Zwei Fliegen mit einer Klappe: Entzündung gehemmt, Knochenheilung gefördert
Neue Therapiemöglichkeit für rheumatoide Arthritis und Osteoporose
Pierre-August Renoir, Alfred Hitchcock und John F. Kennedy sollen darunter gelitten haben. Zuletzt machte die dänische Tennisspielerin Caroline Wozniacki Schlagzeilen mit der Diagnose „rheumatoide Arthritis“.
Die Krankheit führt zu zermürbenden, anhaltenden Schmerzen sowie zur Zerstörung von Knochen und Gelenken.
Heilen kann man die Erkrankung noch nicht ganz, jedoch lässt sich die Entzündung und Gelenkzerstörung durch moderne Medikamente heute gezielt behandeln.
Ein Forschungsteam des Deutschen Zentrums für Immuntherapie am Universitätsklinikum Erlangen und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) konnte nun zeigen, dass eine neue Gruppe der Antirheumatika, sogenannte Janus-Kinase-Hemmer, nicht nur Entzündung hemmt, sondern auch die Knochenheilung fördert – ein bislang unerreichtes Therapieziel.
Die Ergebnisse wurden nun im renommierten Fachjournal „Science Translational Medicine“* veröffentlicht.
Rheumatoide Arthritis ist die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung in Deutschland und kann sowohl Kinder als auch Erwachsene betreffen.
Die Erkrankung wird durch eine Autoimmunreaktion gegen das Gelenk ausgelöst. Ein fehlgesteuertes Immunsystem erkennt dabei das Gelenk fälschlicherweise als „fremd“, wobei es zu einer Entzündungsreaktion kommt, die sich so einfach nicht mehr abstellen lässt.
Dieser Prozess führt, wenn unerkannt oder unbehandelt, zur schleichenden Zerstörung der Gelenke und Knochen.
In den letzten Jahren wurden immer bessere Therapien für die rheumatoide Arthritis entwickelt, die gezielt die Entzündung im Gelenk hemmen können.
Dabei kommen neuerdings auch Hemmer der sogenannten Janus-Kinase zur Anwendung.
Die Janus-Kinase – nach dem zweiköpfigen römischen Gott Janus benannt, da diese aus zwei Teilen besteht – ist ein Enzym, welches in Immunzellen sitzt und die Wirkung entzündungsfördernder Botenstoffe vermittelt.
Janus-Kinase-Hemmer fördern den Knochenaufbau
Susanne Adam, Axel Hueber und Silke Frey vom Deutschen Zentrum für Immuntherapie und der Medizinischen Klinik 3 konnten nun zeigen, dass Hemmer der Janus-Kinase neben ihrer Wirkung auf die Entzündung auch einen sehr starken Effekt auf die Knochenheilung aufweisen.
Dabei stimulieren Janus-Kinase-Hemmer die knochenaufbauenden Zellen des Körpers, auch Osteoblasten (aus dem Griechischen: ostéon: Knochen, blastós: Spross) genannt, und regen diese an, Knochensubstanz zu produzieren. Dies führt dazu, dass sich bestehende Knochenschäden bei Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis zurückbilden.
Da Janus-Kinase-Hemmer bereits für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen sind, haben diese Erkenntnisse unmittelbare Auswirkungen für Patientinnen und Patienten.
Darüber hinaus könnten Janus-Kinase-Hemmer auch positive Auswirkungen auf Osteoporose haben, die gerade bei Patientinnen und Patienten mit entzündlichen Erkrankungen sehr häufig vorkommt. Hierzu gibt es bereits erste Hinweise in laufenden Untersuchungen von Dr. Arnd Kleyer, Medizinische Klinik 3, der die Osteoporose-hemmende Wirkung von Janus-Kinase-Hemmern in einer größeren Gruppe von Betroffenen der rheumatoiden Arthritis erforscht.
Medizinische Forschung in Erlangen
Die Arbeit entstand im Rahmen des Verbunds des Deutschen Zentrums für Immuntherapie in Erlangen, der Wissenschaft und Klinik eng miteinander verbindet. „Die beste Behandlung von Patienten mit schweren Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, wird vor allem durch neue Erkenntnisse aus der Forschung ermöglicht und stetig erweitert.
An der FAU Erlangen-Nürnberg und am Universitätsklinikum Erlangen haben wir heute exzellente Möglichkeiten geschaffen, dass Wissenschaftler und Ärzte eng miteinander zusammenarbeiten und dadurch Patienten rasch von neuen Forschungserkenntnissen profitieren können“, meint Prof. Dr. Schett, Sprecher des Sonderforschungsbereichs 1181 und Ko-Sprecher des Deutschen Zentrums für Immuntherapie.
Mitteilung
Mitteilung der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vom 20. Februar 2020
Originalpublikation:
DOI: 10.1126/scitranslmed.aay4447