Blutegeltherapie beim Zahnarzt?

Bis(s) zur Wurzelspitze

Bereits im alten Ägypten schrieben Pharaonen den kleinen blutsaugenden Würmern therapeutische Bedeutung zu.

Heute wissen Ärzte und Heilpraktiker, dass Blutegel, auch Hirudo genannt, aufgrund verschiedener Speicheldrüsenproteine vor allem Druck- und Entzündungsschmerzen lindern und positive Effekte bei Arthrosen oder akuten Gichtanfällen aufweisen.

Doch wie sieht der Einsatz der braun-grünlichen Tierchen in der Zahnmedizin aus?

Dr. Manfred Nilius, aus der Praxisklinik Nilius in Dortmund, setzt als einer der ersten Zahnärzte in Deutschland die sogenannte Hirudotherapie ein. „Wir betrachten die auftretenden Probleme unserer Patienten ganzheitlich und scheuen uns dabei nicht, auch alternative Ansätze aufzugreifen“, erklärt Dr. Nilius.

So sorgen Blutegel bei tiefliegenden Infektionsherden, wie beispielsweise einer Zyste an der Wurzelspitze, für Linderung und Schmerzreduktion.

Mini-Apotheke im Mundraum
Mit einem Biss, der an ein Zwicken mit den Fingernägeln erinnert, injizieren die kleinen Egel ihrem Wirt spezielle Speichelproteine.

Zu den bekanntesten Wirkstoffen gehört das Hirudin, das die Blutgerinnung verhindert. Weitere Proteine fördern die Durchblutung und erzielen eine entzündungs- sowie schmerzhemmende Wirkung.

Damit der Ektoparasit auch an der richtigen Stelle zubeißt, stechen Mediziner zunächst den exakten Punkt mit einer Lanzette, also einer medizinischen Klinge, an.

„Für den Saugakt benötigt er etwa 60 Minuten und befindet sich währenddessen in einem Glasröhrchen. Patienten können somit ihren Kiefer entspannen und müssen den Mund nicht die ganze Zeit offen halten. Das schützt natürlich auch den Saugwurm“, erklärt Dr. Nilius.

Während der Egeltherapie liegen Patienten in einem ruhigen, halbdunklen Raum – ideale Arbeitsbedingungen für den kleinen Blutsauger, der, nachdem er sich vollgesogen hat, einfach abfällt.

Sanfter Aderlass
Nach getaner Arbeit kann die Wundstelle bis zu 12 Stunden leicht nachbluten.

„Dieses langsame Ausströmen ist ein gewünschter Effekt. Es nimmt den pulsierenden Druckschmerz und reinigt gleichzeitig die Wunde“, betont der Zahnarzt.

Zu Hause bedecken Patienten die Bissstelle, die jucken und gering anschwellen kann, idealerweise mit Wundkompressen, die sie regelmäßig austauschen.

„Ob Blutegel ihren Wirt vor einer Wurzelspitzenresektion, also einer Entfernung beziehungsweise Kappung der entzündeten Wurzelspitze, bewahren, lässt sich nicht pauschalisieren und muss immer individuell betrachtet werden“, sagt Dr. Nilius

Er betont abschließend: „Für Patienten, die Angst vor einem operativen Eingriff haben oder versuchen, zunächst auf natürlichem Wege ihre Entzündungen im Mundraum zu stoppen, kann die Hirudotherapie eine gute Alternative darstellen.“ Zeigt sich im Laufe der Zeit jedoch keine Besserung, kommen chirurgische Maßnahmen zum Einsatz, um den betroffenen Zahn zu erhalten.

Hinweis:
Medizinische Blutegel gelten als Fertigarzneimittel und unterliegen strengen Qualitätskriterien. Um Infektionskrankheiten wie Hepatitis und AIDS zu vermeiden, werden sie nur einmal verwendet und anschließend zu Zuchtzwecken eingesetzt. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten der Therapie nicht.  

Weitere Informationen erhalten Sie auch direkt unter www.niliusklinik.de