Rheuma einen Riegel vorschieben?
Immunoglobulin G-Antikörper (IgG) spielen bei infektiösen und Autoimmunerkrankungen eine wichtige Rolle als Entzündungstreiber.
Gewinnt man jedoch dieselben Immunglobuline aus dem Blutplasma gesunder Spender, zeigen sie – gereinigt und in die Blutbahn injiziert – eine entzündungshemmende und das Immunsystem positiv beeinflussende Wirkung.
Warum das so ist, war bisher weitgehend unklar.
Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) sowie der Universitäten Ulm und Würzburg hat nun den Mechanismus entschlüsselt, durch den diese intravenösen Immunglobuline die Auflösung von Gelenkentzündungen bei rheumatoider Arthritis vermitteln.
Ihre Erkenntnisse haben die Forschenden im Fachjournal Immunity veröffentlicht.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Antikörper aus gesunden Spendern – auch als intravenöse Immunglobuline, kurz IVIg, bezeichnet – in der Lage sind, einen zentralen selbstzerstörerischen Prozess im Rahmen der rheumatoiden Arthritis zu unterdrücken: den Ab- und Umbau von Knochen und Knorpelgewebe im Gelenk.
„Dieser durch die Entzündungsreaktion auftretende Knochenabbau führt sonst bei Patienten zu einer schweren Schädigung der Gelenke“, erklärt Prof. Dr. Falk Nimmerjahn vom Lehrtuhl für Genetik an der FAU, der das Projekt geleitet hat. „Die Ergebnisse der Studie zeigen jetzt erstmals, wie dieser Prozess auf molekularer Ebene durch Antikörper unterdrückt wird.“
Überraschend war für das interdisziplinäre Forschungsteam vor allem, dass Moleküle, die eigentlich mit der Abwehr von Erregern wie Bakterien und Pilzen in Verbindung gebracht werden, eine zentrale Rolle für die entzündungshemmende Wirkung von intravenösen Immunglobulinen spielen.
In der Tat kam es in Abwesenheit dieser Rezeptoren zu einem Verlust der knochenschützenden und entzündungshemmenden Wirkung der Antikörper. Diese Erkenntnisse sind von großer Bedeutung für die Entwicklung neuer Therapien bei Autoimmunerkrankungen und Entzündungen, die durch Zytokine und Autoantikörper ausgelöst werden.
Essenziell für diese interdisziplinäre Studie war die Zusammenarbeit mit führenden Experten in der atomistischen Simulation von Rezeptoren und Zellmembranen (Prof. Rainer Böckmann, FAU), die von dem optimalen Umfeld des Zentrums für Nationales Hochleistungsrechnen Erlangen ( NHR(at)FAU ) profitierten.
Ebenso wichtig war die Zusammenarbeit mit weltweit führenden Wissenschaftlern auf dem Gebiet der hochauflösenden Mikroskopie (Super-Resolution-Mikroskopie) um Prof. Markus Sauer (Universität Würzburg). Die Forschungsarbeiten wurden im Rahmen des Forschungsverbundes CRC1181 (Auflösung von Entzündungsprozessen; Sprecher: Prof. Georg Schett, FAU), gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, durchgeführt.
Quelle:
Mitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vom 5. Mai 2023
Originalpublikation:
DOI: 10.1016/j.immuni.2023.02.019