Zuviel Zucker und Fett schädigen die Lunge

MHH-Forschungsteam untersucht, wie Botenstoffe aus dem Fettgewebe den Gasaustausch in den Lungenbläschen beeinträchtigen

Rauchen ist schlecht für die Lunge, das wissen die meisten Menschen.

Weniger bekannt dürfte sein, dass auch mangelnde Bewegung und ungesunde Ernährung die Lunge schädigen und dauerhafte Beschwerden wie die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) oder Asthma fördern können.

Das Projekt „Lifestyle factors in respiratory health and disease“ untersucht jetzt, welchen Einfluss Ernährung, Tabakrauch und Bewegung auf die Gesundheit der Lunge in verschiedenen Lebensphasen haben und wie sie das Zusammenspiel zwischen der Lunge und den übrigen Organen auf molekularer Ebene verändern.

Beteiligt sind alle fünf Standorte des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL)

Ein Team um Privatdozentin (PD) Dr. Julia Schipke, Wissenschaftlerin am Institut für Funktionelle und Angewandte Anatomie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) und am DZL-Standort BREATH Hannover, beschäftigt sich dabei mit der Rolle von Ernährung und körperlicher Aktivität. Dabei wollen die Forschenden vor allem die Kommunikation zwischen dem Fettgewebe und der Lunge bei frühkindlicher und erwachsener Adipositas entschlüsseln.

Das DZL fördert das Projekt mit insgesamt 760.000 Euro.

Gasaustausch erschwert

Im Fokus stehen Adipokine. Das ist eine Gruppe von Botenstoffen, die das Fettgewebe produziert und die zum Beispiel dem Gehirn signalisieren, wann wir satt sind. Sie werden zudem mit der Entwicklung und dem Fortschreiten von Adipositas-bezogenen Begleiterkrankungen wie Typ-2-Diabetes in Verbindung gebracht.

Adipokine könnten aber auch das Lungengewebe und hier vor allem die in der Fachsprache Alveolen genannten Lungenbläschen beeinflussen.

Die Alveolen sind ausgekleidet mit alveolaren Epithelzellen, von denen die Epithelzellen vom Typ 2 (AT2) das sogenannte Surfactant bilden. Diese Substanz verringert die Oberflächenspannung – etwa wie die waschaktiven Stoffe im Spülmittel die Oberflächenspannung von Wasser herabsetzen. Dadurch können sich die Lungenbläschen problemlos auffalten und bleiben geöffnet, so dass der Gasaustausch zwischen Blut und Alveolen möglich ist und die Lunge gleichmäßig belüftet wird.

„Zuviel Kohlenhydrate und Fett in der Nahrung verändern die Surfactant-Produktion und das Lipid-Gleichgewicht in den AT2-Zellen und sorgen dafür, dass sich die Gefäße in der Blut-Luft-Schranke verdicken und die Alveolarwände weniger elastisch sind, was den Gasaustausch erschwert“, erklärt PD Dr. Schipke.

Ergebnisse in menschlichen Zellkulturen prüfen

Aus klinischen Studien ist bekannt, dass Geburtsgewicht und Ernährung das Risiko für eine beeinträchtigte Lungenfunktion im späteren Leben vorhersagen. In dem Projekt wollen PD Dr. Schipke und ihr Team nun im Mausmodell klären, welche Effekte eine ungesunde Ernährung mit viel Zucker und viel Fett in der frühen und der späten Lebensphase haben.

„Einige Tiere werden dabei Zugang zu einem Laufrad haben, so dass wir auch testen können, ob und wie sich körperliche Aktivität eignet, um den schädlichen Auswirkungen auf die Lunge entgegenzuwirken“, sagt die Biologin. Denn auch unsere Muskelzellen produzieren Botenstoffe, die sogenannten Myokine. Und die scheinen das Potenzial zu haben, die Lungengesundheit zu verbessern. Wie das genau geschieht, ist jedoch noch unklar.

„Wir wollen jetzt herausfinden, welche molekularen und strukturellen Veränderungen in der Lunge stattfinden und welche Botenstoffe diese Vorgänge im Einzelnen steuern“, sagt PD Dr. Schipke.

Die im Mausmodell identifizierten Adipokine und Myokine wollen die Forschenden dann in Zellkulturen menschlicher Lungenzellen sowie Lungenschnitten aus explantierten Organen überprüfen.

„Maus und Mensch sind in diesem Fall gut vergleichbar, weil sie ein ähnliches Surfactant-System haben und ihr Stoffwechsel auch ähnlich auf ungesunde Ernährung reagiert“, stellt die Wissenschaftlerin fest.

So wollen die Forschenden neue Biomarker finden, welche die Atemwege und vor allem die Lungenalveolen beeinflussen. Die Ergebnisse könnten langfristig dafür sorgen, die Früherkennung von Lungenschäden durch Übergewicht zu verbessern und neue Behandlungsstrategien gegen die Veränderungen in der Lunge zu ermöglichen.

Quelle:
Medizinische Hochschule Hannover (MHH) - Mitteilung vom 6. September 2024