FIT for 55
Gesundheitskur für die europäische Klima- und Energiepolitik
Klingt wie ein Fitnessprogramm und ist auch tatsächlich eines: Mit „Fit for 55“ möchte die EU das Pariser Klimaabkommen von 2015 umsetzen.
Am 14. Juli 2021 vorgestellt und beschlossen, sollen mit den enthaltenen Programmpunkten die Netto-Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 reduziert werden.
Neben einer neuen Waldstrategie, einem separaten Emissionshandel für die Sektoren Gebäude und Verkehr oder Regularien über die Gestaltung von nachhaltigen Treibstoffen für Luftund Seefahrt umfasst dies vor allem den sogenannten CO2-Grenzausgleichsmechanismus (Caron Border Adjustment Mechanism oder CBAM).
Dirk Voges, Partner der Rechtsanwaltskanzlei gunnercooke, weiß mehr.
Was ist CBAM?
Da es aktuell keine globale CO2-Bepreisung gibt, in der EU aber CO2-Emissionszertifikate gehandelt werden, stellt dies für europäische Unternehmen in CO2-intensiven Branchen einen wettbewerblichen Nachteil dar, weil sie viel Geld für die Zertifikate ausgeben müssen.
„Um das auszugleichen sowie das Risiko einer Unternehmensabwanderung in außereuropäische Gebiete zu minimieren, soll CBAM durch Erhebung eines CO2-Importzolls Nachteile und Risiken aufheben“, erklärt Dirk Voges. „Mit der Regulierung soll demnach für europäische Unternehmen ein globaler CO2-Preis nachgeahmt, also die Höhe des CO2-Zolls an den Preisen für europäische CO2-Zertifikate festgemacht werden.“
Fahrplan der EU
Am 13.12.2022 haben 27 EU-Mitgliedsstaaten eine finale Einigung über die inhaltliche Ausgestaltung der CBAM erzielt. Dirk Voges dazu: „Importeure von erfassten Produkten müssen CO2-Zertifikate zu einem Preis kaufen, den ein in der EU ansässiges Unternehmen im Rahmen des EU-Emissionshandelssystems gezahlt hätte.
Die Abgabenhöhe richtet sich dabei nach dem durchschnittlichen Wochenpreis für EU-Emissionszertifikate pro Tonne. Auf diese Weise wird der CO2-Preis möglichst genau abgebildet.“
Importeure, die bereits einen Preis für CO2 im Produktionsland gezahlt haben, können diese Kosten abziehen.
Ab Oktober 2023 wird CBAM in einem ersten Schritt die Importeure von Zement, Eisen und Stahl, Aluminium, Düngemittel, Elektrizität und Wasserstoff erfassen. Darüber hinaus werden bestimmte Vorprodukte und eine begrenzte Anzahl von nachgelagerten Produkten wie Schrauben, Bolzen und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl von CBAM erfasst.
Ferner ist geplant, in einer Übergangsphase bis maximal zum Dezember 2026 die Anwendung von CBAM auf eine breitere Produktpalette zu prüfen, zu der auch organische Chemikalien und Polymere zählen sollen.
Mit der Einführungsphase im Oktober 2023 sollen Importeure der erfassten Produkte die im Produktionsprozess entstandenen Emissionen berechnen und dokumentieren.
Ferner sollen sie vierteljährlich einen „CBAM-Bericht“ einreichen, in dem sie die Importmenge der direkten und indirekten im Herkunftsland ausgestoßenen CO2-Emissionen und den hierfür gezahlten CO2-Preis darlegen.
„Wichtig ist“, macht der Rechtsexperte aufmerksam, „dass während der Einführungsphase noch kein CO2-Zoll auf die importierte Ware zu zahlen ist.“ Spätestens ab Januar 2027 soll CBAM aber in vollem Umfange greifen und schrittweise über einen Zeitraum von neun Jahren eingeführt werden.
Nächste Schritte
„Damit die CBAM-Verordnung wie skizziert in Kraft treten kann, muss sie vom Rat der EU und dem Europäischen Parlament formell genehmigt werden. Dies wird voraussichtlich Ende März/Anfang April 2023 der Fall sein. 20 Tage nach der Veröffentlichung der genehmigten Textfassung im EU-Amtsblatt tritt die CBAMVerordnung in Kraft“, gibt Herr Voges Einblick.
Weitere Informationen finden Sie auf der Website: https://www.gunnercooke.de