Ess- und Tischkultur von der Steinzeit bis heute
Die Kochkunst ist einer der ersten kreativen Akte der Menschheit.
Doch seit wann isst der Mensch eigentlich mit Messer und Gabel? Und wie dekorierten die Römer ihre Tische? Worunter leidet die Esskultur heute am meisten?
livingpress geht den Fragen rund ums Thema „Kochen und Genießen“ nach.
Backgruben und Rohhautbeutel: Essen in der Steinzeit
Schon die ersten Menschen der Gattung Homo sapiens sapiens im Jungpaläolithikum (ca. 40.000 bis 10.000 v. Chr.) waren auf gegarte Kost angewiesen und hatten bereits eine darauf ausgerichtete Verdauung und Nahrungszubereitung.
Da bereits ab ca. 750.000 v. Chr. Feuer bewusst erzeugt werden konnte, war die Feuerstelle im Jungpaläolithikum das Zentrum der Behausungen.
Quarztrümmer wurden zwischen das brennende Holz gelegt und dienten als Kochsteine.
Mit Hilfe von dicken Ästen oder Geweihen, die über das Feuer ragten, konnte man Nahrungsmittel garen.
Zu dieser Zeit entstanden schon die ersten Backwerke, z. B. mit gemahlenen Mandeln, die man anhand von Mahlsteinen nachweisen kann. Die so entstandenen Fladen wurden zusammen mit heißen Steinen und Glut in einer Grube verbuddelt, bis sie gar waren – der Vorläufer des Backofens.
Feiern wie die reichen Römer
Die wohlhabenden Römer um 500 v. Chr. frühstückten gemäßigt, nahmen mittags ihre Hauptmahlzeit (cena) ein und abends folgte die „vesperna“. Unter dem Einfluss der Griechen ab ca. 350 v. Chr. wurde die cena auf den späten Nachmittag verlegt und immer üppiger und ausgedehnter.
Gegessen wurde mit Fingerspitzen und Löffeln. Im Gegensatz zu den rüden Verhaltensweisen bei Tisch im Mittelalter, wuschen sich die Römer nach jedem Gang die Hände und benutzten die erste Art von Servietten, sogenannte Mundtücher.
Von den Stäbchen zu Messer und Gabel
Die ersten Essstäbchen wurden in China bereits 1500 v. Chr. verwendet, wie Gräberfunde belegen. Erst über 2000 Jahre später gelangten sie von dort aus nach Korea und Japan.
Der erste schriftliche Beleg einer Gabel findet sich in Venedig im 11. Jahrhundert.
Dort soll eine byzantische Prinzessin mit einer Gabel gespeist haben, was ein Kirchenmann aufgrund der zwei Zacken als „Teufelsding“ verurteilte.
Messer und Löffel wurden nur zum Verkleinern der Nahrung benutzt, gegessen wurde dann dennoch mit den Fingern, selbst am Hofe Ludwigs XIV., der dann laut Überlieferung Ende des 16. Jahrhunderts die Gabel am europäischen Hofe einführte, um sich beim Verspeisen von Obst nicht die kostbaren Handschuhe dreckig zu machen.
Die Vorgänger des Tellers waren flache Brettchen aus Zinn oder Holz.
Am Ende des Mittelalters bestand das Geschirr am Hofe aus Servierplatten, Essbrettchen und Trinkbechern. Die Bauern hingegen nahmen Brotscheiben als Unterlage für andere Speisen oder aßen direkt aus dem Kochtopf.
Fleisch für den mittelalterlichen Adel,
Getreidebrei für die restliche Bevölkerung
Aus mittelalterlichen Quellen ist überliefert, dass an den Höfen Festessen mit über 300 Gängen zelebriert wurden. Besteck kannten die Hofgesellschaften im Mittelalter allerdings noch nicht: Die Ritter verwendeten höchstens das eigene (Kampf)messer, um Speisen zu zerteilen.
Ab dem 11. Jahrhundert ließen die Ritterkreise gelegentlich auch Frauen am Essen teilnehmen, mussten ihre Umgangsformen dann aber anpassen – so galt u. a. die Regel, dass man in Anwesenheit einer Frau gewaschen zu Tisch zu erscheinen habe und nicht mehr mit der ganzen Hand, sondern nur noch mit Daumen, Zeige- und Mittelfinger in die Schüssel greifen dürfe.
Getreidebrei war das Grundnahrungsmittel für alle Schichten, Brot wurde erst im 13. Jahrhundert zu einem alltäglichen Genuss. In den Städten gab es Regeln, die festlegten, welcher Stand welche Speisen zu sich nehmen durfte:
Fleisch stand hierbei allenfalls der Mittel- und Oberschicht zu.
Doch egal ob im Handwerksbetrieb oder beim Adel: Eine räumliche Trennung gab es beim Essen nicht. Ob Hausherr oder Dienstbote – alle nahmen im selben Raum ihre Mahlzeiten ein.
Heute: Slow Food statt Fast Snacking
Fertignahrung, Convenience Food und ein schneller Happen zwischendurch dominieren heute unseren Umgang mit Nahrung – leider. Denn die Tradition der Kochkunst geht dadurch Stück für Stück verloren. Glücklicherweise lassen sich jedoch auch Gegentrends erkennen, wie z. B. „Homing“ oder Kochparties zu Hause.
Bereits seit 1986 gibt es die Slow Food Bewegung, die Genuss und Qualität (ökologisch, regional und sinnlich) als ihre Ziele erklärt und sich als Lobby für Geschmack, den Erhalt der Biodiversität und der Vielfalt der kulinarischen Kulturen versteht.
Quelle:
livingpress.de