Zur außerordentlichen Kündigung bei drohender finanzieller Leistungsunfähigkeit
Urteil des BGH vom 31.01.2018 (VIII ZR 105/17)
Eine drohende finanzielle Leistungsunfähigkeit eines nach dem Tod des ursprünglichen Mieters eingetretenen (neuen) Mieters kommt nur in besonderen Ausnahmefällen als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht.
Ein Auszubildender war nach dem Tod seiner Lebensgefährtin in den Mietvertrag für die gemeinsame Wohnung eingetreten. Kurze Zeit darauf bat er um Zustimmung für die Untervermietung eines Zimmers, um die Mietkosten dauerhaft zu decken. Der Vermieter stimmte jedoch nicht zu und kündigte das Mietverhältnis vielmehr aus wichtigem Grund, da der Auszubildende den Mietzins samt Nebenkosten nicht auf Dauer leisten könne.
Sowohl in der ersten als auch in der zweiten Instanz verlor der Kläger, die Gerichte gaben der auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichteten Widerklage des Vermieters statt. Die drohende finanzielle Leistungsunfähigkeit habe den Vermieter zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.
Der Bundesgerichtshof sah dies indes im vorliegenden Urteil anders. Er hat das Berufungsurteil aufgehoben und das Verfahren an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen. Denn entgegen einer verbreiteten Auffassung kommt eine drohende finanzielle Leistungsunfähigkeit beziehungsweise eine "gefährdet erscheinende" Leistungsfähigkeit eines nach dem Tod des ursprünglichen Mieters eingetretenen (neuen) Mieters nur in besonderen Ausnahmefällen als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht.
Vorliegend hat das Berufungsgericht allein den Umstand, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Kündigung eine Ausbildungsvergütung bezog, für eine "gefährdet erscheinende" finanzielle Leistungsfähigkeit ausreichen lassen, weil weder ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung noch eine abschließende Festanstellung absehbar seien und damit die Erbringung der Miete nicht dauerhaft gesichert sei.
Mit dieser Sichtweise stellt es jedoch überhöhte Anforderungen an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines in ein unbefristetes Mietverhältnis eingetretenen Mieters. Denn auch ein Vermieter, der mit einem von ihm selbst ausgewählten solventen Mieter einen unbefristeten Mietvertrag abschließt, kann bei Vertragsschluss regelmäßig nicht ausschließen, dass dessen finanzielle Leistungsfähigkeit durch zukünftige Entwicklungen (etwa durch Verlust des Arbeitsplatzes) herabgesetzt werden könnte.
Außerdem hat das Berufungsinstanz den Vortrag des Klägers zu seinen finanziellen Verhältnissen (Restvermögen, Anspruch auf Sozialleistungen) sowie den Umstand unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger während der bis dahin knapp zwei Jahre andauernden Nutzung der Wohnung die geschuldete Miete stets vollständig und pünktlich entrichtet hatte.
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