Süß, aber gefährlich

... Lakritze kann einen Krampf der Herzkranzgefäße auslösen

Der Verzehr einer Tüte Lakritze hätte bei einer jungen Frau beinahe einen tödlichen Herzinfarkt ausgelöst.

Ärzte führen dies in der Fachzeitschrift „DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift“  - erscheint im Georg Thieme Verlag, Stuttgart. Ausgabe 2015 - auf einen Krampf in den Herzkranzgefäßen zurück, ausgelöst durch den in der Lakritze enthaltenen Süßstoff Glycyrrhizin.

Glycyrrhizin schmeckt 50 Mal süßer als Zucker, macht aber nicht dick. Lakritzprodukte sind deshalb bei gewichtsbewussten Menschen beliebt.

Dass der vermehrte Verzehr schädlich sein kann, sei vielen Menschen nicht bekannt, berichtet ein Team um Professor Ulrich Tebbe, Chefarzt am Klinikum Lippe in Detmold.

Bekannt sei, dass Lakritze den Blutdruck erhöhen kann.
Bei „Stark-Lakritze“, die mehr als 400 mg Glycyrrhizin pro 100 Gramm enthält, müssen die Hersteller sogar einen Warnhinweis auf der Verpackung anbringen.

Das Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt den Verbrauchern, nicht mehr als 100 mg Glycyrrhizin am Tag zu verzehren.

Weniger bekannt ist laut Professor Tebbe, dass Lakritze durch eine Verengung der Herzkranzgefäße eine akute Durchblutungskrise im Herzmuskel auslösen kann.

Dies war bei einer 44-jährigen Frau der Fall, die innerhalb von vier Monaten zweimal einen Herzanfall erlitt.

Beide Male war es kurz nach dem Aufwachen zu Luftnot und einem Vernichtungsschmerz im Brustkorb gekommen, typischen Anzeichen eines Herzinfarkts.

Die Kardiologen führten beide Male eine Katheteruntersuchung der Herzkranzarterien durch.

Beide Male fanden sie keine Hinweise auf eine Verengung oder einen Verschluss der Gefäße, die den Herzmuskel mit Blut versorgen.

Bei der zweiten Untersuchung konnten die Forscher jedoch einen Krampf des Blutgefäßes nachweisen.

Nach der Gabe von Nitroglycerin in die Arterie weitete sich das Blutgefäß und die vorher beobachtete Bewegungsstörung des Herzmuskels besserte sich.

Die Kardiologen stellten die Diagnose einer Prinzmetal-Angina, benannt nach dem amerikanischen Kardiologen Myron Prinzmetal, der diese Sonderform der Angina pectoris, der Herzenge, in den 1950er Jahren beschrieben hat.

Die blutdrucksteigernde Wirkung von Lakritze beruht auf der Hemmung des Enzyms 11-Beta-Hydroxysteroid-Dehydrogenase 2, kurz 11-BHSD2.

Im Körper ist es verantwortlich Cortisol zu Cortison abzubauen.
Wird es gehemmt, kommt es zu einem Anstieg von Cortisol. Das wirkt in hoher Konzentration wie das Hormon Aldosteron, das in den Nieren Natrium und Wasser zurückhält. Das Blutvolumen und damit der Blutdruck steigen an.

Laut Professor Tebbe ist das Enzym 11-BHSD2 auch in der Wand von Blutgefäßen vorhanden, wo es an der Regulierung des Gefäßdurchmessers beteiligt ist. In Tierexperimenten konnte gezeigt werden, dass die Hemmung von 11-BHSD2 einen Gefäßkrampf auslösen kann.

Die 44-jährige Frau wurde mit der Diagnose einer Prinzmetal-Angina nach Hause entlassen. Die Ärzte verordneten ihr ein Blutdruckmedikament und rieten ihr dringend, auf den Verzehr von Lakritze zu verzichten. Seitdem ist sie nach Angaben der Autoren beschwerdefrei.


Quellen:
TRIAS - Georg Thieme Verlag, Stuttgart

U. Tebbe et al.: Prinzmetal-Angina nach Lakritz-Konsum - DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2015; 140 (8); S. 590-592