Adaptive Strahlentherapie: Präzise Bestrahlung für noch effektivere Tumorbehandlungen
Eröffnung der neuen KI-gestützten Hightech-Bestrahlung an der Charité
Die Strahlentherapie ist eine der zentralen Säulen der Krebstherapie: Etwa die Hälfte aller Krebspatient:innen erhält diese Therapie im Laufe ihrer Erkrankung. Um die Bestrahlung künftig noch präziser und schonender zu gestalten, bietet die Charité – Universitätsmedizin Berlin mit einem neuen Hightech-Gerät die berlinweit einzigartige Möglichkeit der adaptiven Strahlentherapie.
Der Linearbeschleuniger wurde heute von der Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege, Dr. Ina Czyborra, dem Vorstandsvorsitzenden der Charité, Prof. Heyo K. Kroemer und Prof. Daniel Zips, Direktor der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie, offiziell eingeweiht.
Bei einer Strahlentherapie wird der Tumor ionisierender Strahlung ausgesetzt. Diese hochintensive Strahlung kann Moleküle im Körper verändern und wird üblicherweise mithilfe von Linearbeschleunigern erzeugt.
Die Strahlung soll die Zellen im Tumorgewebe schädigen, insbesondere den Zellkern mit der Erbinformation. Ziel ist es, den Krebs durch die Bestrahlung zu zerstören oder zumindest zu verkleinern, während sich gesundes Gewebe schnell regeneriert.
Es ist jedoch bei einer herkömmlichen Strahlentherapie nicht auszuschließen, dass umliegendes Gewebe in Mitleidenschaft gezogen wird – vor allem, wenn der Tumor schnell wächst oder schrumpft – oder wenn Organe ihre Lage verändern, zum Beispiel durch Darm- oder Magenbewegungen. Denn dann sind die Aufnahmen, die in den Tagen zuvor gemacht wurden, unter Umständen nicht mehr ganz genau.
Adaptive Strahlentherapie soll Nebenwirkungen minimieren
Anders hingegen beim neuen Bestrahlungsgerät „Ethos“, wie Prof. Daniel Zips, Direktor der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie, erläutert: „Die Bestrahlung kann an aktuelle Veränderungen der Lage und Größe von Organen und Tumoren angepasst werden. Innerhalb weniger Minuten ermittelt das Gerät durch seine integrierte Bildgebung mittels Computertomographie die genauen geometrischen Verhältnisse von Tumor und umliegenden Organen.“
Anschließend wird die optimale Verteilung der Strahlendosis bestimmt. So ist eine präzisere und schonendere Bestrahlung möglich.
„Die adaptive Therapie verbindet höchste Wirksamkeit mit geringen Nebenwirkungen“, erklärt Prof. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité. „Ich freue mich sehr, dass wir unseren Patientinnen und Patienten dieses zukunftsweisende Bestrahlungsverfahren anbieten können. Es markiert einen entscheidenden Schritt hin zur personalisierten Präzisionsbestrahlung an der Charité.“
„Von der Einführung der adaptiven Strahlentherapie an der Charité werden Forschung und Patientenversorgung gleichermaßen profitieren“, sagt Dr. Ina Cyzborra, Senatorin für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege. „Damit stellen wir einmal mehr die Innovationskraft des Gesundheits- und Wissenschaftsstandortes Berlin unter Beweis.“
Künstliche Intelligenz (KI) sorgt für höchste Genauigkeit
Ein zentraler Bestandteil des neuen Bestrahlungsverfahrens ist die Integration Künstlicher Intelligenz (KI). Diese erstellt ein Modell und generiert einen hochpräzisen, tagesaktuellen Bestrahlungsplan. Während der Behandlung ermöglicht die KI-Technologie eine kontinuierliche Anpassung an Veränderungen, was zu einer noch genaueren Bestrahlung führt.
Davon können insbesondere Patient:innen mit gynäkologischen Tumoren, Prostata- oder Harnblasenkrebs profitieren – Organe, bei denen Blasen- und Darmfüllungen die Lage beeinflussen. „An der Charité werden wir die adaptive Strahlentherapie zunächst bei Patienten mit Prostatakrebs einsetzen“, sagt Prof. Zips. Später soll sie auch auf andere Tumorarten ausgeweitet werden.
Kombination von Hightech, KI und menschlicher Expertise
„Trotz modernster Technik ist auch bei diesem Verfahren menschliche Expertise unverzichtbar“, betont Prof. Zips. Expertinnen und Experten prüfen den vorgeschlagenen Bestrahlungsplan sorgfältig und entscheiden über die Freigabe. Die genaue Anpassung der Bestrahlung an die aktuellen Gegebenheiten und die kontinuierliche Überwachung durch Spezialisten garantieren eine optimale Behandlung.
Im Rahmen der Forschungskooperation zwischen dem Gerätehersteller Varian Medical Systems und der Charité werden die Patientinnen und Patienten von einem professionellen Team begleitet und können durch ihr Feedback aktiv zur Anpassung der Therapie beitragen. Darüber hinaus soll in Studien unter anderem evaluiert werden, welche Prostatakrebspatienten besonders von der adaptiven Therapie profitieren.
Quelle:
Charité – Universitätsmedizin Berlin - Mitteilung vom 24. Januar 2024