Unerfüllter Kinderwunsch?
Wenn es mit dem Baby nicht klappt, an Schilddrüse und PCOS denken
Schätzungen zufolge sind etwa 1,5 Millionen Frauen in der Altersgruppe zwischen 30 und 50 Jahren in Deutschland ungewollt kinderlos. Die Ursachen sind vielfältig.
Ist eine Schwangerschaft trotz intensiver Bemühungen nach einem Jahr nicht eingetreten, muss auch eine Funktionsstörung der Schilddrüse in Betracht gezogen werden. Diese gehört zusammen mit dem polyzystischen Ovar-Syndrom (PCOS) zu den häufigeren Gründen für einen unerfüllten Kinderwunsch.
Wer sich untersuchen lassen sollte und worauf zu achten ist, erläutern Experten des Berufsverbandes Deutscher Nuklearmediziner e.V. (BDN).
Eine Schilddrüsenfunktionsstörung kann die Ursache für einen unerfüllten Kinderwunsch sein. Meist handelt es sich um eine Schilddrüsen-Unterfunktion, die wenig oder keine Beschwerden macht. So findet sich unter Frauen mit einer Schilddrüsen-Unterfunktion ein Anteil von bis zu 60 Prozent, die ihre Monatsblutung nur unregelmäßig bekommen.
„Davon sind wiederum etwa dreizehn Prozent unfruchtbar“, sagt BDN-Experte Professor Dr. med. Matthias Schmidt, Nuklearmediziner an der Universität Köln.
Um festzustellen, ob eine Schilddrüsenfunktionsstörung vorliegt, bietet sich zunächst ein einfacher Bluttest an. Gemessen wird dabei die Konzentration des Thyreoidea-stimulierenden Hormons (TSH). Ein erhöhter TSH-Wert weist auf eine Unterfunktion hin. Grundsätzlich gilt:
Ein niedriger TSH-Wert erhöht die Chancen auf eine Schwangerschaft.
„Wir wissen, dass eine Schwangerschaft am besten bei einem TSH-Wert unter 2,5 Milli-Einheiten pro Liter eintritt“, sagt Privatdozentin Dr. med. Beate Quadbeck, Endokrinologin aus Düsseldorf. „Dieser Wert ist ideal für alle Frauen mit Kinderwunsch.“
Untersuchen lassen sollten sich auf jeden Fall Frauen, bei denen eine familiäre Vorbelastung für eine Schilddrüsenentzündung gegeben ist. „Speziell, wenn Schwestern, Tanten oder Mütter an einer Thyreoiditis erkrankt sind, ist eine Untersuchung bei einem Spezialisten sinnvoll, das belegen die wissenschaftlichen Daten ganz eindeutig“, erläutert Quadbeck.
Auch Frauen, die bereits ein Kind bekommen haben, aber nun nicht mehr zum zweiten Mal schwanger werden, sind mit einem TSH-Test gut beraten.
„Sie könnten eine Post-Partum-Thyreoiditis entwickelt haben, eine Schilddrüsen-Unterfunktion nach der Geburt“, meint die Düsseldorfer Hormonexpertin. Frauen, die an einer Autoimmunerkrankung leiden – etwa Diabetes mellitus Typ 1 – neigen häufig auch zu Schilddrüsenproblemen wie Hashimoto-Thyreoiditis. Sie sollten sicherheitshalber einen Termin beim Endokrinologen oder Nuklearmediziner vereinbaren.
Erste Ansprechpartner für einen TSH-Test sind Hausarzt oder Gynäkologin. „Liegen die Werte bei bestehendem Kinderwunsch zu hoch, helfen Levothyroxin-Tabletten, um den Erfolg für eine Schwangerschaft zu steigern“, erklärt BDN-Experte Matthias Schmidt. Die genauen Zusammenhänge sind noch nicht erforscht.
„Man nimmt an, dass der TSH-Wert einen Einfluss auf den Vorgang des Einnistens des Embryos in die Gebärmutter hat. Andockstellen für TSH sind in der Gebärmutterschleimhaut vorhanden, und man fand die meisten Andockstellen in der Einnistungsphase“, so Schmidt.
Neben einer Schilddrüsen-Fehlfunktion sollte im Fall einer ausbleibenden Schwangerschaft anfänglich auch gleich abgeklärt werden, ob bei der Patientin ein polyzystisches Ovar-Syndrom (PCOS) vorliegt.
„Darunter leiden nach Schätzungen vier bis zwölf Prozent der gebärfähigen Frauen in Deutschland“, erläutert Hormonspezialistin Quadbeck.
Betroffene haben ihre Regelblutung selten, starken Haarwuchs an Brust, Rücken, Beinen oder Oberlippe, einen Überschuss an männlichen Hormonen und meistens kleine wassergefüllte Bläschen an den Eierstöcken, die auch als Zysten bezeichnet werden und im Ultraschall sichtbar sind.
„Schilddrüsen-Probleme und PCOS sind sehr häufige Ursachen für ungewollte Kinderlosigkeit und relativ einfach zu diagnostizieren“, so Quadbeck. „In Deutschland sollte keine Frau wegen einer leicht zu behandelnden Schilddrüsen-Unterfunktion auf eine Schwangerschaft verzichten müssen“, ergänzt Schmidt.
Quelle:
Berufsverband Deutscher Nuklearmediziner e.V.