Rezepte gegen die "Aufschieberitis"
So lässt sich der Kampf gegen den inneren Schweinehund gewinnen
"Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen", weiß der Volksmund.
Unumgängliche oder wichtige Aufgaben sollte man direkt erledigen. Denn mit der Zeit summieren sich diese, verursachen mehr Stress und müssen ohnehin irgendwann erledigt werden.
Das hindert aber die meisten Bundesbürger nicht daran, manches dennoch auf die lange Bank zu schieben. Eine Umfrage der Universität Münster aus dem Jahr 2019 ergab: Nur jeder Fünfzigste behauptet von sich, Dinge niemals hinauszuzögern.
Für das wiederholte Aufschieben von Aufgaben trotz besseren Wissens hat die Psychologie einen eigenen Begriff definiert: Prokrastination. Das Wort ist abgeleitet aus den Lateinischen "procrastinatio" und bedeutet so viel wie "Vertagung auf morgen". Die gute Nachricht: "Es gibt gute Strategien, dieses Verhalten zu überwinden", sagt Dr. Martina Walter. Die Diplom-Psychologin ist Leitende Psychologin am Psychotherapeutischen Zentrum der Kitzberg-Klinik im baden-württembergischen Bad Mergentheim.
Das Phänomen der "Aufschieberitis" hat viele psychologische und soziale Ursachen
Zum einen kann die Angst, dass man bei einer Aufgabe versagen könnte oder nicht die eigenen Erwartungen oder die der anderen erfüllt, überwältigend sein.
"Diese Angst führt oft dazu, dass man die Aufgabe aufschiebt, um das unangenehme Gefühl des möglichen Versagens zu vermeiden", sagt Dr. Walter.
Große oder komplexe Aufgaben können eine überfordernde Wirkung haben: Wenn der Umfang oder die Schwierigkeit einer Aufgabe zu groß erscheint, kann dies zu Lähmung und Aufschieben führen, weil man nicht weiß, wo man anfangen soll.
Auch Perfektionismus kann zur Blockade führen
Perfektionisten möchten eine Aufgabe perfekt erledigen, was den Druck erhöht und dazu führen kann, dass sie die Aufgabe aufschieben, bis sie glauben, alle Voraussetzungen für ein perfektes Ergebnis zu haben. Schließlich spielt auch mangelnder Antrieb eine Rolle. Auch ohne effektive Zeitmanagement-Strategien fällt es vielen ebenfalls schwer, Aufgaben zu priorisieren und rechtzeitig zu beginnen.
Klare und realistische Ziele setzen
Die Psychologin in der baden-württembergischen Gesundheitsstadt Bad Mergentheim empfiehlt eine Reihe von Strategien, um Dinge nicht mehr bis zur letzten Minute aufzuschieben: Statt vager Ziele wie "Ich will mein Projekt beenden", sollten spezifische und messbare Ziele gesetzt werden, beispielsweise "Heute sollen zwei Stunden an der Einleitung des Berichts gearbeitet werden". "Klare Ziele geben eine Richtung und erleichtern es, Fortschritte zu erkennen", sagt Dr. Martina Walter.
Aufgaben in kleine Schritte teilen und priorisieren
Große Aufgaben können einschüchternd wirken und zur Prokrastination führen. Deshalb sollten große Projekte in kleinere, überschaubare Schritte aufgeteilt werden. Jeder dieser Schritte sollte ein klar definiertes Ziel und einen Zeitrahmen haben. Das ermöglicht kontinuierliche Fortschritte. Aufgaben sollten nach Dringlichkeit und Wichtigkeit geordnet werden: Der Fokus sollte auf den wichtigen und dringenden Dingen liegen. Diese Priorisierung hilft, den Überblick zu behalten und die wichtigsten Aufgaben effizient zu erledigen.
Mit Zeitplänen arbeiten und die eigene Zeit managen
"Ein detaillierter Zeitplan strukturiert den Tag und stellt sicher, dass genügend Zeit für jede Aufgabe vorhanden ist", sagt die Bad Mergentheimer Psychologin. Auch Pausen sollten eingeplant werden, um Überlastung zu vermeiden und die Produktivität zu steigern.
Techniken wie die so genannte Pomodoro-Methode können sehr effektiv sein.
Dabei wird 25 Minuten konzentriert an einer Aufgabe gearbeitet, gefolgt von einer 5-minütigen Pause. Nach vier solcher Intervalle folgt eine längere Pause. "Diese Methode fördert die Konzentration und hilft, die Arbeit in handhabbare Einheiten zu unterteilen", weiß die Psychologin an der Kitzberg-Klinik, eine von insgesamt elf hochspezialisierten medizinischen Einrichtungen in der Gesundheitsstadt im Dreiländereck Baden-Württemberg - Bayern - Hessen.
Ablenkungen erkennen und ausschalten
Häufige Ablenkungen sollten identifiziert und eliminiert werden. Benachrichtigungen auf dem Handy können ausgeschaltet oder Apps verwendet werden, die den Zugriff auf bestimmte Webseiten blockieren. Ein aufgeräumter und ruhiger Arbeitsplatz kann ebenfalls helfen, die Konzentration zu verbessern.
Sich selbst belohnen
Belohnungen schaffen positive Anreize und steigern die Motivation. Diese Belohnungen müssen nicht groß sein - ein kurzer Spaziergang, eine Tasse Kaffee oder ein kleines Stück Schokolade können bereits motivierend wirken.
Was ebenfalls nach den Worten der erfahrenen Psychologin helfen kann: eine positive Einstellung zu den Aufgaben zu entwickeln.
Herausforderungen sollten als Chancen zum Lernen und Wachsen gesehen werden. Ein positiver Ansatz kann die Motivation und Produktivität erheblich steigern.
"Negative Gedanken sollten durch positive und motivierende Selbstgespräche ersetzt werden", sagt Dr. Walter.
Wenn alle diese Strategien nicht fruchten, rät die Psychologin dazu, sich Hilfe zu suchen: Dies kann in Form von Freunden, Familienmitgliedern oder Kollegen geschehen, die ermutigen und unterstützen können. Auch professionelle Hilfe durch einen Coach oder Therapeuten kann sinnvoll sein.
Quelle:
Bad Mergentheim - www.bad-mergentheim.de