Ohne Frauen geht es nicht
Mit Gleichberechtigung und Mütterschichten gegen den Fachkräftemangel
Fachkräftemangel – das Problemthema der deutschen Wirtschaft.
Laut der aktuellsten ifo Konjunkturumfrage leiden 41,5 Prozent der Unternehmen an Engpässen bei qualifizierten Arbeitskräften. Ende 2022 waren 1,98 Millionen Stellen zu besetzen. Eine Lücke, die sich in den nächsten Jahren zu einem großen Problem entwickeln könnte.
Unternehmen und die Politik sind angehalten, zeitnah effektive Lösungen zu finden.
Eine wäre recht simpel: Frauen – Mütter, um genau zu sein.
„Gerade Mütter arbeiten oft weniger, als sie gerne möchten. Zudem haben viele es schwerer, nach der Elternzeit einen Job zu finden, obwohl sie qualifiziert sind“, berichtet Michaela Schenk, Inhaberin und Geschäftsführerin der MAWA GmbH, die in ihrem Unternehmen bereits die Förderung von Frauen fokussiert. „Das ist ein Widerspruch zum zunehmenden Fachkräftemangel. Es wird Zeit, Umdenkprozesse in Unternehmen anzustoßen.“
Zwischen Karrierefrau und Rabenmutter
Während früher das traditionelle Rollenbild vorherrschte, arbeiten heutzutage immerhin fast 75 Prozent der Mütter – zwei Drittel davon in Teilzeit.
Bei Vätern hingegen bilden acht Prozent die Ausnahme.
Es wird deutlich, dass die meiste Care-Arbeit auch 2023 noch an den Müttern hängen bleibt. Um Familie und Arbeit zu vereinbaren, arbeiten viele auf reduzierter Stundenbasis oder sind erwerbslos. Dabei gibt es zahlreiche Mütter, die sich in dieser Rollenverteilung nicht wohlfühlen.
Ganz vorn dabei: Akademikerinnen. Nur acht Prozent können sich vorstellen, ganz auf einen Job zu verzichten – der Rest will arbeiten.
„Es ist eine Form der Selbstverwirklichung“, erklärt Schenk. „Frauen haben studiert, eine Ausbildung gemacht – einen Beruf erlernt. Nur weil Kinder auf der Welt sind, muss man sich nicht zwischen Familie und Karriere entscheiden und von seinem Partner abhängig machen.“
Verbesserungen bei der Betreuung in Kita und Schule bieten immer mehr die Möglichkeit, dass beide Elternteile einer vollen Erwerbstätigkeit und einer Karriere nachgehen können.
Hier gilt es für Mütter, Chancengleichheit aufzubauen.
Frauen sind Fachkräfte
Oft wird qualifizierten Frauen nach der Elternzeit mit Vorbehalten begegnet. Studien belegen sogar, dass Frauen seltener zu Vorstellungsgesprächen eingeladen werden. Stattdessen hängen sie in Jobs fest, für die sie überqualifiziert sind – nur warum? „Unternehmen, vor allem die Führungspositionen, sind immer noch häufig von Männern dominiert“, berichtet Schenk.
„Für Mütter fehlen an vielen Stellen Verständnis und die Einsatzbereitschaft des Unternehmens, auf die Arbeitnehmerinnen zuzugehen.“
Dabei ist Diversität wichtig: Gemischte Teams mit verschiedenen Sichtweisen können bessere Ergebnisse erzielen und Frauen können die oft eher risikofreudige Art der Männer durch eine ruhige und besonnene Arbeitsweise ausgleichen.
Die Frauenquote, die oft kritisiert wird, kann hier für mehr Diversität sorgen: Sie bedeutet nicht, dass Frauen ohne Qualifikationen in einem Beruf bevorzugt werden, sondern bietet stattdessen die Chance für Veränderung – denn Frauen fehlen häufig weibliche Vorbilder in Unternehmen. Durch die Quote entsteht ein dynamischer Prozess: Mehr Frauen im Unternehmen können andere qualifizierte Frauen nachziehen lassen.
Sorge um Work-Life-Balance
Manchen Unternehmen sind Mütter zu kompliziert. „Die Vorbehalte sind vielschichtig“, berichtet Schenk. „Da ist die Angst, dass Mütter sich nicht voll auf die Arbeit konzentrieren können. Aber hier bietet sich der Ansatz für einen Umdenkprozess: Natürlich können Mitarbeitende sich nicht auf die Leistung fokussieren, wenn Sorge um eine geregelte Work-Life-Balance besteht. Für Elternteile sind schon die morgendliche Anfahrt zu Kindergarten, Schule und Arbeit und das Zeitmanagement ein riesiger Aufwand. Die Frage ist also, wie das Unternehmen diese Mitarbeitenden unterstützen kann.“
Nur knapp jeder fünfte Betrieb bietet überhaupt eine eigene Betreuungsmöglichkeit oder Unterstützung an, dabei lassen sich die Öffnungszeiten an den Bedarf des Unternehmens anpassen, Eltern können schneller bei ihrem Kind sein und würden nach der Babypause rascher zurückkommen.
Natürlich spielt dabei die Größe eines Unternehmens eine Rolle, aber selbst kleine Betriebe können bei der Kinderbetreuung unterstützen und Kooperationen mit Kinderbetreuungseinrichtungen in der Nähe eingehen.
Veränderungsprozesse mit Teilzeitschichten
Mütter wollen durchaus mehr als 25 Stunden arbeiten. Unternehmen bieten aber häufig in den Zeiten, in denen Mütter Luft haben, keine Arbeit an. Einige lehnen sogar Teilzeitbeschäftigung ab, gerade in Betrieben mit Produktionsketten in Schichtsystemen.
In Zeiten von Homeoffice und mobilem Arbeiten mussten zuletzt Arbeitszeiten jedoch flexibler werden.
Warum dies nicht auch für Mütter ausweiten? „Gerade im Schichtsystem können Mütter beschäftigt werden. Sie haben oft an verschiedenen Tageszeiten und nicht immer volle acht Stunden am Stück Zeit. Das macht sie zu idealen Mitarbeitenden in einem flexiblen Schichtsystem für Teilzeitmitarbeitende“, verrät Schenk.
„So wird die Produktion nicht beeinträchtigt und das Resultat sind motivierte Mitarbeiterinnen. Dies lässt sich in jeder Form von Unternehmen anwenden, auch in Vollzeit.“ Natürlich sind strukturelle Veränderungen dafür notwendig, aber die Vorteile überwiegen, denn vor allem steigt die Attraktivität als Arbeitgeber stark.
„In jeder Frau kann sich eine qualifizierte Fachkraft verbergen. Indem Unternehmen den vollen Arbeitsmarkt ausschöpfen und Vorbehalte ablegen, könnten sie das größte Potenzial für sich herausholen und mit Müttern offene Stellen im Unternehmen besetzen“, schließt Schenk.
Weitere Informationen unter www.mawa.de