Süße Herzen sterben langsam

Forschungsergebnisse zur Herzinsuffizienz bei Diabetes zeigen: Endgültiger Zelltod durch anhaltende Glukoseakkumulation nicht zu verhindern

Hohe Zuckerwerte schädigen Herz und Gefäße, das ist wissenschaftlich belegt.

Doch warum Diabetes die Entstehung der Herzinsuffizienz triggert und welche Mechanismen genau dahinterstecken, daran wird intensiv geforscht.

Etwas Licht ins Dunkel könnte eine aktuell in Diabetes, Obesity and Metabolism publizierte Untersuchung mit Beteiligung der Stiftung DHD (Der herzkranke Diabetiker) bringen. In ihr wurde untersucht, was auf zellulärer Ebene passiert und zur Pathogenese der diabetischen Kardiomyopathie beiträgt.

„Glukoseüberladung bremst den Stoffwechsel aus und führt zum Energiedefizit. Glukose wird nicht verstoffwechselt, sondern akkumuliert“, erklärt Studien-Erstautor PD Dr. rer. nat. Bernd Stratmann aus Bad Oeynhausen.

Der Tricarbonsäurezyklus ist Drehscheibe biochemischer Reaktionen im Stoffwechsel.

Beim Abbau von Proteinen, Fetten und Kohlenhydraten entsteht Acetyl-Coenzym A als nutzbare Energiequelle für Organismen. Komme es wie bei Diabetes durch reaktive Glukosemetabolite (z.B. Methylglyoxal) und Glykierungsprodukte (z.B. AGEs: advanced glycation endproducts) zum vermehrten Einstrom von Glukose in die Zelle, sei der Metabolismus dauerhaft gestört, so Stratmann.

Eine normale Herzfunktion setzt einen intakten kardialen Stoffwechsel voraus.

Sind die energieliefernden Prozesse verlangsamt, fehlt dem Myokard essentieller Brennstoff zur Muskelarbeit.

„Schon zu Beginn der diabetischen Kardiomyopathie gibt es aufgrund der Hyperglykämie komplexe Veränderungen in den Spiegeln struktureller zellbezogener Proteine, auch in Zellen, die noch insulinsensitiv sind“, sagt Stratmann.

Ob es therapeutische Möglichkeiten gebe, den massiven chronischen Einstrom von Glukose auf zellulärer und struktureller Ebene zu überwinden, sei noch nicht geklärt. In jedem Fall ist die Progression der Herzinsuffizienz bei Diabetes ein schleichender Prozess.

„Das süße Herz stirbt langsam, Symptome treten meist erst im fortgeschrittenen Stadium auf“, betont Prof. Dr. med. Dr. h.c. Diethelm Tschöpe von der Stiftung DHD, Düsseldorf.

Das sei einer der Gründe, warum Herzinsuffizienz bei Diabetes oft übersehen und nicht rechtzeitig behandelt werde.

„Ungünstig für die Prognose von Betroffenen“, so der Stiftungsvorsitzende.

Bei Diabetes sei die Überlebenswahrscheinlichkeit per se geringer.

„Die Ergebnisse der aktuellen Forschungsarbeit weisen darauf hin, dass der endgültige Zelltod aufgrund der Zellstörung durch anhaltende Glukoseakkumulation nicht verhindert wird.“

Kompensatorische Reparaturreaktionen würden zwar angeschaltet, aber nicht durchgreifen, ergänzt Tschöpe.

Über die Stiftung DHD (Der herzkranke Diabetiker)

1999 als eigenständige Themenstiftung unter dem Dach der Deutschen Diabetes Stiftung gegründet, ist es Auftrag der Stiftung DHD, zum Krankheitsverständnis beizutragen, die Bevölkerung über das Risiko für Herz- und Gefäßkomplikationen aufzuklären und den Dialog zwischen behandelnden Ärzten über Fachgrenzen hinaus zu fördern.

Die Stiftung DHD dient dem gemeinnützigen Zweck und ist ehrenamtlich tätig.

Ziel ist es auch, die Versorgung von Menschen mit Diabetes, die am Herzen und an den Gefäßen erkrankt sind, zu verbessern.

Im November 2023 wurde die DHD-Geschäftsstelle von Bad Oeynhausen nach Düsseldorf verlegt.

Aktueller Standort ist das Deutsche Diabetes-Zentrum (DDZ), das sich bundesweit als Referenzzentrum zum Krankheitsbild Diabetes mellitus versteht.

Das DDZ leitet federführend die multizentrisch aufgebaute Deutsche Diabetes-Studie, gehört der „Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz“ (WGL) an und ist Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD e. V.).

Originalpublikation:
Stratmann B, Eggers B, Mattern Y, Silva de Carvalho T, Marcus-Alic K, Tschoepe D. Maladaptive response following glucose overload in GLUT4-overexpressing H9C2 cardiomyoblasts. Diabetes Obes Metab. 2024, doi10.1111/dom.15553.