Simples Protokoll mit bahnbrechendem Effekt für Immuntherapien

Emerging Investigators EHA-EBMT Joint Fellowship Award für die Arbeitsgruppe von Maik Luu

Auf dem EBMT-EHA 7th European CAR-T-cell Meeting Mitte Februar in Straßburg wurde Sarah Staudt aus der Arbeitsgruppe von Juniorprofessor Dr. Mail Luu vom Lehrstuhl für Zelluläre Immuntherapie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) für ihre Studie zum Einfluss des Mikrobioms auf den Erfolg von Immuntherapien ausgezeichnet.

Ihre Daten zeigen, wie das Postbiotikum Pentanoat den Stoffwechsel und die Funktion von Immunzellen beeinflusst.

Pentanoat wird in den Zellstoffwechsel eingebaut und entfaltet dort eine spezifische Wirkung, die dazu führt, dass T-Zellen länger aktiv bleiben, was besonders für CAR-T-Zelltherapien bei Krebserkrankungen wichtig ist.

Würzburg. Im Februar 2022 erhielt Maik Luu als Erstautor einer Studie, die ihn damals von Marburg nach Würzburg führte, den Emerging Investigators EHA-EBMT Joint Fellowship Award in the Field of Cell Therapy and Immunotherapy.

Der Preis ist eine gemeinsame Auszeichnung der European Hematology Association (EHA) und der European Society for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) für aufstrebende Nachwuchsforschende, die in der präklinischen oder klinischen Entwicklung von CAR-T-Zelltherapien oder anderen immun- und zellbasierten Therapien tätig sind.

Drei Jahre später, am 8. Februar 2025, erhielt seine Doktorandin Sarah Staudt beim EBMT-EHA 7th European CAR T-cell Meeting im französischen Straßburg den gleichen mit 10.000 Euro dotierten Preis.

Als Erstautorin leitete die Naturwissenschaftlerin am Lehrstuhl für Zelluläre Immuntherapie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) eine vielversprechende Studie, deren Ergebnisse ihr Arbeitsgruppenleiter, Juniorprofessor Dr. Maik Luu, als Seniorautor auf Europas größtem CAR-T-Zell-Treffen in Straßburg vorstellte.

Sie fanden heraus, dass das Stoffwechselprodukt Pentanoat das Immunsystem stärken kann, indem das Postbiotikum den Zellstoffwechsel und die Genregulation beeinflusst – was neue Wege für effektivere Immuntherapien eröffnen könnte.

„Es ist eine große Ehre für unser junges Labor, dass wir uns gegen so viele ebenso gute Kolleginnen und Kollegen durchsetzen konnten. Und es ist ein schönes Signal, dass die Community sieht, wie wichtig unsere Arbeit ist und wie viel man in Zukunft daraus machen kann“, sagt Maik Luu.

Gleichzeitig bedankt er sich bei den zahlreichen Kooperationspartnerinnen und -partnern für die tolle Teamarbeit und vor allem bei Sarah Staudt, die alles mitbringt, was man sich als Nachwuchswissenschaftlerin wünscht: Intelligenz, Fleiß, Selbstständigkeit und Ausdauer.

Postbiotikum korreliert mit Überleben nach CAR-T-Zelltherapie

Im Fokus der Arbeitsgruppe von Maik Luu steht das Darmmikrobiom und die Frage, welche Rolle die Mikroorganismen beziehungsweise konkret die Stoffwechselprodukte der Darmbakterien für den Erfolg von Immuntherapien mit Antikörpern oder speziellen Abwehrzellen spielen.

Dazu analysierten sie gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Regensburg Stuhlproben von Patientinnen und Patienten vor der Gabe einer CAR-T-Zelltherapie und verglichen sie mit dem Therapieansprechen.

„Tatsächlich korreliert Pentanoat, eine kurzkettige Fettsäure, mit dem Überleben der Patientinnen und Patienten. Mehr Pentanoat im Stuhl bedeutet also ein besseres Ansprechen auf die CAR-T-Zelltherapie“, erklärt Sarah Staudt.

Im nächsten Schritt untersuchte das Team, wie sich das Stoffwechselprodukt Pentanoat nutzen lässt, um die CAR-T-Zellen gezielt zu verbessern. Im in vivo-System der Maus konnte bestätigt werden, dass eine Reprogrammierung der CAR-T-Zellen langfristig zu einer besseren Tumorkontrolle führt.

