Zu wenig Tageslicht in Wohngebäuden
... eine Studie zeigt: Die gesetzlichen Anforderungen zu niedrig
Viele Wohngebäude in Deutschland werden unzureichend mit Tageslicht versorgt. Zu diesem Ergebnis kommt eine von der Initiative GutesWohnen in Auftrag gegebene Studie, die am Dienstagabend in Berlin vorgestellt wurde. Demnach hinken die gesetzlichen Anforderungen an die Tageslichtversorgung von Gebäuden den Empfehlungen von Experten weit hinterher. Als Folge drohen den Bewohnern unter anderem gesundheitliche Beeinträchtigungen.
„Tageslicht ist essentiell für Wohlbefinden und Gesundheit der Menschen“, sagt Till Reine von der Initiative GutesWohnen. Neueste medizinische Erkenntnisse zeigen den hohen Einfluss von Tageslicht auf unsere biologische Uhr und damit auf unsere Gesundheit. Da Menschen bis zu 90 Prozent ihrer Zeit in geschlossenen Räumen verbringen, müssen auch Häuser und Wohnungen ausreichend mit Tageslicht versorgt werden.
„Leider hat die Politik das Thema in der Vergangenheit äußerst stiefmütterlich behandelt. Die ausreichende Versorgung mit Tageslicht muss bei künftigen Planungen und Sanierungen von Wohngebäuden eine deutlich größere Rolle spielen. Auch die gesetzlichen Mindestanforderungen sind nicht mehr zeitgemäß und müssen dringend angepasst werden“, so Reine.
In der Studie des Beratungsunternehmens Ecofys wurde untersucht, ob die geltenden Tageslichtanforderungen aus der sogenannten Musterbauordnung dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechen. Die Verordnung schreibt vor, dass die Fensterflächen eines Raumes mindestens einem Achtel der Grundfläche betragen müssen.
Das Ergebnis der Untersuchung ist ernüchternd:
In einem typischen innerstädtischen Mehrfamilienhaus wird somit gerade einmal ein Drittel des von Experten empfohlenen Tageslichts erreicht. Bei einer typischen energetischen Sanierung verschlechtern sich die Werte zusätzlich um fast 30 Prozent. Daher sollten Bauherren bei anstehenden Sanierungsmaßnahmen unbedingt auf mangelhafte Tageslichtversorgung hingewiesen werden.
Außerdem sind geeignete freiwillige Maßnahmen zur Verbesserung aufzuzeigen. Sonst droht angesichts des Klimaschutz-Ziels der Bundesregierung, bis zum Jahr 2050 nahezu den kompletten Gebäudebestand zu sanieren, eine weitere und flächendeckende Verschlechterung der derzeitigen Situation.
Die Autoren der Studie schlagen weiter vor, die vorgeschriebene Fensterfläche für Neubauten zu verdoppeln und auf einen Wert von einem Viertel der Grundfläche zu erhöhen. Dies ist mindestens notwendig, um eine nach wissenschaftlichen Maßstäben akzeptable Tageslichtversorgung zu erreichen.
Dass höhere Anforderungen möglich sind, zeigt der Blick ins europäische Ausland. Nach einer Untersuchung des Buildings Performance Institute Europe (BPIE) liegen die Tageslichtanforderungen in vielen europäischen Ländern höher, während Deutschland hier zu den Schlusslichtern gehört.
Die Studie von Ecofys wurde im Rahmen eines Politischen Abends vorgestellt, den die Initiative GutesWohnen am 2. Mai in Berlin ausgerichtet hat. Zusammen mit Vertretern der Bundesregierung und Experten aus Forschung, Medizin und Planung diskutierten die Gäste über die gesundheitliche Bedeutung von Tageslicht und über die notwendigen gesetzlichen Änderungen für eine gute Tageslichtversorgung in Wohngebäuden.
Wer gern mehr erfahren möchte, findet weitere Informationen direkt unter http://guteswohnen.info/
Über die Initiative GutesWohnen
Die Initiative GutesWohnen ist ein branchenübergreifendes Bündnis aus führenden Unternehmen der Bauindustrie, renommierten Forschungsinstituten und Experten aus Wohnmedizin, Planung und Soziologie. Gemeinsam bildet die Initiative die Schlüsseldisziplinen des guten Wohnens ab.
Das Bündnis eint die Überzeugung, dass die Modernisierung des Gebäudebestands nur in einem Dreiklang aus Wohnqualität, Energieeffizienz und Bezahlbarkeit gelingen wird. Das Bündnis setzt sich für eine Gesetzgebung und Bauplanung ein, die optimale Wohnbedingungen bei geringem Energieeinsatz ermöglicht.