Beschwerden in den Wechseljahren

Für jede Frau die individuell richtige Therapie finden

Hitzewallungen, Schlafstörungen und depressive Verstimmungen sind typische Beschwerden der Wechseljahre. Ein Drittel der Frauen ist dadurch im Alltag stark beeinträchtigt.

Doch obwohl eine Hormonersatztherapie (HET) die Symptome am wirksamsten lindert, nehmen laut dem aktuellen Gesundheitsreport 2022 der Techniker Krankenkasse (TK) hierzulande immer weniger Betroffene Hormone gegen ihre Beschwerden ein (1).

Entschieden sich im Jahr 2000 noch 37 Prozent der Frauen für eine HET, stagniert dieser Wert seit 2020 bei etwa sechs Prozent.

Woran liegt das und ist die Zurückhaltung berechtigt?

Die Wechseljahre bezeichnen die Übergangsphase im Leben einer Frau von ihrer Fortpflanzungsfähigkeit bis zu dem Zeitpunkt, an dem ihre Eierstöcke die Hormonproduktion einstellen und sie keine Kinder mehr bekommen kann. Das durchschnittliche Alter einer Frau bei der letzten Menstruationsblutung, der Menopause, liegt in Deutschland bei 51 Jahren.

Die sogenannte Postmenopause beginnt nach einer 12-monatigen Phase ohne Monatsblutung. Als Prämenopause wird der etwa vier bis fünf Jahre dauernde Zeitraum vor der Menopause bezeichnet.

Die häufigsten Symptome der Wechseljahre sind Schweißausbrüche und Hitzewallungen. Nach der Study of Women's Health Across the Nation (SWAN) leiden Frauen durchschnittlich 7,4 Jahre an häufigen Hitzewallungen (2).

Weitere Beschwerden sind Stimmungsschwankungen, Ängste, Schlafstörungen oder Herzklopfen.

Die Scheidenhaut wird dünner, trockener und verliert ihre Elastizität, außerdem können Gelenkbeschwerden und sexuelle Unlust auftreten (3).

„Alles in allem sind etwa 75 Prozent der Frauen von Beschwerden betroffen. Die individuelle Ausprägung der Symptome ist jedoch verschieden, etwa ein Drittel der Patientinnen ist stark beeinträchtigt“, sagt Dr. med. Katrin Schaudig, Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Schwerpunkt gynäkologische Endokrinologie in Hamburg und Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft e. V.

Auch wenn eine HET als wirksam gilt: Viele Frauen hierzulande haben Angst vor den Risiken einer Hormoneinnahme – etwa an Brustkrebs zu erkranken oder einen Schlaganfall zu erleiden.

„Diese Sorge basiert auf der überwiegend negativen Berichterstattung in den Medien“, so DGE-Mitglied Schaudig. „Diese bezieht sich vor allem auf die im Jahr 2002 publizierte Women`s Health Initiative Study, die die Risiken dieser Therapie betonte.“

Alle errechneten Risiken waren allerdings nach Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO als „seltene Nebenwirkung“ einzustufen, so die Gynäkologin weiter.

Zudem wurden in der Studie Frauen untersucht, die im Durchschnitt 63 Jahre alt waren und damit die typische Wechseljahresphase bereits hinter sich hatten.

Ein wichtiger Punkt sei auch, dass damals noch Hormonpräparate eingesetzt wurden, die Ärztinnen und Ärzte heute überwiegend nicht mehr verwenden, sagt Schaudig.

„Es hat Jahre gedauert und eine Fülle von Daten gebraucht, bis man zu dem Schluss kam, dass heutzutage für die meisten Frauen die Vorteile einer HET die Risiken überwiegen“, stellt sie fest.

Trotzdem sei ein individuelles Vorgehen bei der Therapieentscheidung wichtig, betont Schaudig. Dieses berücksichtigt sowohl den individuellen Leidensdruck der Patientin, ihre Bedürfnisse und, wichtig, ihre Risikofaktoren.

Ausschlussfaktor kann etwa eine vorangegangene Brustkrebserkrankung sein, da eine HET das Risiko für ein Wiederauftreten des Mammakarzinoms erhöhen kann.

 Kommt eine HET nicht infrage, stehen viele weitere nicht-hormonelle Therapieansätze zur Verfügung.

Dazu gehören etwa Antidepressiva, Phytoöstrogene, Johanniskraut- und Traubensilberkerze-(Cimicifuga)-Präparate, Sport, Akupunktur, kognitive Verhaltenstherapie und Hypnose.

„Für diese Beratung und die Abwägung aller Vor- und Nachteile der Therapieentscheidung brauchen wir jedoch viel Zeit“, sagt Schaudig. Leider werde sie bislang nicht vergütet.

„Derzeit befinden sich in Deutschland mehr Frauen in den Wechseljahren als je zuvor, der Beratungsbedarf ist riesig“, sagt DGE-Mediensprecher Professor Dr. med. Stephan Petersenn von der ENDOC Praxis für Endokrinologie und Andrologie in Hamburg. „Alle beteiligten Disziplinen sollten die aktuelle Datenlage und ihre Erfahrungen überprüfen, um die Behandlungsmöglichkeiten individualisiert und ergebnisoffen mit den Patientinnen zu besprechen“, betont er.

Quellen:

(1) https://www.tk.de/presse/themen/arzneimittel/hormonpraeparate-2132966

(2) Avis NE, Colvin A, Bromberger JT et al.: Change in health-related quality of life over the menopausal transition in a multiethniccohort of middle-aged women: Study of Women's' Health Across the Nation (SWAN). Neurology 2009; 72:1850–1857

(3) S3-Leitlinie AWMF. Peri- and Postmenopause – Diagnosis and Interventions.Guideline of the German Society of Gynecology and Obstetrics(S3-Level, AWMF Registry No. 015–062). Im Internet (Stand: 15.08.2020): http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/015-062.html  

Zum Weiterlesen:
Attitudes towards menopause: time for change, Editorial, | VOLUME 399, ISSUE 10343, P2243, JUNE 18, 2022 DOI: https://doi.org/10.1016/S0140-6736(22)01099-6: https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(22)01099-6/fulltext

Interessenkonflikte:
Dr. med. K. Schaudig hat in den letzten drei Jahren Honorare für Vorträge, Teilnahmen an Advisory Boards sowie Erstattungen von Reisekosten und Forschungsunterstützung von folgenden Unternehmen erhalten: Astellas Pharma GmbH, Bayer-Jenapharm GmbH, Dr. KADE/Besins Pharma GmbH, Exeltis GmbH, Gedeon Richter Pharma GmbH, Hexal, Viatris, Novo Nordisk, Theramex, Laborarztpraxis Rhein-Main (ehem. Drs. Walther, Weindl und Partner).