Zu hohe Zinsen – Aachener kündigt lukrative Altverträge
Kunden der Aachener Bausparkasse sind empört: Die Bausparkasse kündigt ihre Verträge wegen eine angeblichen „Störung der Geschäftsgrundlage“.
Gemeint ist damit die anhaltende Niedrigzinsphase. Sie macht es Geldinstituten schwer, jene hohen Guthabenzinsen zu erwirtschaften, die in alten Verträgen oft noch zu finden sind. Nach Auffassung der Verbraucherzentralen und mehrerer Oberlandesgerichte sind solche Kündigungen rechtswidrig.
test.de sagt, was betroffene Kunden jetzt tun können.
Neuer Kündigungsgrund
Nach der bisherigen Rechtsprechung dürfen Bausparkassen nur kündigen, wenn das Guthaben die Bausparsumme übersteigt oder der Bausparer zehn Jahre nach der ersten Zuteilungsmöglichkeit immer noch kein Darlehen abgerufen hat. Letzteres hat der Bundesgerichtshof erst vor kurzem in zwei Urteilen entschieden (Bausparkasse darf zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündigen).
Seit geraumer Zeit versuchen etliche Bausparkassen, „lästige“ Kunden loszuwerden, die noch lukrative Altverträge haben.
Die Aachener Bausparkasse hat sich jetzt einen neuen Kündigungsgrund ausgedacht: Seit Anfang des Jahres kündigt sie Sparern, weil die Geschäftsgrundlage wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase gestört sei.
Bausparkasse stellt Ultimatum
Die Bausparkasse geht massiv gegen Kunden vor, die einen Vertrag haben, der ihnen noch Sparzinsen von 2 Prozent und bei Darlehensverzicht noch einen zusätzlichen Zinsbonus bringt. Die Kündigung bereitet die Bausparkasse mit dem Angebot für ein „Tarif-Update“ vor: Der Kunde soll seinen alten Bausparvertrag gegen einen neuen tauschen, der künftig nur noch mit 0,15 Prozent im Jahr verzinst wird.
Ein paar Wochen später kommt das Ultimatum:
Entweder der Kunde nimmt das Angebot zum Tarifwechsel innerhalb von zwei Wochen an, oder die Bausparkasse kündigt wegen „Störung der Geschäftsgrundlage“.
Die Fortsetzung des Bausparvertrags mit den hohen Guthabenzinsen sei ihr wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase nicht länger zumutbar. Lässt sich der Kunde davon nicht beeindrucken, flattert die Kündigung ins Haus.
Bausparer fühlen sich erpresst
Die Aachener Bausparkasse ist die erste Bausparkasse, die ihre Kunden mit dem Hinweis auf eine Störung der Geschäftsgrundlage rausschmeißt. Inzwischen haben sich zahlreiche Kunden der Bausparkasse bei Finanztest über diese Methoden beschwert. Viele fühlen sich erpresst und werfen der Aachener Vertragsbruch vor.
Verbraucherzentralen: Kündigungen sind rechtswidrig
Nach Auffassung der Verbraucherzentralen sind die Kündigungen eindeutig rechtswidrig. Zinsänderungen am Kapitalmarkt berechtigen eine Bausparkasse noch lange nicht dazu, sich ihren vertraglichen Pflichten zu entziehen. Die Bausparkasse hat feste Zinsen in der Spar- und Darlehensphase versprochen und damit das Kapitalmarktrisiko bewusst in Kauf genommen. Nur deshalb haben die Bausparer den Vertrag abgeschlossen.
Gerichte auf der Seite der Bausparer
Betroffene Bausparer sollten sich gegen die Kündigung wehren. Die Chancen, die Bausparkasse notfalls mit einer Klage vor Gericht zur Einhaltung des Vertrags zwingen zu können, sind gut. Nach Urteilen der Oberlandesgerichte Celle (Az. 3 U 86/16), Karlsruhe (Az. 17 U 185/15) und Stuttgart (Az. 9 U 171/15) dürfen sich Bausparkassen nicht auf eine Störung der Geschäftsgrundlage durch die Niedrigzinsphase berufen.
Aachener zerstört das Vertrauen ihrer Kunden und schadet der Branche
Nicht zuletzt die Bausparbranche sollte hoffen, dass die Aachener mit ihrem Frontalangriff auf ihre Kunden vor Gericht scheitert.
Bausparen ist nur sinnvoll, wenn Sparer darauf vertrauen können, dass die Bausparkasse ihre Zinsversprechen in der Zukunft einlöst. Darauf könnte sich niemand mehr verlassen, wenn das Geldinstitut den Vertrag je nach Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt kündigen darf. Wer sollte dann noch einen Bausparvertrag abschließen?
Das können betroffene Kunden jetzt tun
Widersprechen Sie einer Kündigung wegen angeblicher Störung der Geschäftsgrundlage. Dafür können Sie den Musterbrief - http://www.verbraucherzentrale-bawue.de/bausparkassen - der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg nutzen.
Lenkt die Bausparkasse nicht ein, sollten Sie mithilfe eines Anwalts eine Klage prüfen.