Hilft Antibiotikatherapie bei immunvermittelten Nierenerkrankungen?

Eine Antibiotikabehandlung, die bestimmte Darmbakterien bekämpft, könnte Patienten mit immunvermittelten Nierenerkrankungen helfen.

Experimentelle Untersuchungen von Wissenschaftlern des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) haben hier wesentliche Erkenntnisse geliefert.

Die UKE-Forscher haben ihre neuesten Untersuchungsergebnisse zu autoimmunen Nierenerkrankungen jetzt in der renommierten Fachzeitschrift Immunity veröffentlicht.

Autoimmunerkrankungen der Niere, sogenannte Glomerulonephritiden, sind in der westlichen Welt eine der häufigsten Ursachen für das Auftreten eines dialysepflichtigen terminalen Nierenversagens; etwa 10 bis 15 Prozent der Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz sind von einer Glomerulonephrititis betroffen. Hierbei greift das Immunsystem in einer Art überschießenden Entzündungsreaktion das körpereigene Gewebe an.

„Das Problem der meisten gegenwärtig verfügbaren medikamentösen Behandlungen bei Autoimmunerkrankungen ist, dass man das Immunsystem nahezu voll-ständig hemmen muss und so den Behandlungserfolg mit großen Nebenwirkungen erkauft“, erläutert Prof. Dr. Ulf Panzer von der III. Medizinischen Klinik im UKE und Co-Sprecher des Sonderforschungsbereichs 1192.

TH17-Zellen begünstigen Nierenschädigung
Charakteristisches Merkmal bei Patienten mit Glomerulonephritis ist die Einwanderung von Entzündungszellen in das Nierengewebe. Je höher das Ausmaß der Zellinfiltration, desto ungünstiger die Prognose für den Patienten. „Insbesondere sogenannte TH17-Zellen begünstigen die Schädigung des Nierengewebes und tragen zum Funktionsverlust der betroffenen Nieren bei“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Christian Krebs, ebenfalls aus der III. Medizinischen Klinik.

Die beiden Wissenschaftler haben in ihrer Untersuchung ein bisher nicht bekanntes Konzept für die Herkunft der krankheitsfördernden TH17-Zellen bei Glomerulonephritis nachgewiesen. Im Labor konnten sie zeigen, dass pathogene TH17-Zellen aus dem Darm in die Nieren wandern können und dort die Entzündungsreaktion forcieren.

„Solche intestinalen TH17-Zellen sind auf Bakterien im Darm angewiesen. Eine Antibiotikatherapie, die spezifische Bakterienstämme im Stuhl dezimiert, ist in der Lage, diese Immunzellen und damit in der Folge auch den Nierenschaden zu reduzieren“, erläutert Prof. Panzer.

Inwieweit diese neuen Erkenntnisse auf Patienten mit Autoimmunerkrankungen übertragbar sind und sich daraus neue Therapieoptionen ergeben, wird von den Ärzten und Wissenschaftlern des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Sonderforschungsbereichs SFB 1192 „Immune-Mediated Glomerular Diseases“ im UKE zur Zeit untersucht.

An diesem europaweit einzigen interdisziplinären Forschungsverbund, der gemeinsam von Klinikleiter Prof. Dr. Rolf A. K. Stahl und Prof. Panzer geleitet wird, beteiligen sich neben der III. Medizinischen Klinik die I. Medizinische Klinik sowie die Institute für Immunologie, Experimentelle Immunologie und Hepatologie, Pathologie, Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin sowie Zelluläre und Integrative Physiologie.

Quelle:
Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) - www.uke.de   


Literatur:
Krebs et al., Autoimmune Renal Disease is Exacerbated by S1P-Receptor-1-Dependent Intestinal Th17 Cell Migration to the Kidney2016, Immunity 45, 1–15, November 15, 2016. http://dx.doi.org/10.1016/j.immuni.2016.10.020