Fitnessarmbänder und Co: nicht unbedingt ein Allheilmittel
Für den Nutzen der digitalen Selbstvermessung fehlen wissenschaftliche Belege
Schrittzähler oder Armbänder, die neben den gegangenen Schritten auch noch die verbrauchten Kalorien, die Herzfrequenz und nachts die Schlafqualität messen, sind allgegenwärtig. Diese sogenannten Fitness-Tracker sollen helfen, gesünder, schlanker und fitter zu werden.
Das Ziel, täglich 10.000 Schritte zu gehen, soll mit dem kleinen Helfer am Handgelenk oder im Handy, besser erreicht werden, als ohne. Aktuelle Studien zeigen, dass die Technik nicht immer ein Garant für Erfolg ist.
Eine Fitness-Studie kam zu dem verblüffenden Ergebnis, dass Teilnehmer mit der elektronischen Abnehmhilfe sogar weniger Gewicht verloren haben, als die ohne Technik. Amerikanische Sportmediziner haben 470 übergewichtige Männer und Frauen im Alter von 18 bis 35 Jahren (mit einem BMI zwischen 25 und 40) an einer Studie teilnehmen lassen.
Nach einem halbjährigen gemeinsamen Verhaltensprogramm zur Gewichtsreduktion wurde die Gruppe geteilt. Alle wurden regelmäßig telefonisch beraten, bekamen Erinnerungen aufs Handy und konnten sich auf einer Internetseite informieren. Eine Gruppe überwachte zudem ihre Aktivitäten und den Kalorienverbrauch über ein Armband, das am Oberarm getragen wurde.
Am Ende der zweijährigen Studienzeit hatten alle Teilnehmer abgenommen. Doch zur allgemeinen Überraschung fiel der Gewichtsverlust in der Gruppe mit FitnessArmbändern mit durchschnittlich 3,5 kg deutlich geringer aus als bei den anderen (im Schnitt 5,9 kg). Offenbar habe der Einsatz der Geräte nicht automatisch dazu geführt, dass sich die Teilnehmer besser an Ernährungs- und Aktivitätsempfehlungen hielten, so der Forscher.
In einer anderen aktuellen Studie wurde untersucht, ob Schrittzähler wirklich helfen, sich mehr zu bewegen. Für die Untersuchung bekamen 800 Arbeiter aus 13 verschiedenen Firmen in Singapur je einen Schrittzähler. Einige Teilnehmer erhielten Geld (15 Singapur-Dollar) oder konnten einen Geldbonus an eine Wohltätigkeitsorganisation spenden, wenn sie ihr Pensum von 50.000 bis 70.000 Schritten pro Woche schafften.
Die körperliche Aktivität der Teilnehmer wurde vor und nach der Studie untersucht. Etwa 40 Prozent der Teilnehmer nutzten den Schrittzähler nach sechs Monaten nicht mehr. Lediglich wer Geld erhielt, erhöhte seine Schrittzahl in den ersten sechs Monaten um 570 Schritte täglich.
Doch nach zwölf Monaten fielen sie auf ihr altes Aktivitätsniveau zurück. Die Kontrollgruppe ohne Schrittzähler, die aber regelmäßig Informationen zu Sporteinheiten erhielt, war nach zwölf Monaten sogar aktiver als alle Teilnehmer mit Schrittzählern. Zum Schluss der Studie nutzten noch zehn Prozent der Teilnehmer den Zähler. Insgesamt, so die Forscherin, sprechen die Ergebnisse dagegen, dass Schrittzähler die körperliche Aktivität wesentlich steigern.
Doch es gibt auch eine Studie, in der Schrittzähler ihren Zweck voll erfüllten. Rheumapatienten sind oft müde und deshalb körperlich nicht aktiv. Die Folge sind Übergewicht, Depressionen und Schlafstörungen.
Dr. Patricia Katz von der Universität von Kalifornien, USA, betont, wie wichtig hier die Motivation zu mehr Bewegung ist. Sie testete in einer Studie mit 96 von Müdigkeit geplagten Rheumapatienten, ob ein einfacher Schrittzähler hilft. Die überwiegend weiblichen Teilnehmer waren im Schnitt 54 Jahre alt und gingen nur 3710 Schritte pro Tag.
Alle wurden über die Bedeutung von körperlicher Aktivität aufgeklärt und in drei Gruppen aufgeteilt. Die Teilnehmer der zweiten und dritten Gruppe erhielten jeweils einen Schrittzähler und ein Notizbuch in dem sie ihre täglichen Schrittzahlen protokollierten. Zudem fragten die Forscher alle zwei Wochen ihre Schrittzahlen ab. Gruppe drei musste zusätzlich die Schrittzahl alle zwei Wochen um zehn Prozent erhöhen.
Nach 21 Wochen zeigte sich in Gruppe eins fast keine Veränderung des Aktivitätsniveaus. Bei den Schrittzählerträgern dagegen schon: Gruppe zwei erhöhte ihre Schrittzahl um 87 Prozent, Gruppe drei sogar um 159 Prozent. „Ein Schrittzähler in Kombination mit dem Notieren der erzielten Schritte scheint demnach entscheidend zu sein", so Dr. Katz.
Alle Teilnehmer berichteten von weniger Müdigkeit, je mehr sie sich bewegten. „Mehr Bewegung hilft nicht nur gegen Müdigkeit, sondern kann auch die Stimmung verbessern, dazu beitragen ein gesundes Gewicht zu halten und zudem die kardiovaskulären Risikofaktoren sowie die allgemeine Funktionsweise verbessern.“
Weitere Informationen erhalten Sie auch direkt beim Deutschen Grünen Kreuz e.V. unter www.dgk.de
Quellen:
1. Ärztezeitung online vom 12.10.2016: Fett trotz App 2. John M. Jakicic, et al.: Effect of Wearable Technology Combined With a Lifestyle Intervention on Long-term Weight Loss; JAMA. 2016;316(11):1161-1171. doi:10.1001/jama.2016.12858
3. Finkelstein E.A.et al.: Effectiveness of activity trackers with and without incentives to increase physical activity (TRIPPA): a randomised controlled trial; Lancet Diabetes Endocrinol. 2016 Dec;4(12):983-995. doi: 10.1016/S2213-8587(16)30284-4.