Hormontherapie verändert Darmmikrobiom bei Transpersonen
Wie beeinflusst die geschlechtsangleichende Hormontherapie das Darmmikrobiom und damit die Gesundheit von Transpersonen?
Eine Studie, durchgeführt von einem internationalen Forscherteam unter der Leitung der Universität Duisburg-Essen, zeigt erstmals, wie tiefgreifend die Hormontherapie die Zusammensetzung und Funktion der Darmflora verändert – mit spürbaren Unterschieden zwischen den Geschlechtern. Diese Erkenntnisse könnten entscheidend sein für zukünftige Gesundheitsstrategien in der Transgender-Medizin.
Das internationale Forschungsteam um Prof. Dr. Johannes Fuß von der Universität Duisburg-Essen (UDE) hat in einer Studie untersucht, wie sich eine geschlechtsangleichende Hormontherapie auf das Darmmikrobiom von Transpersonen auswirkt. Im Rahmen des „Transgender in Transition“ Projekts, an dem mehrere europäische Forschungszentren* beteiligt waren, wurden die Teilnehmer:innen der Studie eingehend untersucht.
Die Wissenschaftler:innen aus Deutschland und der Schweiz haben die Stuhlproben von Transpersonen vor und nach einer zwölfwöchigen geschlechtsangleichenden Hormontherapie analysiert. Dazu nutzen sie hochmoderne, metagenomische Sequenzierungstechniken, um detaillierte Informationen über die Zusammensetzung und funktionellen Eigenschaften der Darmmikrobiota zu erhalten.
Dabei zeigte sich, dass die geschlechtsangleichende Hormontherapie über die Anpassung äußerer Geschlechtsmerkmale hinaus auch tiefgreifende Veränderungen im Darmmikrobiom bewirken kann.
Fuß, leitender Autor erklärt dazu: „Diese Veränderungen könnten bei Transmännern langfristig zu steigenden Gesundheitsproblemen führen, während Gesundheitsrisiken bei Transfrauen möglicherweise sinken.“
Ursache dafür könnten spezifische Bakterienarten sein, wie Coprococcus eutactus und Escherichia coli, die in ihrer Häufigkeit je nach verabreichter Hormontherapie variierten und dadurch das Darmmikrobiom veränderten. Coprococcus eutactus ist bekannt für seine Beteiligung an der Aufrechterhaltung der Darmgesundheit, da es sowohl bei der Verdauung als auch das Immunsystem im Darm unterstützt.
Escherichia coli kann hingegen in bestimmten Formen potenziell pathogene Eigenschaften aufweisen – was bedeutet, dass es Infektionen und Krankheiten wie Durchfall oder Harnwegsinfektionen auslösen könnte. Ein Anstieg dieser Bakterien könnte das empfindliche Gleichgewicht der Darmflora stören und potenziell entzündliche Prozesse begünstigen.
Diese Veränderungen im Darmmikrobiom könnten insbesondere bei Transmännern in Verbindung mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzinfarkt stehen, da das Darmmikrobiom einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit des Herz- und Blutgefäßsystems ausübt.
Bei Transfrauen hingegen könnten diese Veränderungen das kardiovaskuläre Risiko langfristig senken.
Zu den weiteren Gesundheitsproblemen, die durch die hormonell bedingten Veränderungen im Mikrobiom beeinflusst werden könnten, zählen Stoffwechselstörungen, Autoimmunerkrankungen und neurologische Erkrankungen wie Morbus Parkinson.
Dr. Timur Liwinski von der Universität Basel, der die Datenanalyse leitete, betont: „Unsere Studie zeigt, wie wichtig eine umfassende und personalisierte medizinische Betreuung für Transpersonen ist, insbesondere wenn es um die Optimierung der geschlechtsangleichenden Hormontherapie und die Berücksichtigung möglicher unerwünschter Wirkungen geht. Wir hoffen, dass unsere Forschung dazu beiträgt, die medizinische Versorgung zu verbessern und die spezifischen gesundheitlichen Bedürfnisse von Transpersonen besser zu verstehen.“
Die Studienergebnisse zeigen, dass weitere Forschung erforderlich ist, um die komplexen Wechselwirkungen zwischen Hormontherapien und dem menschlichen Mikrobiom besser zu verstehen.
Quelle:
Universitätsklinikum Duisburg-Essen - Mitteilung vom 2. September 2024
*Beteiligt sind Forschenden folgender Einrichtungen: Universität Duisburg-Essen (Deutschland), Ludwig-Maximilians-Universität München (Deutschland), Universität Basel (Schweiz), Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (Deutschland), Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (Deutschland), Christian-Albrechts-Universität Kiel (Deutschland), LMU München (Deutschland)