglichkeit genommen, ihr Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben, wäre es unverhältnismäßig, es ihnen zu ermöglichen, sich von den Verpflichtungen aus einem in gutem Glauben geschlossenen Vertrag zu lösen.
Hinweis:
An diesem Verfahren war der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nicht beteiligt. Gerne informiert Sie der vzbv alle vier bis sechs Wochen mit einem kostenlosen Newsletter über neue Urteile zum Verbraucherrecht.
Eckdaten zum Urteil
Datum der Urteilsverkündung: 28.04.2022
Aktenzeichen: 4 U 2762/21
Gericht: OLG Dresden