Normalisierung des Blutflusses

Vergleich zwischen ASS und Tomatenextrakt

Während ASS aufgrund der Nebenwirkungen nicht mehr in der primären Prävention eingesetzt wird, zeigen aktuelle Studien positive Effekte der Tomate

Millionen Menschen haben Sorge vor einem Schlaganfall, Herzinfarkt oder Thrombose und nehmen daher täglich z. B. ASS (Acetylsalizylsäure).

Allerdings zeigten mehrere Studien, dass ASS keinen positiven Effekt auf das Sterblichkeitsrisiko bei Herzkreislauferkrankungen hat (1) und nicht selten treten starke Nebenwirkungen auf (1).

So warnt inzwischen die Deutsche Herzstiftung: „ASS kann in Einzelfällen z. B. zu schweren Blutungen im Magen-Darm-Bereich oder Gehirn führen“ (2).  

Daher dürfen Ärzte in der sog. primären Prävention ASS nicht mehr empfehlen. Dies betrifft also Menschen, die noch keinen Infarkt, Thrombose o.ä. gehabt haben.

Nur Herzkreislaufpatienten mit einem ernsthaften Vorfall (z. B. Infarkt, Schlaganfall oder Thrombose) sollen in Absprache mit dem behandelnden Arzt überlegen, ob die Einnahme von ASS sinnvoll ist.

So stellt sich die Frage, ob und was Menschen für ihre primäre Prävention tun können?

Neben körperlicher Bewegung ist die richtige Ernährung offenbar ein wesentlicher Baustein für eine effektive Vorbeugung.

Bereits vor Jahrzehnten konnten Ernährungsforscher belegen, dass eine mediterrane Ernährung mit viel Gemüse, Nüssen und pflanzlichen Ölen offenbar die Basis für das geringere Herzkreislaufrisiko von unseren Nachbarn in Italien, Frankreich und Griechenland ist. Dies wurde in einer aktuellen Studie mit 290.000 Probanden bestätigt (3).

In den letzten Jahren wurde nun untersucht, welche Lebensmittel am besten wirken.

So konnte gezeigt werden, dass die Bitterstoffe aus Kakao oder Grüntee einen vorbeugenden Effekt aufweisen können. Allerdings müssen täglich beträchtliche Mengen verzehrt  werden, um eine Wirkung zu erzielen.

Ähnliches gilt auch für Tomaten.

Sie enthalten einen Cocktail von etwa 30 Substanzen, die das Anheften von Blutplättchen normalisieren können.

Um nicht täglich zwei Teller Tomatensuppe verspeisen zu müssen, wurden Tomatenextrakte entwickelt und getestet.

In mehreren klinischen Studien zur Blutgerinnung konnte belegt werden, dass wässrige Tomatenextrakte  die Tendenz des Verklebens der Thrombozyten normalisiert.

Das bedeutet: ein Anheften durch unspezifische Reize (mechanischer Stoß aber auch durch Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen, Langzeitflüge) wird deutlich verringert (4).

Auf der anderen Seite wird die Blutgerinnung einer offenen Wunde nicht beeinflusst. Wer z. B. einen schweren Fahrradunfall hat, muss also keine Sorgen haben, dass eine Not-OP verschoben werden muss.

Die Ergebnisse der Tomatenextrakt-Studien waren so überzeugend, dass das zuständige Institut der EU, einen sog. „Health Claim“ genehmigt hat: „der Tomatenextrakt unterstützt die normale Blutplättchenfunktion“.

Vor kurzem wurde der Tomatenextrakt mit ASS verglichen (5)

Die Wirkung des Tomatenpräparats entspricht etwa einem Drittel einer Handels-üblichen ASS-Tablette (75 mg).

Auf dem Markt gibt es inzwischen einige Präparate, die den Tomaten-Extrakt enthalten.

Ein Präparat ist zudem vegan und wird in Cellulose-Kapseln angeboten.

Gut zu wissen:
Dr. Henning Vollert hat in Kiel und Hamburg Biologie studiert und am Zentrum für Molekulare Neurobiologie promoviert. Anschließend war er leitender Angestellter bei der Evotec AG und Sanofi AG.

Er hat u. a. Projekte (bis zum jeweiligen Entwicklungskandidaten) im Bereich der Herzkreislauf- und Metabolismus-Forschung geführt (u. a. 4 Jahre als Section Head der „Cardiotechnology“ der Herzkreislaufforschung von Aventis (jetzt Sanofi)  sowie mehrere Verbundprojekte mit Universitäten und Max-Planck-Instituten initiiert und koordiniert.

Im Jahr 2009 hat er die Bioactive Food GmbH gegründet. Schwerpunkt ist die Forschung im Bereich der Ernährungsmedizin. In Kooperation mit akademischen Partnern wurden vor allem Gemüseextrakte zur Prävention von Diabetes, Makulardegeneration, Osteoporose und Schlafstörungen entwickelt.

Die Präparate, die in den Humanstudien erfolgreich waren, werden nun in der firmeneigenen Manufaktur hergestellt und vertrieben.

In Zusammenarbeit mit der Klinik für Dermatologie (Charité Berlin) wurde durch Zufall eine natürliche „Faltenbremse“ entwickelt. Die meisten Forschungsprojekte wurden durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung oder das Land Schleswig-Holstein gefördert.

Gut zu wissen:
ASS hat bei etwa einem Drittel der Menschen keine Wirkung auf die Blutgerinnung (A). Vermutet wird eine Genvariante, die die chemische Verbindung zwischen ASS und dem Zielmolekül verhindert. So nehmen tausende Menschen ASS ein, obwohl die erhoffte präventive Wirkung auf den Blutfluss gar nicht eintreten kann.

Referenzen:
1 Seshasai SR1, Wijesuriya S, Sivakumaran R, Nethercott S, Erqou S, Sattar N, Ray KK. Arch Intern Med. Effect of aspirin on vascular and nonvascular outcomes: meta-analysis of randomized controlled trials. 2012;172(3):209-216

2. Deutsche Herzstiftung https://www.herzstiftung.de/ASS-Herzinfarkt.php

3. Freisling H. et al. Lifestyle factors and risk of multimorbidity of cancer and cardiometabolic diseases: a multinational cohort study. BMC Med. 2020 Jan 10;18(1):5.

4. O’Kennedy N., Raederstorff D., Duttaroy A., Fruitflow®: the first European Food Safety Authority‑approved natural cardio‑protective functional ingredient. Eur J Nutr. 2017; 56(2): 461–482.

5. O'Kennedy N, Crosbie L, Song HJ, Zhang X, Horgan G, Duttaroy AK.  A randomised controlled trial comparing a dietary antiplatelet, the water-soluble tomato extract Fruitflow, with 75 mg aspirin in healthy subjects. Eur J Clin Nutr. 2017 Jun;71(6):723-730

a. Patrono C, Rocca B. Aspirin, 110 years later. J Thromb Haemost. 2009 Jul;7 Suppl 1:258-61.