Der Darm: Leistungsfähig bis ins hohe Alter

Erste große Studie zur Sekretion des Humandarms

Es ist ein Durchbruch in der Grundlagenforschung und die erste umfangreiche Studie über die Sekretionsaktivität des Humandarms. Dr. Dagmar Krüger vom Lehrstuhl für Humanbiologie der TU München hat über einen Zeitraum von acht Jahren mehr als 2200 Proben von rund 450 Patienten mit Darmerkrankungen untersucht.

Dabei kam Verblüffendes zutage:
Der menschliche Darm ist keineswegs eingeschränkt, sobald er „älter“ ist wie viele Stammtischanekdoten behaupten. Genauso wenig spielt das Geschlecht eine Rolle.

Die Studie des Teams rund um Dr. Dagmar Krüger und Professor Michael Schemann vom Lehrstuhl für Humanbiologie der Technischen Universität München (TUM) ist im Journal of Physiology veröffentlicht worden.

Eine Fragestellung neben der nach Alter- oder Geschlechtsabhängigkeit war:
Spielt eine Grunderkrankung wie Darmkrebs oder Morbus Crohn eine Rolle bei der Untersuchung von Darmproben?
Oder ist der Darmabschnitt womöglich ein ausschlaggebender Faktor?

„Ich konnte anhand der vielen untersuchten Darmproben (Darmresektate) in vitro an den Vitalitätsparametern nachweisen, dass die Darmschleimhautfunktion uneingeschränkt ist, egal ob es ein Resektat vom Dünn- oder Dickdarm war oder welche Erkrankung dem  chirurgischen Eingriff  zugrunde lag “, sagt TUM-Wissenschaftlerin Krüger – "die Sekretion von Ionen und Wasser ins Darmlumen (Hohlraum des Darms), selbst die durch Nerven hervorgerufene, blieb in allen Fällen unverändert."

Untersuchungen an Humanmaterial sind aussagekräftiger
Nicht erkrankte Teile von Darmresektaten kommen daher durchaus für Untersuchungen infrage – es müssen keine Tiermodelle eingesetzt werden. „Das ist natürlich viel aussagekräftiger, wenn ich Humandarmresektate untersuche. Ich kann damit beispielsweise feststellen, ob und wie ein Medikament gegen Darmträgheit wirkt“, erklärt Dr. Krüger weiter – "mit unserer Studie haben wir die Machbarkeit von Untersuchungen an Darmproben belegt.“

Seit dem 19. Jahrhundert, schreibt Wallace MacNaughton vom Journal of  Physiology in einem extra Begleitartikel zu Krügers Arbeit, sei am gastrointestonalen Epithel und seinem Wasser- sowie Elektrolyttransport geforscht worden. Das  Epithel  ist nichts anderes als die Darmschleimhaut.

Die bahnbrechendsten Forschungsergebnisse stammten aus den 70er- und 80er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts, die von Tieruntersuchungen wie Mäusen, Ratten oder meistens Meerschweinchen herrühren. MacNaughton schlussfolgert nach dem Studienergebnis von Krüger et al., dass moderne Untersuchungen an transgenen Mausmodellen oder Organoiden immer noch einer Überprüfung bedürfen an menschlichen Gewebeproben. Die Studie liefere nun das entscheidende Puzzleteil, um das umzusetzen.

Patienten mit Störungen der Sekretionsleistung im Darm kommt Studie zugute
Zwischen fünf bis zehn Prozent der Bevölkerung leiden zum Beispiel an Obstipation: „Mit das größte Problem des Gastroenterologen sind junge Frauen mit Verstopfung“, sagt Krüger – „für sie kann nun besser nachvollzogen und eingestuft werden wie ein Mittel im Humandarm wirkt beziehungsweise wirken sollte.“ Somit erhält die Pharmabranche aufschlussreiche und möglicherweise neue Hinweise auf die Wirkung ihrer Medikamente und kann bessere entwickeln.

Ärzte wiederum können künftig patientenbezogener Medizin verschreiben:
"In Zukunft kann gezielter untersucht werden, ob Darmträgheit eine Folge gestörter Epithelfunktion oder Darmmotilität ist“, erklärt Dagmar Krüger – "dafür können wir inzwischen sogar Untersuchungen an Darmbiopsien vornehmen "  

Diese Studie war möglich durch eine Kooperation mit den chirurgischen Kliniken in Freising (Dr. Florian Zeller) und Rechts der Isar (Dr. Güralp Ceyhan, Dr. Ekin Demir, Direktor: Prof. Helmut Friess).

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Publikation:
Dagmar Krueger, Klaus Michel, Florian Zeller, Ihsan E. Demir, Gueralp O. Ceyhan, Julia Slotta-Huspenina and Michael Schemann: Neural influences on human intestinal epithelium in vitro, The Journal of Physiology 2016. DOI: 10.1113/JP271493 - Link: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26527433