Patientenverfügung – wichtig, doch kaum genutzt

... darum klären die UPD-Experten auf

In Deutschland hat nur knapp jeder dritte Intensivpatient (29,4 Prozent) eine Patientenverfügung. Das geht aus einer Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) hervor. Annähernd die Hälfte der geprüften Dokumente waren fehlerhaft ausgefüllt und daher nur schwer interpretierbar. Ein Problem, wenn Sie in eine Situation geraten, in denen Sie selbst keine eigene Entscheidung mehr treffen oder äußern können.

Ein Unfall, eine Krankheit oder Komplikationen bei einer Operation:
Mit einer Patientenverfügung stellen Sie sicher, dass Sie entscheiden, was mit Ihnen geschieht – auch wenn Sie selbst sich nicht dazu äußern können.

Die Experten der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD) beraten Ratsuchende in sozialrechtlichen Fragen – unter anderem rund um die Patientenverfügung.

Heike Morris, Juristische Leiterin der UPD, erklärt, worauf Sie achten sollten.

Was steht in einer Patientenverfügung?
 In Ihrer Patientenverfügung legen Sie fest, welche ärztliche und pflegerische Behandlung Sie im medizinischen Ernstfall wünschen. Vor allem geht es dabei um den Umfang der lebenserhaltenden und -verlängernden Maßnahmen wie Wiederbelebungsmaßnahmen – oder ob Sie diese ablehnen.  

Was ist ein solcher medizinischer Ernstfall?  
Ein sogenannter medizinischer Ernstfall liegt vor, wenn Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, bewusst zu entscheiden und zu sagen, was Sie möchten – und was nicht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sie nach einem Unfall im Koma liegen. Jeder von uns kann plötzlich in eine solche Situation geraten, auch schon in jungen Jahren. Ich rate deshalb jedem, sich frühzeitig damit zu beschäftigen, wie er oder sie im Ernstfall behandelt werden möchte und dies in einer Patientenverfügung festzuhalten. Auch in der Familie oder im Freundeskreis sollte offen über dieses Thema gesprochen werden.  

Wie konkret muss die Patientenverfügung formuliert sein?  
Formulieren Sie Ihre Vorgaben zu lebenserhaltenden Maßnahmen, Schmerz- und Symptombehandlung sowie künstlicher Ernährung so präzise wie möglich. Sie steigern damit die Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Vorgaben im Ernstfall berücksichtigt werden – und nicht andere für Sie entscheiden.

Allgemeine Aussagen wie „Ich will nicht an Schläuchen hängen“ oder „Wenn mein Leben einmal nicht mehr erträglich sein sollte“ sind nicht konkret genug. Sie bieten zu viele Interpretationsmöglichkeiten. Möglicherweise ist eine Situation, die für Sie unerträglich ist, für einen anderen Menschen noch hinnehmbar.

Lassen Sie sich auch von Ihrem Hausarzt beraten – schließlich kann man nur das beschreiben, was man versteht.  

Was passiert, wenn eine Situation eintritt, die ich in meiner Patientenverfügung nicht geregelt habe?  
Eine Patientenverfügung wird nie abschließend alle möglichen Situationen regeln, in der sie zum Einsatz kommen kann. Aber sie kann und soll aufzeigen, wie Sie entscheiden würden, wenn Sie könnten.

  • Wie ist Ihre Einstellung zu Leben, Krankheit und Sterben?
  • Wovor haben Sie Angst und warum?
  • Sind Sie gläubig?
  • Wenn ja, welchen Einfluss hat Ihr Glaube auf Entscheidungen, die Ihre Gesundheit und Ihr Leben bestimmen?

Je mehr Rückschlüsse Ihre Patientenverfügung auf Ihre Persönlichkeit zulässt, desto besser kann der Arzt im Ernstfall rekonstruieren, was Sie in einer Situation gewollt hätten, die in Ihrer Patientenverfügung nicht beschrieben ist.  

Was ist, wenn ich im Ernstfall keine Patientenverfügung habe?  
Dann muss der behandelnde Arzt versuchen, Ihren Willen mit Hilfe Ihrer Angehörigen und anhand früherer Äußerungen nachzuvollziehen. Ehepartner oder Kinder können in einer solchen Situation nur dann rechtsverbindlich für Sie entscheiden, wenn sie als Bevollmächtigte von Ihnen beauftragt oder sie als rechtliche Betreuer eingesetzt sind. Bei Meinungsverschiedenheiten über die Fortsetzung oder den Abbruch einer Behandlung entscheidet letztlich das Gericht.

Mit einer Patientenverfügung stellen Sie also sicher, dass Ihre persönlichen Wünsche im Ernstfall berücksichtigt werden und entlasten Ihre Angehörigen davon, an Ihrer Stelle Entscheidungen treffen zu müssen, die über Ihr Leben oder Ihren Tod entscheiden können.

Ich habe meinen Kindern eine Vorsorgevollmacht ausgestellt. Brauche ich zusätzlich eine Patientenverfügung?
Eine Vorsorgevollmacht kann eine Patientenverfügung grundsätzlich nicht ersetzen. Häufig muss ein Betreuungsgericht Entscheidungen bestätigen, die auf den Aussagen Ihrer Angehörigen oder anderer Vertrauenspersonen mit einer Vorsorgevollmacht beruhen. Das soll Missbrauch vorbeugen und Sie schützen. Andererseits braucht eine gerichtliche Bestätigung Zeit. Eine von Ihnen ausdrücklich gewünschte Behandlung kann dadurch hinausgezögert oder Ihr Leiden verlängert werden.  

