Schlafkrankheit soll bald eliminiert werden

Neues Medikament erlaubt es, die Tropenkrankheit wirksam zu bekämpfen.

Identifiziert wurde der Wirkstoff in Basel.

Kürzlich verzeichnete das Schweizerische Tropen- und Public Health-Institut in Basel (Swiss TPH) einen grossen Erfolg: Das Medikament Fexinidazol erhielt eine Empfehlung der EU-Arzneimittelbehörde und kurz darauf die Zulassung in der Demokratischen Republik Kongo.

Fexinidazol wurde vom Swiss TPH entscheidend mitentwickelt. Es ist das erste oral anwendbare Mittel, welches sich als wirksam gegen beide Stadien der Schlafkrankheit zeigt und erheblich weniger starke Nebenwirkungen aufweist als die bisherigen Therapien. Damit hofft man, die Schlafkrankheit praktisch eliminieren zu können.

Forschung mit langem Atem

Bereits vor gut 70 Jahren begann das mit der Universität Basel assoziierte Tropeninstitut mit der Erforschung und Bekämpfung der Schlafkrankheit. «Wunder dauern etwas länger», ist man geneigt zu sagen, aber dieser Spruch trifft auf Fexinidazol nur annähernd zu. Lange gedauert hat es sicherlich, aber dass es so weit gekommen ist, ist nicht einem Wunder zu verdanken, sondern jahrelanger, zum Teil mühseliger Forschungsarbeit im Labor und im Feld, vor allem im Kongo.

«Der Erfolg ist vor allem auf die gute Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Akteuren zurückzuführen», sagt der Pharmakologe Prof. Christian Burri vom Swiss TPH. «Beispielsweise mit der Organisation Drugs for Neglected Diseases Initiative, einer gemeinnützigen Initiative für die Entwicklung von Medikamenten gegen vernachlässigte Krankheiten. Oder dank der Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden und mit der französischen Pharmafirma Sanofi, welche das Medikament herstellt und gratis liefert.»

Lebensbedrohliche Tropenkrankheit

Schlafkrankheit – der Name klingt fast harmlos. Doch es handelt sich um ein schreckliches Leiden, das bei den Patienten in einem fortgeschrittenen Stadium schwerste psychische Störungen hervorruft und zudem das Schlafschema (deshalb der Name) zunehmend stört. So schlafen die Betroffenen plötzlich ein oder sind in der Nacht wach.

Und manchmal singen sie. Eine gespenstische Krankheit, die auch für das Umfeld der Patienten sehr belastend ist. Ohne Behandlung führt die Krankheit ins Koma und meist nach Jahren, zum Tod. Die Krankheit kommt in tropischen Regionen Afrikas vor, über 90 Prozent der Fälle im Kongo.

Verantwortlich für dieses Drama ist der nur wenige Mikrometer grosse Parasit Trypanosoma brucei. Übertragen wird er von der Tsetsefliege. Nur wenige dieser bremsenähnlichen Plagegeister sind selbst von dem Parasiten befallen, aber wenn sie es sind, dann können sie Trypanosomen mit jedem Stich übertragen.

Ausserdem sind Tsetsefliegen überaus aggressiv und schnell. «Selbst Autos verfolgen sie in Schwärmen in einem Tempo von bis zu 60 km/h», sagt Pharmakologe Burri, der sich seit bald 30 Jahren mit der Schlafkrankheit befasst.

Durchbruch nach 70 Jahren

Die Tsetsefliege rückte schon bald nach der Gründung des damaligen Tropeninstituts 1943 ins Zentrum des Interesses, und bis 2010 prägte sie sogar dessen Logo. Seinem Gründungsdirektor Rudolf Geigy war es als Erstem gelungen, Tsetsefliegen unter Laborbedingungen zu züchten. Früh war das Tropeninstitut auch mit Forschern und Feldlaboratorien in Afrika vor Ort. Zu Forschungszwecken wurden Trypanosomenstämme isoliert und versucht, ihre Schwachstellen zu eruieren.

Nach und nach wurden Medikamente gegen die Schlafkrankheit entwickelt, aber sie waren zum Teil wenig effektiv und hatten – wegen Inhaltsstoffen wie etwa Arsen – starke Nebenwirkungen. Bis heute war die Hospitalisierung der Patienten notwendig, weil Injektionen verabreicht oder Infusionen gesteckt werden mussten.

Vor einigen Jahren ersetzte eine besser verträgliche Therapie das alte, arsenhaltige Medikament. Leider war auch diese wenig feldtauglich. «Bei dieser Kombinationstherapie fiel ein Kubikmeter Material pro vier Patienten an», erklärt Burri. Weil die Krankheit praktisch immer fern aller Infrastruktur im Busch auftritt, waren die logistischen Herausforderungen enorm.

Fexinidazol wurde schliesslich Mitte der Nullerjahre im Rahmen eines Screeningprogramms nach neuen Wirkstoffen gegen die Schlafkrankheit entdeckt. In Laborversuchen am Swiss TPH erwies sich der Wirkstoff als sehr effizient gegen den Erreger der Schlafkrankheit und konnte sich auch in weiteren Entwicklungsphasen als erstes orales Medikament behaupten.

Rein orale Behandlung

Fexinidazol ist eine simple Tablette, die eine Woche lang dreimal täglich verabreicht wird. Gemäss klinischen Studien ist diese Therapie bei über 90 Prozent der Patienten erfolgreich. Diese waren nach 18 Monaten noch am Leben und frei von Parasiten. Damit wird ein riesiger Schritt in Richtung der für 2020 geplanten Elimination der Krankheit als Problem der öffentlichen Gesundheit gemacht.

Um auch das für 2030 gesteckte Ziel einer vollständig gestoppten Übertragung zu erreichen, sind aber weitere Anstrengungen notwendig. Die Behandlung muss so einfach wie nur möglich werden. Während Fexinidazol den Patienten in Kürze zur Verfügung stehen wird, arbeiten dieselben Partner bereits an klinischen Studien zu einer neuen Substanz, die, wenn die Tests erfolgreich verlaufen, die Krankheit mit einer einzigen Dosis heilen sollte.

Quelle:
Mitteilung der Universität Basel vom 26. März 2019