Neue Therapiekonzepte beim Melanom und anderen Hautkrebsarten
34. Deutscher Hautkrebskongress in Würzburg mit aktuellen Erkenntnissen
Hautkrebs ist die häufigste Krebserkrankung in Deutschland, Tendenz immer noch steigend – trotz immenser medizinischer Fortschritte in den letzten Jahrzehnten.
Das maligne Melanom, der sogenannte schwarze Hautkrebs, ist ein wichtiger Schwerpunkt beim 34. Deutschen Hautkrebskongress vom 25. – 28.9.2024 in Würzburg.
Neueste Erkenntnisse in Therapie, Prävention, Diagnostik und Grundlagenforschung verschiedener Hautkrebsarten werden vorgestellt und diskutiert.
Tagungspräsident Prof. Dr. Bastian Schilling, Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie am Universitätsklinikum Frankfurt, gibt erste Einblicke in aktuelle Schwerpunkte und Highlights.
Welche besonderen Schwerpunkte haben Sie beim diesjährigen Hautkrebskongress in Würzburg gesetzt? Welches sind die Top-Themen?
Professor Schilling: Es wird ein breit gefächertes Programm geben, in dem sowohl klinische als auch translationale bzw. grundlagenwissenschaftliche Themen besprochen werden. Es wird dezidierte Sitzungen zu neuartigen Immuntherapien und zum Tumormetabolismus geben, auf die ich gespannt bin. Auch interaktive Fallkonferenzen wird es dieses Jahr wieder geben, ein Format, welches die Teilnehmenden einbindet.
Ein wichtiger Schwerpunkt sind neue Therapiekonzepte beim Melanom. Wie ist die Entwicklung bei der Neoadjuvanz – einer Behandlungsmethode im Vorfeld einer operativen Entfernung des Tumors mit dem Ziel, die Tumorgröße zu reduzieren?
Professor Schilling: Die neoadjuvante Therapie mit Pembrolizumab oder der Kombination aus Ipilimumab plus Nivolumab sind die Innovationen der letzten zwei Jahre in der Melanomtherapie im Stadium III mit klinisch detektierbaren Lymphknotenmetastasen.
Ziel dieser Behandlung ist weniger das Reduzieren der Tumorgröße, sondern die Verbesserung des langfristigen Verlaufs der Erkrankung.
So konnte SWOG1801 zeigen, dass durch die Verlagerung von drei Dosen Pembrolizumab vor einer Operation eine deutliche Verbesserung des Verlaufs erreicht werden kann ohne neue Sicherheitssignale und bei Kostenneutralität. NADINA, die in der Plenarsitzung des diesjährigen ASCO erstmals präsentiert wurde, hat zudem gezeigt, dass 59% der neoadjuvant mit zwei Zyklen Ipilimumab plus Nicolumab behandelten Patient*innen KEINE adjuvante Therapiephase benötigen, was eine enorme Deeskalation der Therapie bedeutet.
Welche weiteren innovativen Entwicklungen werden diskutiert?
Professor Schilling: Wir werden auch Zelltherapien auf dem Hautkrebskongress in Würzburg diskutieren. Insbesondere der adoptive T-Zell Transfer und TCR-transgene T-Zellen drängen bei Hautkrebs in die Klinik. Aktuell allerdings nur für „austherapierte“ Patient*innen mit metastasiertem Melanom in spezialisierten Zentren außerhalb Deutschlands bzw. in klinischen Studien. Ich gehe aber davon aus, dass das erste T-Zell-Produkt mit dem Namen Lifileucel auch in Europa eine Zulassung bekommen wird und wir es so an bestimmten Zentren wie Frankfurt oder Würzburg ausgewählten Patient*innen anbieten können werden.
Gibt es auch Weitentwicklungen beim Einsatz künstlicher Intelligenz?
Professor Schilling: Selbstverständlich, auch zu diesem Thema werden wir Vorträge und Sitzungen haben. Die ersten prospektiven Studien zum Einsatz von KI in der Dermatoonkologie sind nun abgeschlossen und es wird sich nun zeigen, in welchen Situationen ein Mehrwert für Patient*innen entsteht. In der klinischen Versorgung kann aber schon heute die Benutzung generativer KI Patient*innen durch Entlastung des medizinischen Personals zu Gute kommen.
Es sind international renommierte Plenarredner eingeladen – Prof. Antoni Ribas, Los Angeles, Prof. Boris C. Bastian, San Franzisco, Prof. Paul Nathan, London…
Professor Schilling: Ich erwarte topaktuelle, fachlich exzellente und vor allem aber inspirierende Vorträge der Plenarredner. Alle drei sind international ausgewiesene Experten. Darüber hinaus wird sicherlich die Rolle der neoadjuvanten Therapie diskutiert werden.
Wie ist es zu erklären, dass es trotz der immensen Fortschritte in der Therapie immer mehr Hautkrebserkrankungen gibt? Was muss sich ändern?
Professor Schilling: Nun ja, insbesondere die klar UV-assoziierten Hauttumoren steigen in Ihrer Zahl. UV-Lichtschutz hat lange keine große Rolle gespielt, es war z.B. wichtig, sonnengebräunt aus dem Urlaub zurückzukommen. Diese Schäden brauchen dann lange, um sich als Hautkrebs zu manifestieren. Dies bedeutet auch, dass primäre Prävention erst sehr verzögert sichtbar wird. Die hohe Lebenserwartung in den westlichen Industrieländern sorgt zudem dafür, dass so viele neue Erkrankungen diagnostiziert werden.
Was sind für Sie persönlich die besonderen Kongress-Highlights?
Professor Schilling: Ich freue mich zunächst mal darüber, die Ehre zu haben, diesen Kongress als Tagungspräsident in Würzburg leiten zu dürfen. Dass ist für mich ein Highlight meiner Laufbahn. Als Tagungspräsident freue ich mich darüber, dass Prof. Ribas und Prof. Bastian unserer Einladung gefolgt sind, in informellen Runden Nachwuchswissenschaftler*innen niederschwellig für einen Gedankenaustausch zur Verfügung zu stehen. Ich hoffe, dass dieses Format Laufbahnen befeuern wird.
Wir bedanken uns sehr herzlich für das Interview!
Hintergrund:
Hautkrebs ist immer noch die häufigste Krebserkrankung in Deutschland mit der größten Steigerungsrate – trotz der immensen medizinischen Fortschritte der letzten Jahre. Die Zahl der Neuerkrankungen hat sich in den letzten zehn Jahren auf rund 308.800 im Jahr verdoppelt. Dafür werden UV-bedingte Hautschäden aufgrund intensiver Sonnenexposition in der Kindheit und Jugend mit verantwortlich gemacht. Jährlich gibt es 160.700 Neuerkrankungen beim Basalzellkarzinom, 105.800 beim kutanen Plattenepithelkarzinom und beim Melanom 42.300 Neuerkrankungen.
Die ADO (Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie der DKG und der DDG) organisiert Fortbildungen, Forschungsprojekte und klinische Studien, um die Qualität der dermato-onkologischen Patientenversorgung in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu verbessern und die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern. Ein wichtiger Fokus liegt auf der Erarbeitung diagnostischer und therapeutischer Leitlinien zu verschiedenen Hautkrebsarten.