Divertikel im Darm: Wann müssen sie behandelt werden?

Fast könnte man sie als normale Alterserscheinung betrachten

Kleine Ausstülpungen der Darmwand, sogenannte Divertikel, die sich bei knapp zwei Dritteln der über 70-Jährigen finden. Tatsächlich ist die Divertikulose bei den meisten Betroffenen nicht mit Krankheitssymptomen verbunden und daher auch nicht behandlungsbedürftig.

Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) im Vorfeld des diesjährigen Magen-Darm-Tages hin. Bei rund jedem fünften Divertikelträger entwickeln sich jedoch Entzündungen, Blutungen und andere Komplikationen, die zum Teil eine schnelle Therapie erfordern.

Um das Bewusstsein für die weitgehend unbekannte Erkrankung zu schärfen, die immer häufiger auch jüngere Erwachsene betrifft, widmet die Gastro-Liga e.V. der Divertikelkrankheit ihren diesjährigen Magen-Darm-Tag. Am 5. November können sich Betroffene und Interessierte bei Vortragsveranstaltungen im gesamten Bundesgebiet über Ursachen und mögliche Therapien der Divertikelkrankheit informieren.

Wenn sich Divertikel entzünden, sprechen Ärzte von einer Divertikulitis.
In den meisten Fällen macht sich eine solche Entzündung zunächst mit Bauchkrämpfen und Schmerzen im linken Unterbauch bemerkbar. Auch Begleitsymptome wie Blähungen, Stuhlunregelmäßigkeiten, Fieber und blutiger Stuhlgang können auf eine Divertikulitis hindeuten.

„Diese Symptome sollten nicht nur bei älteren Patienten an eine Divertikelkrankheit denken lassen“, sagt Professor Dr. med. Ludger Leifeld, Hauptautor der DGVS-Leitlinie „Divertikulitis/Divertikelkrankheit“ und Chefarzt der Klinik für Allgemeine Innere Medizin und Gastroenterologie am St. Bernward Krankenhaus in Hildesheim. Denn zunehmend seien auch unter 40-Jährige von der Erkrankung betroffen.

Dass sich der Krankheitsbeginn immer häufiger ins junge Erwachsenenalter verschiebt, ist eine Folge des modernen westlichen Lebensstils: Bewegungsmangel und eine ballaststoffarme, fleischlastige Ernährung gelten als Hauptursachen für die Entstehung von Divertikeln. Auch Tabak- und Alkoholkonsum stehen im Verdacht, ihrer Entstehung Vorschub zu leisten. Entsprechend liege der Schlüssel zu einer erfolgreichen Prävention in einem gesunden Lebensstil mit ballaststoffreicher Kost und ausreichend Bewegung.

Das Vorhandensein von Divertikeln ohne Krankheitssymptome macht noch keine Behandlung notwendig.

„Sobald aber Entzündungssymptome auftreten, gehört die Erkrankung in die Hände eines Gastroenterologen“, so Leifeld. Denn wenn eine Divertikulitis zu spät erkannt wird oder unbehandelt bleibt, drohen Komplikationen wie Abszesse, Durchbrüche der Darmwand und Bauchfellentzündungen.

Die Behandlung richtet sich dabei nach dem Schweregrad der Erkrankung. „2014 hat die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV) und anderen Fachgesellschaften die Leitlinie ‚Divertikulitis/Divertikelkrankheit‘ erstellt“, sagt DGVS-Vorstandsmitglied Professor Dr. med. Christian Trautwein. „Die Leitlinie legt fest, dass unkomplizierte Verläufe der Divertikulitis nicht mehr unbedingt mit Antibiotika behandelt werden müssen. Eine leichte und einmalige Entzündung heilt oft von alleine ab.“

Verläuft die Divertikulitis chronisch – also mit mehr als einem Entzündungsschub – wurde früher häufig operiert. Inzwischen weiß man aber, dass nicht sofort nach dem zweiten Entzündungsschub unbedingt eine Operation notwendig ist. Laut aktueller Leitlinie kann mithilfe bildgebender Verfahren, meist Ultraschalluntersuchungen, der Schweregrad der Entzündung wesentlich genauer bestimmt und individuelle Behandlungsstrategien entwickelt werden.

Begriffserklärungen

  • Dickdarm-Divertikel:
    erworbene Ausstülpungen der Darmschleimhaut und der darunter liegenden dünnen Bindegewebsschicht durch muskelschwache Lücken der Dickdarmwand

  • Divertikulose:
    Vorhandensein von Divertikeln im Dickdarm, ohne dass Symptome auftreten

  • Divertikelkrankheit:
    liegt vor, wenn eine Divertikulose zu Symptomen und/oder Komplikationen führt

  • Divertikulitis:
    Entzündung der Divertikel und angrenzender Strukturen

Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 5000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten.

Wer gern mehr erfahren möchte, schaut bitte direkt unter www.dgvs.de