Chirurgie von Kolon- und Rektumkarzinom: Mit höheren Fallzahlen steigt auch die Behandlungsqualität
In vielerlei Hinsicht bringen mehr Operationen pro Krankenhaus bessere Therapieerfolge mit sich – sowohl bei der Rektumchirurgie als auch bei der Kolonchirurgie.
In einer Reihe von Prüfaufträgen, die der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) erteilt hat, geht es um die Frage, ob bei bestimmten medizinischen Eingriffen ein Zusammenhang zwischen der Menge der pro Krankenhaus erbrachten Leistung und der Qualität des Behandlungsergebnisses nachweisbar ist.
Zur Operation von Kolon- und Rektumkarzinomen liegt nun der Rapid Report des IQWiG vor, der eine Aktualisierung des Berichts aus dem Jahr 2022 darstellt (V22-02). Das Update folgt der Methodik des vorigen Berichts, betrachtet jedoch Kolonkarzinome und Rektumkarzinome getrennt voneinander.
Die Ergebnisse der beiden Rapid Reports sind konsistent: Demnach verbessert sich die Behandlungsqualität bei häufigeren Operationen von kolorektalen Karzinomen pro Krankenhaus – auch bei getrennter Betrachtung von Rektumchirurgie und Kolonchirurgie wie im aktuellen Bericht: Die Sterblichkeit verringert sich mit höheren Fallzahlen bei beiden Indikationen. Bei höheren Fallzahlen von Rektumoperationen bleibt die Kontrolle über die Darmentleerung (Kontinenz) häufiger erhalten, was für die Betroffenen besonders wichtig ist.
Mindestmengen bei der Chirurgie von Kolon- und Rektumkarzinomen
Rund zehn Prozent aller Todesfälle durch Krebs gingen im Jahr 2020 in Deutschland auf kolorektale Tumoren, Karzinome des Kolons (Grimmdarm) und des Rektums (Mastdarm) zurück: Im Jahr 2020 erkrankten 24.240 Frauen und 30.530 Männer erstmals an einem kolorektalen Karzinom.
Die relative 10-Jahres-Überlebensrate lag dann für Frauen mit einem kolorektalen Karzinom bei 62 Prozent und für Männer bei 57 Prozent.
Mehr als Dreiviertel der Patientinnen und Patienten mit einem kolorektalen Karzinom werden in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, deshalb sind häufig ausgedehnte Eingriffe nötig, z. B. das Entfernen des Kolons (Hemikolektomie).
Das Ausmaß der chirurgischen Eingriffe ist abhängig von der Ausprägung des Tumors, wird meist offen-chirurgisch durchgeführt, aber auch laparoskopisch und damit weniger invasiv. Bei Rektumkarzinomen ist die Kontinenzerhaltung ein zentrales Ziel.
Seit 2003 setzt der G-BA für bestimmte planbare stationäre Leistungen verbindliche Mindestmengen für Kliniken fest: Krankenhäuser dürfen diese Leistungen nur dann abrechnen, wenn die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr aufgrund berechtigter Prognosen voraussichtlich erreicht wird. Allerdings ist derzeit für die Operationen des kolorektalen Karzinoms noch keine jährliche Mindestmenge festgelegt.
Im Januar 2024 beauftragte der G-BA das IQWiG mit einem Rapid Report zum „Zusammenhang zwischen Leistungsmenge und Qualität des Behandlungsergebnisses bei der Chirurgie der Kolon- und der Rektumkarzinome“ als Update zum vorangegangenen Rapid Report im Jahr 2022 (V22-02), in dem sich bereits Behandlungsvorteile für die Betroffenen bei höheren Fallzahlen zeigten.
Bessere Behandlungsqualität bei höheren Fallzahlen für mehrere Zielgrößen
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des IQWiG identifizierten für den aktuellen Bericht fünf weitere Studien, also insgesamt 24 retrospektive Kohortenstudien, die auf Routinedaten basieren – die meisten zu Rektumkarzinomen. Darunter sind vier deutsche Untersuchungen, aber auch 13 weitere Studien aus Europa und sieben Studien aus Kanada, Neuseeland, Australien und aus den USA.
Anders als im früheren IQWiG–Bericht werden die Ergebnisse im aktuellen Rapid Report aber getrennt nach Indikation dargestellt. Insbesondere für die kurzfristige 30-Tage-Mortalität ergibt sich für beide Tumorerkrankungen jeweils ein Zusammenhang zwischen der Fallzahl und Behandlungsqualität auf Krankenhausebene.
Acht Studien zur Chirurgie von Kolonkarzinomen zeigten in Bezug auf die lang- und die kurzfristige Mortalität einen Zusammenhang von Leistungsmenge und Behandlungsqualität: Bei höheren Fallzahlen verstarben weniger Patientinnen und Patienten kurzfristig (innerhalb von 30-90 Tagen) oder auch längerfristig (innerhalb von 12 Monaten).
14 Studien untersuchten den Zusammenhang von Leistungsmenge mit Behandlungsqualität bei der Operation von Rektumkarzinomen: Auf Krankenhausebene bestätigen die Studiendaten die besseren Behandlungserfolge bei höheren Fallzahlen in Bezug auf die kurzfristige und langfristige Sterblichkeit sowie für die Zielgrößen Gesamtkomplikationen, Nierenversagen und Kontinenzerhaltung. Für die Zielgrößen kurzfristige Mortalität (30 Tage), Kontinenzerhaltung und Krankenhausaufenthaltsdauer zeigte sich auch auf der Arztebene eine bessere Behandlungsqualität bei höheren Fallzahlen.
Zu den Auswirkungen von in die Versorgung eingeführten Mindestfallzahlen auf die Qualität des Behandlungsergebnisses fehlen Studiendaten.
Zum Ablauf der Berichtserstellung
Der G-BA hatte das IQWiG im Januar 2024 beauftragt, den Bericht zum Zusammenhang zwischen der Leistungsmenge und der Qualität des Behandlungsergebnisses für die Chirurgie von Kolon- und Rektumkarzinomen, eine Aktualisierung zum früheren Auftrag V22-02, zu erstellen. Beide Berichte wurden in einem beschleunigten Verfahren als „Rapid Report“ erstellt, also ohne Zwischenprodukte (z. B. Vorbericht) und ohne Anhörung. Dem Auftraggeber ist dieser nun veröffentlichte Rapid Report am 22. Juli 2024 zugegangen.
Quelle:
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) - Mitteilung vom 19. August 2024
Weitere Informationen
zur Projektseite - https://www.iqwig.de/projekte/v24-02.html
zur Projektseite zum Rapid Report V22-02 - https://www.iqwig.de/projekte/v22-02.html