Gibt es Vorlagen, die ich für meine Patientenverfügung nutzen kann?  
Im Netz finden Sie zahlreiche Vorlagen und Textbausteine für eine Patientenverfügung. Besonders hilfreich ist die Informationsbroschüre „Patientenverfügung“, die Sie kostenlos auf der Website des Bundesjustizministeriums für Justiz und Verbraucherschutz herunterladen können - www.bmjv.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Patientenverfuegung.html). Darin wird gut verständlich erklärt, worauf es bei einer Patientenverfügung ankommt. Außerdem enthält die Broschüre Textbausteine, die Sie für Ihre persönliche Patientenverfügung nutzen können.  
 
Bitte beachten:
Die kostenfreie Beratungsleistung der UPD umfasst keine Überprüfung oder gemeinsames Ausfüllen Ihrer persönlichen Patientenvollmacht.

Sie haben Fragen rund um die Patientenverfügung?

Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD) berät Sie gern. 

  • Worauf muss ich achten, wenn ich eine Patientenverfügung aufsetze?
  • Welche Inhalte sind wichtig?
  • Wie oft sollte ich meine Patientenverfügung aktualisieren?
  • Wo bewahre ich meine Patientenverfügung sicher auf und wen sollte ich darüber informieren?
  • Brauche ich einen Notar oder kann ich die Patientenverfügung auch selbst aufsetzen?  

Diese und weitere Fragen beantwortet Ihnen gern die Unabhängige Patientenberatung Deutschland (UPD). Die Beratung ist kostenfrei und steht allen Ratsuchenden unter der Rufnummer 0800 011 77 22 an 80 Stunden in der Woche zur Verfügung. Mehr Informationen über die UPD finden Sie unter www.patientenberatung.de.

Über die Unabhängige Patientenberatung Deutschland, UPD
Die UPD Patientenberatung Deutschland gGmbH (UPD) mit Sitz in Berlin ist eine gemeinnützige Einrichtung. Sie hilft Ratsuchenden, sich im deutschen Gesundheitssystem besser zurechtzufinden und Entscheidungen im Hinblick auf medizinische oder sozialrechtliche Gesundheitsfragen selbstbestimmt, eigenverantwortlich und auf informierter Grundlage zu treffen.  

Gut erreichbar, bürgernah, qualifiziert:
Das Beratungsangebot der UPD Die unabhängige, neutrale, kostenfreie und evidenzbasierte Beratung der UPD ist für alle Menschen in Deutschland zugänglich – egal, ob sie gesetzlich, privat oder nicht krankenversichert sind. Ratsuchende können die Patientenberatung unkompliziert und auf vielen Wegen erreichen: per Telefon, Post, Mail, oder Onlineberatung, in den 30 festen Beratungsstellen und an weiteren 100 Standorten in Deutschland, die regelmäßig von einem der drei UPD-Mobile angesteuert werden. 

Neben medizinischen Fachteams und Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen gehören auch Juristen und Sozialversicherungsfachangestellte zum UPD-Beraterteam. Dem gesetzlichen Auftrag (§ 65b des Sozialgesetzbuchs V) entsprechend macht die Patientenberatung über die individuelle Beratung hinaus Politik und Entscheidungsträger auf Fehlentwicklungen im Gesundheitswesen aufmerksam, unterbreitet Lösungsvorschläge aus Patientensicht und stärkt auf diese Weise die Patientenorientierung im Gesundheitswesen.   

UPD – Die kostenlose Patientenauskunft für Deutschland im Serviceüberblick 
Die telefonische Beratung der UPD steht über – aus allen Netzen, auch Mobilfunk – kostenlose Rufnummern auf Deutsch, Türkisch, Russisch und Arabisch zur Verfügung und ist wie folgt erreichbar: Beratung in deutscher Sprache, Rufnummer: 0800 011 77 22, Zeiten: montags bis freitags von 8.00 bis 22.00 Uhr und samstags von 8.00 bis 18.00 Uhr.  Fremdsprachige Angebote: Beratung Türkisch, Rufnummer: 0800 011 77 23, Zeiten: montags bis samstags von 8.00 bis 18.00 Uhr; Beratung Russisch, Rufnummer: 0800 011 77 24, Zeiten: montags bis samstags von 8.00 bis 18.00 Uhr; Beratung Arabisch, Rufnummer: 0800 332 212 25, Zeiten: dienstags 11.00 bis 13.00 Uhr und donnerstags 17.00 bis 19.00 Uhr.
 
Der Beratungs-Service vor Ort oder im UPD Beratungsmobil kann nach telefonischer Terminabstimmung genutzt werden, und zwar unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 011 77 25 (Zeiten: Mo – Fr 8.00 bis 22.00 Uhr, Sa 8.00 bis 18.00 Uhr).

Die Adressen der 30 Vor-Ort-Beratungsstellen sowie eine Übersicht über die 100 Städte, in denen das Beratungsmobil Halt macht, stehen unter www.patientenberatung.de.  

Weitere Informationen, auch zu Online-Beratungsmöglichkeiten und der App, finden Ratsuchende unter www.patientenberatung.de