Stofwechselprodukte des Darmbakteriums werden von Immunzellen verstoffwechselt, was sie aktiver und fitter macht

„Obwohl das Protokoll, also der Einbau des Pentanoats in den Energiestoffwechsel der T-Zelle, so einfach ist, war der Effekt bahnbrechend“, kommentiert Maik Luu. Und natürlich wollte das Team wissen, warum dieses so genannte Postbiotikum eine solche Wirkung auf das Immunsystem hat. Was macht das Pentanoat in der Zelle? „Diese kleinen Substanzen machen tausend Dinge in der Zelle. Es ist nicht ein Mechanismus, sondern es sind viele, die gleichzeitig wirken“, sagt Luu.

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Es findet eine epigenetische Modulation statt.

  • Pentanoat verändert zelluläre Prozesse und genetische Kontrollmechanismen.

  • Zum einen wird die T-Zelle zytotoxischer, kann also Krebszellen effektiver bekämpfen, zum anderen wird die Zelle metabolisch aktiver, also fitter.

Das, so Luu, sei wohl der interessanteste Punkt der Untersuchungen. Denn sie konnten zeigen, dass Stoffwechselprodukte des Bakteriums von Immunzellen verstoffwechselt werden und auch dort in einen Stoffwechsel gelangen, der wiederum die Zelle neu programmiert.

Sarah Staudt erklärt: „Um zu überprüfen, wo die Pentanoat-Atome im Zellstoffwechsel landen, haben wir sie mit schweren Isotopen markiert und massenspektrometrisch verfolgt. Dabei zeigte sich, dass Pentanoat in den Citratzyklus aufgenommen wird, also in den zentralen Stoffwechselweg in den Mitochondrien, der die Zelle mit Energie versorgt. Die Substanz verändert den Stoffwechsel nicht nur indirekt, sondern greift direkt in die biochemischen Abläufe ein. Das führte dazu, dass die T-Zellen weniger erschöpft waren und in einen aktiveren, jüngeren Zustand zurückkehrten“.

Diese Verbindung zwischen Mikroben und menschlichen Immunzellen könnte den jungen Forschenden zufolge genutzt werden, um die Wirksamkeit von Immuntherapien zu verbessern. „Es gibt wohlgemerkt Trilliarden von Bakterien mit noch mehr Stoffwechselprodukten“, erinnert Maik Luu.

Die Substanz Pentanoat, mache neben ihren Bruder- und Schwestermolekülen vielleicht nur einen Bruchteil der Postbiotika aus, aber die Studie zeige, dass die Menge nicht unbedingt den Unterschied macht und Pentanoat durchaus ein prädiktiver Biomarker sein kann, der sich kostengünstig und sicher für therapeutische Zwecke nutzen ließe.

Quelle:
Universitätsmedizin Würzburg - Mitteilung vom  17. Februar 2025

Preprint des Papers „Metabolization of microbial postbiotic pentanoate drives anti-cancer CAR T cells“:

Sarah Staudt, Fabian Nikolka, Markus Perl, Julia Franz, Noémi Leblay, Xiaoli-Kat Yuan, M Larrayoz, Teresa Lozano, Linda Warmuth, Matthias A. Fante, Aistė Skorupskaitė, Teng Fei, Maria Bromberg, Patxi San Martin-Uriz, Juan Roberto Rodriguez-Madoz, Kai Ziegler-Martin, Nazdar Adil Gholam, Pascal Benz, Phuc-Huu Tran, Fabian Freitag, Zeno Riester, Christoph Stein-Thoeringer, Michael Schmitt, Karin Kleigrewe, Justus Weber, Kira Mangold, Patrick Ho, Hermann Einsele, Felipe Prosper, Wilfried Ellmeier, Dirk Busch, Alexander Visekruna, John Slingerland, Roni Shouval, Karsten Hiller, Juan José Lasarte, José Ángel Martinez-Climent, Patrick Pausch, Paola Neri, Marcel van den Brink, Hendrik Poeck, Michael Hudecek, Maik Luu. Metabolization of microbial postbiotic pentanoate drives anti-cancer CAR T cells. bioRxiv 2024.08.19.608538;

doi: https://doi.org/10.1101/2024.08.19.608538

Zur CAR-T-Zelltherapie

Bei der zellulären Immuntherapie wird den weißen Blutkörperchen unseres Immunsystems, den T-Zellen, auf die Sprünge geholfen. Dazu werden die T-Zellen gentechnologisch verändert und im Labor mit einem künstlichen auf die entsprechende Krebsart zugeschnittenen Rezeptor ausgestattet, dem Chimären Antigen Rezeptor, kurz CAR.

Anschließend werden die „scharf gestellten“ T-Zellen als lebendes Medikament der Patientin oder dem Patienten zurückgegeben. Mithilfe des spezifischen Oberflächenmarkers können die CAR-T-Zellen die Tumorzellen im Körper aufspüren und zerstören.