Helfen Darmbakterien bald bei der Krebstherapie?
Eine halbe Million Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Krebs.
Zur Behandlung kommen unterschiedliche Verfahren zum Einsatz: Chirurgische Entfernung von Tumoren, Strahlentherapie oder auch medikamentöse Therapien.
Anlässlich des Weltkrebstages möchte die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e.V. auf die Rolle der kleinsten Darmbewohner aufmerksam machen – denn sie können die Entstehung von Tumoren regulieren und eventuell bald auch die Tumortherapie positiv beeinflussen.
Derzeit wird noch erforscht, welche Zusammenhänge es zwischen dem Darmmikrobiom und unterschiedlichen Krankheiten gibt.
Gesichert ist jedoch, dass Bakterien und deren Stoffwechselprodukte, das Ansprechen auf eine Tumortherapie beeinflussen können.
„Uns sind nur wenige Bakterien, Viren und Parasiten bekannt, die nachgewiesenermaßen Krebs verursachen können. Untersuchungen der letzten Jahre zeigten jedoch, dass eine Vielzahl von Tumorerkrankungen mit charakteristischen Mikrobiomveränderungen verbunden ist, die zumindest im Tiermodell auch aktiv die Krebsentwicklung beeinflussen können“, erklärt Professor Dr. med. Sebastian Zeißig, Direktor der Klinik und Poliklinik für Innere Medizin A, der Universitätsmedizin Greifswald.
Warum wirken Tumortherapien nicht bei allen gleich?
Erhalten zwei Menschen mit der gleichen Krebserkrankung die gleiche Therapie, kann der Therapieerfolg dennoch ganz unterschiedlich ausfallen. Ein Einflussfaktor dabei kann auch das Darmmikrobiom sein.
Der Angriffspunkt der Darmbakterien sind dabei die Checkpoints, also Proteine auf der Oberfläche von Immunzellen. Krebszellen binden oder blockieren diese oberflächlichen Proteine und werden damit unsichtbar für das körpereigene Immunsystem. Therapeutische Antikörper blockieren diese Immunhemmer und dem Immunsystem ist es wieder möglich den Tumor anzugreifen.
Darmbakterien als Schlüssel zur erfolgreichen Krebstherapie?
Aktuelle Studien zeigen, dass Bakterien und ihre Stoffwechselprodukte das Ansprechen auf eine sogenannte Checkpoint-Inhibitor Therapie regulieren können – sowohl im Positiven wie im Negativen. Diese Prozesse können möglicherweise auch therapeutisch genutzt werden.
„Die Übertragung von Darmbakterien durch eine Stuhltransplantation kann das Immunsystem beeinflussen. Im Tiermodell konnte nachgewiesen werden, dass Darmbakterien von Patient*innen, die gut auf eine Checkpoint-Inhibitor Therapie ansprachen, in Tieren die Wirkung dieser Krebstherapie verbessern konnten. Bei schwarzem Hautkrebs gibt es dazu bereits erste klinische Studien im Menschen, die erfolgsversprechend sind“, erklärt Zeißig weiter.
Darmmikrobiota
Die Darmmikrobiota oder kurz auch Mikrobiota, setzt sich aus Millionen von Pilzen, Viren und Bakterien zusammen.
Darmmikrobiota ist nicht gleich Darmmikrobiota
Bislang konnten im menschlichen Verdauungstrakt ungefähr 2000 verschiedene Bakterienarten identifiziert werden. Ungefähr 200 von ihnen kommen bei jedem Menschen vor – allerdings in unterschiedlich großen Anteilen. Die übrigen kommen bei manchen Menschen vor und bei anderen nicht.
Einflussfaktoren sind die Gene, Ernährung, noch unbekannte Umweltfaktoren, aber auch Medikamente. Bei den allermeisten dieser Darmbewohner ist noch nicht genau bekannt, welchen Einfluss Sie auf den Darm selbst, aber auch auf andere Organe wie beispielsweise sogar das Hirn haben.
Bekannt ist, dass sie eine wichtige Rolle beim Immunsystem und Allergien spielen. Sie werden aber auch mit Erkrankungen wie Adipositas, Diabetes Depressionen und Demenz in Verbindung gebracht – hier sind die Wirkmechanismen aber noch unklar.
Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie über 7000 in Klinik und Forschung tätige Ärztinnen und Ärzte unter einem Dach.
Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle der Patientinnen und Patienten.
Wer gern mehr erfahren möchte, schaut bitte direkt unter www.dgvs.de
Quellen:
• Krebsrate und Krebs-Sterberate in Deutschland | DKFZ - Krebsinformationsdienst - https://www.krebsinformationsdienst.de/forschung/krebszahlen
• Mikrobiom- BZfE - https://www.bzfe.de/ernaehrung/ernaehrungswissen/gesundheit/mikrobiom/
• The microbiome and human cancer by G.D. Sepich-Poore et al. - https://www.science.org/doi/10.1126/science.abc4552