Migräne: nur noch 4-mal jährlich therapieren
Fremanezumab ist ein Biologikum, also ein biotechnologisch gewonnenes Medikament, das im Körper so funktioniert wie ein ganz normaler, körpereigener Antikörper.
Es bindet sich an sein Antigen, also die Substanz, die es erkennen kann, und markiert sie damit für die körpereigene Immunabwehr. Die kann dann die störende, jetzt deutlich sichtbare Substanz herausfischen und aus dem Verkehr ziehen. Fremanezumab speziell erkennt den Eiweißstoff CGRP, der bei Migräneattacken vermehrt im Blut zu finden ist, und dessen Menge unter anderem auch durch Triptane gesenkt wird.
Wird CGRP nun von einem Antikörper ganz gezielt markiert, kann es viel effizienter aus dem Blut herausgezogen werden, als das mit einem Triptan möglich wäre.
Ob diese Methode nun aber auch vorbeugend gegen Migräne wirken kann, untersuchten nun Professor Silberstein, Direktor des Jefferson Kopfschmerzzentrums in Philadelphia (Pennsylvania, USA) mit Neurologen der Mayo-Klinik in Phoenix (Arizona, USA) und dem King’s College in London in Kooperation mit den Entwicklern des neuen Medikaments von der Firma Teva.
In der klinischen Studie der Phase 3 wurden zwei Dosierungen von Fremanezumab mit einer Placebobehandlung verglichen. Die Patienten mit chronischer Migräne litten an mindestens 15 Tagen pro Monat unter Kopfschmerzen und an mindestens 8 Tagen pro Monat unter Migräne.
Die Teilnehmer erhielten eine von drei zufällig zugeteilten Behandlungen. Entweder wurde eine einzige Injektion mit Fremanezumab (675 mg) zu Beginn der Studie und nachfolgend Placebo zu Beginn des zweiten und dritten Monats gegeben (Quartalsbehandlung).
Oder Patienten erhielten das Fremanezumab jeden Monat, in einer Dosierung von 675 mg zu Beginn der Studie und 225 mg zu Beginn der Monate 2 und 3 (Monatsbehandlung).
Die letzte Behandlungsgruppe erhielt ausschließlich das Placebo, in derselben Dosierung und Häufigkeit wie die anderen beiden Gruppen. Als Behandlungsziel wurde eine Verringerung der Zahl der Kopfschmerztage pro Monat im Vergleich zum Vorstudienzeitraum festgelegt.
Als Kopfschmerztage zählten diejenigen, an denen die Patienten für mindestens 4 Stunden durchgehend unter mindestens mäßig-schweren Kopfschmerzen litten, oder an denen Akutmedikationen gegen eine Migräne, wie ein Triptan oder Ergot, eingenommen wurden.
Die Wirkung der Behandlung auf die Kopfschmerztage wurde für 3 Monate im Anschluss an die erste Injektion untersucht.
Es nahmen 1130 Patienten an der Studie teil. 376 erhielten die Quartalsbehandlung, also nur eine Fremanezumab-Injektion zu Beginn der Studie. 379 der Patienten erhielten eine monatliche Injektion mit Fremanezumab. 375 Patienten erhielten nur die Scheinbehandlung.
Im Mittel litten alle Patienten im Vorstudienzeitraum an etwa 13 Tagen unter Kopfschmerzen. Infolge der Behandlung reduzierte sich diese Belastung bei den quartalsbehandelten Patienten im Mittel um 4 Tage und 7 Stunden, bei den Patienten, die monatlich das Fremanezumab erhielten, um 4 Tage und 14 Stunden.
Die scheinbehandelten Patienten profitierten erwartungsgemäß vom sogenannten Placeboeffekt, allerdings gewannen sie dadurch nur 2 Tage und 12 Stunden je Monat. Die Forscher ermittelten anschließend, wie viele der Patienten ihre Kopfschmerztage mindestens halbieren konnten – diese 50 %-Reduktion ist ein wichtiges Maß bei der Einschätzung der Medikamentenwirksamkeit.
Mit einer Injektion von Fremanezumab zu Beginn der Studie konnten 38 % der Patienten, also 143 von den 376 Teilnehmern dieser Behandlungsgruppe, ihre Kopfschmerztage halbieren. Ebenso erging es 41 % in der monatlich mit Fremanezumab behandelten Gruppe (155 von 379 Patienten).
In der Placebogruppe hatten immerhin 18 % der Patienten im Anschluss an die Scheinbehandlung nur noch an der Hälfte der Tage Kopfschmerzen (67 von 375 Patienten).
Aber waren diese positiven Effekte der Biologika-Behandlung mit Nebenwirkungen erkauft?
Dazu wurden die Leberwerte der Patienten analysiert: in jeder der behandelten Gruppen fanden sich bei 5 Patienten erhöhte Leberwerte, aber auch bei 3 Patienten in der scheinbehandelten Gruppe.
Die Studie demonstrierte damit, dass Fremanezumab als vorbeugende Behandlung für chronische Migräne wirksam die Zahl der Kopfschmerztage reduzieren kann. Die Wirksamkeit übertraf dabei deutlich die des Placebos, wohingegen die Nebenwirkungen in dieser 3-Monate dauernden Studie vergleichbar zu denen der Scheinbehandlung waren.
Vor allem wurden dabei Reaktionen an der Injektionsstelle berichtet, also beispielsweise Hautrötungen und -reizungen. Interessant an dieser Studie: die Quartalsbehandlung schien dem monatlichen Behandlungsschema in keiner Weise nachzustehen.
Damit wäre die Belastung der Patienten durch häufige Behandlungstermine stark reduziert – ein klarer zusätzlicher Vorteil der Prophylaxetherapie mit Fremanezumab. Längerfristige Wirksamkeit und Sicherheit des Antikörpers gegen das CGRP werden nun in weiteren Studien ermittelt werden.
Quelle:
beilit