Endlich wieder selbst atmen
Weaning-Station am Universitätsklinikum Jena gestartet
Aus eigener Kraft Luft holen.
Was für gesunde Menschen so einfach und natürlich klingt, müssen beatmete Patientinnen und Patienten oft mühevoll wieder erlernen. Speziell ausgebildete Fachkräfte begleiten sie auf diesem Weg.
Das passiert am Universitätsklinikum Jena (UKJ) nun auf einer dafür eigens geschaffenen Weaning-Station. Patientinnen und Patienten, die mit Langzeitbeatmung von einer der Intensivstationen des UKJ kommen, werden auf der C311 Schritt für Schritt vom jeweiligen Beatmungssystem entwöhnt.
„Unsere neue Weaning-Station bildet eine wichtige Schnittstelle zwischen unseren Intensivstationen und der außerklinischen Rehabilitation und steht für ein wichtiges Versorgungsangebot“, erklärt Pflegedienstleitung Norman Micka.
Auf der Station lernen die Patientinnen und Patienten nicht nur wieder selbstständig zu atmen, sie müssen zunächst die Muskulatur wieder aktivieren und aufbauen, lernen Sekret zu befördern und wieder Kraft in die Stimme zu legen, damit überhaupt ein Ton herauskommt. Dafür arbeitet ein multiprofessionelles Team aus speziell qualifizierten Pflegefachkräften, die beispielsweise Erfahrung in der außerklinischen Rehabilitation mitbringen, Ärztinnen und Ärzten der Anästhesie, Intensivmedizin und Pneumologie sowie Kolleginnen und Kollegen der Atmungs-, Physio- und Ergotherapie, Psychologie, Logopädie und Sozialdienst interdisziplinär eng zusammen. Aktuell sind 12 Pflegekräfte im Einsatz.
„Wir tauschen uns wöchentlich gemeinsam in einem multiprofessionellen Teammeeting über unsere Patientinnen und Patienten aus, besprechen Wochenziele und auch mögliche Neupatienten. In den ersten Wochen hat sich das Team auf Station eingespielt“, erzählt Nicole Herrmann, pflegerische Leitung der Weaningstation. Im Mittelpunkt stehen die Patientinnen und Patienten mit ihrer individuellen Beatmungssituation, die an eine Beatmungsmaschine angeschlossen sind und in den meisten Fällen nach einem Luftröhrenschnitt eine Trachealkanüle tragen.
Das selbstständige Atmen passiert nicht von heute auf morgen, sondern ist ein Prozess. Voraussetzung für die Aufnahme auf die Weaning-Station ist, dass die Grunderkrankung austherapiert ist. Das können neurologische, Atemwegs- und Lungenerkrankungen, Muskelerkrankungen, aber auch chirurgische Eingriffe sein.
„Im Idealfall erzielen wir schon nach wenigen Tagen Fortschritte, aber auch Rückschläge können dazu gehören. Man muss wissen, dass alles für die Patientinnen und Patienten auch sehr fordernd ist“, so Nicole Herrmann.
Wie lange der Weg zum freien Atmen insgesamt dauert, hängt auch von der Dauer der Beatmung ab und ob noch eine pulmonale Komponente hinzukommt.
Das Team der Station schaut hier individuell, ob bereits durch die feuchte Nase geatmet werden kann, also schon selbst Atemversuche unternommen werden.
Das Besondere an der Station ist auch ein eigener Atmungstherapeut.
Philipp Zeits übernimmt hier ein sehr breites Aufgabenspektrum. „Dieses reicht von der Planung und Umsetzung der übergeordneten Weaning-Strategie, angepasst an den Patienten, über Sekret- und Trachealkanülenmanagement, Lungenfunktionsdiagnostik, Atemmuskeltraining, Management von Schluckstörungen, Vermitteln von Atem- und Hustentechniken, bis hin zur Auswahl und Anpassung von Heimbeatmungsgeräten und Schulung von Patienten und Angehörigen im Umgang mit diesen, sollte ein Patient langfristig darauf angewiesen bleiben“, erklärt er.
Damit arbeitet der Atmungstherapeut in den verschiedenen Facetten des Weanings sehr eng mit den vielen anderen Berufsgruppen zusammen und übt als erster Atmungstherapeut am UKJ auch eine interdisziplinär koordinierende Funktion aus.
Um die Patienten außerdem in ihrem Tagesablauf zu unterstützen, gibt es eine individuelle Tafel neben dem Bett mit Ablaufplan und Bildern von Familien und nahestehenden Personen. Auch das Intensivtagebuch wurde für die Weaningstation übernommen. „Unsere Patientinnen und Patienten bekommen so zusätzlich die Möglichkeit, ihre Zeit auf Station festzuhalten und letztlich besser zu verarbeiten“, ergänzt Herrmann.
Quelle:
Universitätsklinikum Jena - Mitteilung vom 20. Dezember 2024