Wenn aus Mitleid Mitleiden wird
Dr. Bastian Willenborg, Ärztlicher Direktor der Oberberg Tagesklinik Bonn, über den Unterschied von Mitgefühl und Mitleid
Täglich gibt es in der Welt neue Schreckensmeldungen.
Die Anteilnahme am Leid der anderen ist groß und setzt wahrscheinlich vielen auch aus der Ferne mental zu.
Es gibt bei der Empathie, die man fühlt oder auch zeigt, zwei Formen: das Mitgefühl und das Mitleid. Wie sich beide unterscheiden und was das mit dem Selbst oder dem Gegenüber macht, erklärt Dr. med. Bastian Willenborg, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Oberberg Tagesklinik Bonn.
Mitgefühl oder Mitleid – wo liegt der Unterschied?
Als Mitgefühl wird die Fähigkeit bezeichnet, sich in die emotionale Lage des Gegenübers einzufühlen – also zu erkennen, dass dort Emotionen wie Freude, Wut oder Trauer empfunden werden. Auch ohne, dass die Erfahrung der anderen Person dabei selbst schon einmal durchlebt werden musste.
„Beim Thema Anteilnahme ist es wichtig, zwischen Mitgefühl und Mitleid zu differenzieren. Denn beide Formen der Anteilnahme unterscheiden sich in zentralen Punkten und wirken auf den Menschen unterschiedlich“, sagt Dr. Willenborg, Facharzt für Psychosomatische Medizin, Psychiatrie und Psychotherapie.
Mitgefühl zeichnet sich dadurch aus, dass zwar das Bedürfnis besteht, jemand anderem helfen zu wollen, das Gegenüber dabei aber vollständig respektiert wird. Das heißt, es wird keine Gegenleistung wie Dankbarkeit erwartet und es wird ebenfalls respektiert, sollte die Hilfe gar nicht gewünscht sein oder angenommen werden. Es handelt sich also um eine wohlwollende Haltung mit mehreren Handlungsoptionen bzw. Lösungsmöglichkeiten.
Währenddessen besteht beim Mitleid häufig ein Ungleichgewicht zwischen der mitleidenden Person und ihrem Gegenüber. Während sich der mitleidende Mensch regelrecht verpflichtet fühlt, etwas zu tun oder Anteil zu nehmen, erhebt er sich zeitgleich über die andere Person und entwickelt möglicherweise sogar eine Erwartungshaltung wie Dankbarkeit für die (angebotene) Hilfe.
Wenn Mitleid krank macht
„Wichtig ist eine Unterscheidung auch deshalb, weil aus Mitleid eigenes Leid entstehen kann, was beim Mitgefühl in der Regel nicht der Fall ist“, so Dr. Willenborg weiter.
„Bemerkt man zum Beispiel, dass die eigene Anteilnahme psychisch zusetzt, man von ihr übermannt wird und ein gesundes Abstandnehmen verloren geht, sollte man aufmerksam werden.“
Oft trifft dies auf Menschen in pflegenden Berufen zu oder auf Menschen, die Angehörige betreuen.
„Anteil zu nehmen, aber auch zu erkennen, dass dem eigenen Wirken Grenzen gesetzt sein können, z.B. bei der Arbeit im Hospiz, ist wichtig, um selbst gesund zu bleiben“, erklärt der Arzt. Sich klarzumachen, dass ein Mensch vielleicht gerade Sorgen oder Angst hat, krank oder verzweifelt ist, kann und darf berühren und zu aktivem Handeln anspornen.
Es sollte aber nicht so weit gehen, dass man sich dabei selbst verliert oder eigene Bedürfnisse vernachlässigt.
Mitgefühl mit sich selbst
Selbstmitgefühl nimmt dabei eine wichtige Rolle ein. Das heißt, sich bewusst zu machen, dass es wichtig und zentral ist, sich beim Kümmern um andere Menschen nicht selbst zu vergessen. Diese sogenannte Self Compassion kann man aktiv lernen. Das Praktizieren der Metta-Meditation stellt eine Möglichkeit dar.
Bei der Meditationstechnik, die aus dem Buddhismus stammt, übt man eine positive Haltung zu seinen Mitmenschen, aber auch zu sich selbst einzunehmen.
Das Wiederholen von Gedanken wie „Mögest du frei sein, mögest du glücklich sein…“ in Bezug auf andere – auch Menschen, mit denen möglichweise gerade ein Konflikt besteht – aber auch in Bezug auf sich selbst, steht dabei im Mittelpunkt.
Durch eine freundlich-mitfühlende Haltung sich selbst gegenüber kann möglicher eigens auferlegter Druck reduziert und depressiven Zuständen vorgebeugt werden.
Außerdem kann durch das Gefühl des Verbunden-Seins mit anderen Menschen die innere Widerstandskraft, Resilienz, gestärkt werden.
Bemerkt man jedoch, dass es nicht mehr möglich ist, Nachrichten einmal beiseitezulegen, eine niedergeschlagene Stimmung anhält oder sich Erschöpfung zeigt, kann ärztlicher Rat sinnvoll sein. Die Oberberg Tagesklinik Bonn bietet hochwertige und individuell auf die betroffene Person ausgerichtet achtsamkeitsbasierte Behandlungen.
Wer gern mehr über die Oberberg Tagesklinik Bonn erfahren möchte, schaut bitte direkt unter https://www.oberbergkliniken.de/tagesklinik-bonn
Über die Oberberg Gruppe:
Die Oberberg Gruppe mit Hauptsitz in Berlin ist eine vor mehr als 30 Jahren gegründete Klinikgruppe mit einer Vielzahl an Fach- und Tageskliniken im Bereich Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie an verschiedenen Standorten in Deutschland.
In den Kliniken der Oberberg Gruppe werden Erwachsene, Jugendliche und Kinder in individuellen, intensiven und innovativen Therapiesettings behandelt. Darüber hinaus existiert ein deutschlandweites Netzwerk aus Oberberg City Centers, korrespondierenden Therapeutinnen und Therapeuten sowie Selbsthilfegruppen.
Weitere Informationen finden Sie direkt unter: www.oberbergkliniken.de