Ab Frühsommer Zika-Virus in Europa denkbar

... insgesamt jedoch geringes bis mäßiges Risiko

Ab Frühsommer besteht laut einer heute veröffentlichten neuen Risikoabschätzung des WHO-Regionalbüros für Europa ein geringes bis mäßiges Risiko für einen Zika-Ausbruch in der Europäischen Region. Das Risiko ist dort am größten, wo Aedes-Mücken natürlich vorkommen.

„Die von uns heute veröffentlichten Erkenntnisse besagen, dass in der Europäischen Region ein Risiko für die Ausbreitung des Zika-Virus besteht, dass dieses jedoch je nach Land unterschiedlich hoch ist,“ sagt hierzu die WHO-Regionaldirektorin für Europa Dr. Zsuzsanna Jakab. „Mit dieser Risikoabschätzung will die WHO Gegenmaßnahmen der Länder gezielt entsprechend der jeweiligen Risikolage beeinflussen. Wir appellieren insbesondere an die Länder mit erhöhtem Risiko, ihre nationalen Kapazitäten so auszuweiten und die Aktivitäten so zu priorisieren, dass ein größerer Zika-Ausbruch vermieden werden kann.“

Ergebnisse der Risikoabschätzung
Die WHO bewertete das Risiko eines Ausbruchs in Mitgliedstaaten der Europäischen Region sowie Liechtenstein auf der Grundlage zweier Faktoren: der Wahrscheinlichkeit einer Ausbreitung des Zika-Virus an sich und der vorhandenen nationalen Kapazitäten zu Vorsorge und schneller Eindämmung örtlich auftretender Übertragungen.

Wahrscheinlichkeit
Die Gefahr einer örtlichen Übertragung des Zika-Virus wird, sofern nicht Gegenmaßnahmen ergriffen werden, in 18 Ländern der Europäischen Region als mäßig und in einzelnen Gebieten (Madeira und Nordostküste des Schwarzen Meeres) als hoch bewertet.

Konkret bedeutet das:

  • In Gegenden, in denen Aedes aegypti als primäre Vektoren des Zika-Virus verbreitet sind, wird es mit großer Wahrscheinlichkeit zu einer Übertragung des Virus kommen;

  • in 18 Ländern (33%) ist die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung aufgrund des Vorhandenseins des zweiten Überträgers Aedes albopictus als mäßig einzustufen;

  • In 36 Ländern (66%) besteht ein geringes, sehr geringes oder gar kein Risiko einer Übertragung, da dort keine Aedes-Mücken vorkommen bzw. die klimatischen Bedingungen für ihre Existenz nicht gegeben sind.

Kapazitäten
Die Ergebnisse einer Fragebogenuntersuchung in der Europäischen Region betreffend die Fähigkeit zu schneller Reaktion auf eine Ausbreitung des Zika-Virus zeigen, dass von 51 Mitgliedstaaten sowie Liechtenstein 41 (79%) über gute bzw. sehr gute einschlägige Kapazitäten verfügen, wenngleich in konkreten Bereichen erhebliche Unterschiede zu verzeichnen sind.

Risiken
Aus der kombinierten Betrachtung von Wahrscheinlichkeit und Fähigkeit zur schnellen Reaktion ergibt sich das geschätzte Risiko für einen Ausbruch des Zika-Virus. Das Ergebnis lautet, dass das Risiko für die gesamte Europäische Region der WHO in Frühsommer und Sommer gering bis mäßig ist.

Empfehlungen an die Länder der Europäischen Region
Für die Empfehlungen konzentrierte sich die WHO auf die Wahrscheinlichkeit eines Zika-Ausbruchs, nicht auf das mit ihm verbundene Risiko. Ländern, in denen eine hohe bis mäßige Wahrscheinlichkeit einer örtlichen Übertragung des Zika-Virus besteht, empfiehlt die WHO:

  • Eine verstärkte Bekämpfung der Vektoren zur Verhinderung von Einschleppung und Ausbreitung der Mücken und zur Verringerung ihrer Konzentration (insbesondere in Gebieten mit Aedes aegypti);

  • Ausrüstung des Gesundheitspersonals zur frühen Aufdeckung örtlicher Übertragungen des Zika-Virus sowie eventueller Komplikationen binnen 24 Stunden nach Diagnosestellung;

  • Sicherung der Qualifikationen und Kapazitäten für Zika-Tests bzw. der Protokolle für das Versenden von Blutproben ins Ausland;

  • Förderung der Bekämpfung von Brutstätten vor Ort;

  • Befähigung der gefährdeten Menschen, insbesondere Schwangere, zum Infektionsschutz, auch gegen eine sexuelle Übertragung;

  • Abmilderung der Auswirkungen und Komplikationen durch das Zika-Virus.

Alle anderen Länder sollten ihre Vektorbekämpfung gemäß der Wahrscheinlichkeit einer örtlichen Zika-Virus-Übertragung ausrichten, eingeschleppte Fälle frühzeitig aufdecken und Gesundheitshinweise für die Ein- und Ausreise in betroffene Länder anbieten, hierunter auch zur möglichen sexuellen Übertragung.

Die Reaktion der WHO
„Wir stehen bereit, die Länder der Europäischen Region im Falle eines Zika-Ausbruchs  vor Ort zu unterstützen,“ sagt Dr. Nedret Emiroglu, Direktorin der Abteilung für nichtübertragbare Krankheiten und Gesundheitssicherheit am Regionalbüro für Europa. „Unsere Unterstützung für die Länder der Region in ihren Vorbereitungen zur Abwehr von Gesundheitsrisiken wie Zika ist auch zentraler Aspekt der Reform der Notfallkapazitäten der WHO.“
 
Zur Bewältigung der Gefahr einer Ausbreitung des Zika-Virus in der Europäischen Region verstärkt die WHO ihren Einsatz durch:

  • Hinweise zur Vektorbekämpfung in Abstimmung mit anderen Sektoren;

  • Erleichterung des Transports von Proben in die Referenzlabore der WHO oder Bereitstellung von Diagnostika für Tests vor Ort;

  • Hinweise zu Risikokommunikation und Einbeziehung der örtlichen Gemeinschaften.

Die WHO wird vom 22. bis 24. Juni 2016 in Portugal zu einer Konsultation für die Region einladen, um Schlussfolgerungen aus der Risikobewertung zu prüfen und Erfordernisse und Lücken in Bezug auf die Prävention und Bekämpfung der Zika-Viruskrankheit zu benennen.  

Quelle:
WHO/Europe - www.euro.who.int