Gute Vorsätze
Warum es uns so schwer fällt, sie umzusetzen
Zum neuen Jahr ist es wieder soweit: die guten Vorsätze stehen an.
Aber warum fällt es uns eigentlich so schwer, sie tatsächlich umzusetzen?
Darüber spricht Prof. Bernhard Strauß, Direktor des Instituts für Psychosoziale Medizin und Psychotherapie, im Interview.
Abnehmen, nicht mehr Rauchen, Vegetarier werden – gute Vorsätze gehören zu Neujahr wie der Sekt. Sind sie für die Änderung des Lebensstils tatsächlich sinnvoll?
Prof. Strauß: Neujahrsvorsätze sind nur bedingt sinnvoll. Der Jahreswechsel als kalendarische Zäsur bietet sich für viele Menschen zwar als eine Art symbolischer Wendepunkt an.
Doch letztlich ist das nur eine Äußerlichkeit und Äußerlichkeiten sind bei der Umsetzung guter Vorsätze nicht entscheidend.
Worauf es ankommt, ist der innere Zustand, die richtige innere Einstellung. Fehlt die, hilft auch ein noch so besonderes Datum nicht.
Forschungen aus der Sozialpsychologie zeigen, dass die meisten guten Vorsätze für das neue Jahr nicht umgesetzt werden.
Schon Ende Januar sind 40 Prozent von ihnen über den Haufen geworfen. Das ist dann eigentlich nur gut für die Fitnessstudios, mit denen man einen teuren Jahresvertrag abgeschlossen hat.
Warum ist das so?
Prof. Strauß: Viele Menschen nehmen sich für das neue Jahr etwas vor, von dem sie meinen, dass es sinnvoll wäre oder dass es alle anderen auch machen – von dem sie aber für sich eigentlich nicht überzeugt sind.
Heraus kommen dann meist eher unverbindliche Ziele nach dem Motto „Ich könnte ja vielleicht… mit dem Rauchen aufhören“.
Der Druck zur Veränderung ist da eher gering, also ändert man auch nichts oder gibt den Versuch schnell auf.
Mehr Erfolg haben Änderungen, die durch ein konkretes Erlebnis ausgelöst wurden.
Häufig sind das körperliche Signale bis hin zur gesundheitlichen Krise, die zeigen: Es geht nicht so weiter, ich muss etwas tun. Aber auch eine neue Partnerschaft kann Auslöser sein.
Frisch verliebt ist die Bereitschaft zu Veränderungen des Lebensstils größer. Der Kalender ist da egal.
Was hilft praktisch bei der Verwirklichung guter Vorsätze?
Prof. Strauß: Eine konkrete Planung mit realistischen Zielen, die sich ohne Zwang oder Qual angehen lassen.
Nicht gleich von Null auf Hundert springen, das meine ich jetzt nicht nur auf den Sport bezogen. Besser sind kleine, überschaubare Schritte, je präziser definiert, desto besser.
Zum Beispiel einmal in der Woche eine halbe Stunde Laufen oder in den Sportverein gehen. Das ist abrechenbar, damit schafft man sich Erfolgserlebnisse, für die man sich dann auch gelegentlich mal belohnen sollte.
Nicht zu vergessen der soziale Aspekt: Gemeinsam mit Freunden lassen sich gute Vorsätze oft besser angehen.
Auch äußere Umstände spielen eine Rolle. Wer es zum Beispiel genießt, draußen in der Landschaft Sport zu treiben, wird wahrscheinlich eher dabei bleiben.
Welche Konstellationen sollte man meiden?
Prof. Strauß: Sich mitten im beruflichen Stress das Rauchen abzugewöhnen, das funktioniert eher nicht. Besser ist es, damit in einer Entspannungsphase wie im Urlaub zu beginnen.
Warum ist es eigentlich so schwer, den inneren Schweinehund zu besiegen?
Prof. Strauß: Die Dinge, die man ändern möchte, haben eben auch ihre positiven Seiten. Dass das Essen schmeckt, macht das Abnehmen schwer. Auf der Couch liegen und fernzusehen, kann eine gemütliche Sache sein.
Diese Ambivalenzen machen es nicht einfach.
Hinzu kommt, dass wir gern an lang gepflegten und lieb gewonnenen Gewohnheiten festhalten und uns nur ungern umstellen. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier.
Wer ist bei der Umsetzung guter Vorsätze eigentlich konsequenter: Frauen oder Männer?
Prof. Strauß: Frauen und Männer nehmen sich zum Jahreswechsel zwar Unterschiedliches vor.
Frauen wünschen sich mehr Entspannung und Entlastung, Männer wollen vor allem Gewicht verlieren.
Hinsichtlich der der Konsequenz oder eben Nicht-Konsequenz bei der Umsetzung gibt es aber keine geschlechterbedingten Unterschiede.
Haben Sie sich eigentlich auch schon mal etwas für das neue Jahr vorgenommen?
Prof. Strauß: Als ich noch Raucher war, habe ich einige Male den Neujahrsvorsatz gefasst, das Rauchen zu lassen. Ohne Erfolg. Geklappt hat es erst Jahre später, was nichts mit Neujahr, sondern mit innerer Überzeugung zu tun hatte.
Quelle:
Das Interview wurde am 2. Januar 2020 im Universitätsklinikum Jena geführt