Erste Wespen in Sicht – was für Allergie-Patienten jetzt wichtig ist

Wespen-Experte vom NABU und niedergelassene Allergologin informieren über den bestmöglichen Umgang mit Wespen und geben Tipps für Allergikeren

Aufgrund des relativ milden Winters und des feuchten Aprils muss bereits jetzt wieder vermehrt mit ihnen gerechnet werden – den Wespen. Dabei sei das Wetter im Frühjahr nur ein Faktor, der die Anzahl der Nestgründungen und damit die Häufigkeit der Wespen beeinflusse, erklärt Dr. Stephan Härtel1, Diplom-Biologe vom Naturschutzbund (NABU) Landesverband Berlin.

„Da wir es in der Natur stets mit multifaktoriellen Systemen zu tun haben, hängt die Wespenanzahl auch davon ab, wie viele Königinnen lebend durch den Winter gekommen sind, ob die Arbeiterinnen genügend eiweißreiche Nahrung finden und wie viele Fressfeinde vorhanden sind“, so Härtel weiter.

Anders als für die meisten Menschen ist es für Insektengiftallergiker durchaus wichtig zu wissen, wann verstärkt mit den Plagegeistern gerechnet werden muss.

„Werden Menschen, die auf Insektengift allergisch reagieren, von einer Wespe gestochen, kommt es zu einer allergischen Reaktion, die sich sogar bis zum allergischen Schock (anaphylaktische Reaktion) mit lebensbedrohlichen Symptomen ausweiten kann“, erklärt PD Dr. Kirsten Jung, niedergelassene Dermatologin und Allergologin in einer Gemeinschaftspraxis in Erfurt und Mitglied des Vorstands des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen e.V. (AeDA).

Bereits wenige Tiere reichen, um den Wochenendausflug besonders für Allergiker zur Nervenprobe werden zu lassen. Deshalb rät Wespen-Experte Härtel zu einfachen, aber tierschonenden Maßnahmen wie Nahrungsmittel stets unter Verschluss zu halten und die Tiere durch langsames Wedeln davon abzuhalten, darauf zu landen und dadurch die Informationen an die Artgenossen weiterzugeben.

Doch selbst bei größtmöglicher Achtsamkeit lässt sich ein Stich der ungebetenen Gäste nicht immer verhindern.

Bei Insektengiftallergie sofort handeln

Bei den meisten Menschen hat der Stich keine größeren Folgen. An der Einstichstelle kommt es zu einer lokal begrenzten Reaktion mit Rötung, Schwellung und Schmerzen.

Diese Beschwerden klingen in der Regel nach wenigen Tagen ab.

Zur Unterstützung können kühlende Umschläge an der betroffenen Stelle zum Einsatz kommen und eventuell eine Kortisoncreme oder -gel genutzt werden. Deutlich anders sind die Auswirkungen bei Insektengiftallergikern: Die häufigsten allergischen Reaktionen sind Hauterscheinungen und Kribbelgefühle an Händen und Füßen. Zusätzlich können der Magen-Darm-Trakt, die Atemwege sowie das Herz-Kreislauf-System betroffen sein.

„Im schlimmsten Fall“, so Jung, „kann die Reaktion weiter gehen und es kommt zum anaphylaktischen bzw. allergischen Schock.“

Diese Überreaktion des Immunsystems ist zwar selten, kann sich jedoch innerhalb weniger Minuten entwickeln und rasch lebensbedrohlich werden.

„Hellhörig sollte man werden, wenn die Symptome an zwei verschiedenen Organsystemen auftreten, also z. B. Erscheinungen an der Haut wie Quaddeln, Rötung oder Juckreiz und gleichzeitigen Magen-Darm-Beschwerden.2 Dann ist das Risiko hoch, dass es sich um eine Anaphylaxie handelt, und die ist unberechenbar. Jetzt ist sofortiges Handeln entscheidend“, erläutert Jung.

Es sollte umgehend ein Notruf abgesetzt und nachgeschaut werden, ob der/die Betroffene ein Notfallset für Anaphylaxie-Gefährdete bei sich trägt.

Das Notfallset enthält meist drei Medikamente: ein Antihistaminikum, ein Kortisonpräparat und einen Adrenalin-Autoinjektor (AAI).

„In der akuten Anaphylaxie-Situation ist der körpereigene Stoff Adrenalin die wichtigste Gegenmaßnahme“, so Jung, „Adrenalin stabilisiert den Kreislauf und wirkt der Schockreaktion innerhalb von Sekunden entgegen“.

Am einfachsten lässt sich Adrenalin mit Hilfe eines AAI verabreichen. Damit kann sich der/die Betroffene selbst oder durch eine andere Person das Adrenalin in einer voreingestellten Dosis durch die Kleidung hindurch in den Oberschenkelmuskel injizieren.

Nahende Wespenzeit: Adrenalin-Autoinjektor stets parat haben und regelmäßig auf Haltbarkeit prüfen

Ein Notfallset wird Anaphylaxiegefährdeten Allergikern vom Arzt/von der Ärztin verordnet.

Um in der Gefahrensituation rasch, korrekt und sicher handeln zu können, ist besonders der vertraute Umgang mit dem Adrenalin-Autoinjektor entscheidend.

Wichtig zu wissen: Es gibt verschiedene AAI-Modelle, die in ihrer Anwendung zwar ähnlich, aber eben nicht gleich sind.

Deshalb sollten Betroffene auf ihr jeweiliges verordnetes Gerätemodell geschult werden. „Patienten sollten genau darauf achten, dass ihnen in der Apotheke immer das Modell ausgehändigt wird, das der Arzt/die Ärztin verordnet hat und auf das sie geschult wurden“, empfiehlt Jung.

Dann kommt es darauf an, das Notfallset mitsamt dem AAI immer bei sich zu tragen.

Für die nun nahende Wespenzeit heißt das: Das Set auch bei einem kurzen Gang z. B. in den Garten vorm Haus stets parat haben und regelmäßig die Haltbarkeit des AAI überprüfen und ihn gegebenenfalls austauschen. Generell ist es wichtig, dass Menschen mit schweren Allergien und Anaphylaxie-Risiko, insbesondere an öffentlichen Orten, rechtzeitig Zugang zu AAI erhalten.

Hilfreiche Informationen für den Alltag mit Anaphylaxie erhalten Sie auch direkt unter www.Mein-Fastjekt.de