Arzt-Patienten-Kommunikation
Im Gespräch mit Dr. Munther Sabarini zum Thema ausführliche Patientenaufklärung
Unter einer Patientenaufklärung versteht sich die mündliche und schriftliche Aufklärung des Patienten über beabsichtigte diagnostische oder therapeutische Maßnahmen durch den behandelnden Arzt.
Die Ausführlichkeit und Dauer der Aufklärung ist von Fall zu Fall unterschiedlich.
Dr. Munther Sabarini, Neurochirurg und Gründer der Avicenna Klinik in Berlin, beantwortet nachfolgend, wie seiner Meinung nach eine bestmögliche Patientenaufklärung aussehen sollte und worauf Patienten achten sollten.
Dr. Sabarini, wo beginnt Ihrer Meinung nach die Patientenaufklärung?
„Eine ausführliche Patientenaufklärung beginnt schon weit vor einem Eingriff oder einer Therapie, nämlich mit einer Anamnese.
Die Erfragung von Symptomen, Aufzeichnung der Beschwerden und Krankengeschichte des Patienten mit der Abklärung von Vorerkrankungen oder Fällen in der Familie sind die Grundlage einer Diagnose.
Auf dieser Basis wird ein Maßnahmenplan von Untersuchungen festgelegt, um mögliche Verdachtsdiagnosen zu bestätigen oder auszuschließen.
Das muss mit den Patienten wirklich ausführlich besprochen werden, da es immer mehrere Optionen gibt, Beschwerden zu mindern oder Diagnosen zu stellen.“
Ist so eine Ausführlichkeit wirklich notwendig?
„Viele Patienten mit unklarer Symptomatik wie bei einem unspezifischen Rückenleiden müssen oft viele Anläufe wagen, bis sie bei einem Arzt eine genaue Diagnose gestellt bekommen.
Vielen wird einfach mitgeteilt, dass sie Sport machen sollen – ohne dass sich wirklich Zeit für die Untersuchung mit anschließender Diagnose genommen wird. Dabei ist ein wichtiger Aspekt unserer Tätigkeit ein zielgerichteter Einsatz diagnostischer Maßnahmen.
Es gilt zwar, keine ungezielten Maßnahmen anzuordnen, die zu hohen Kosten führen können, aber auch, nicht durch eine ungenügende Untersuchungstiefe mögliche Erkrankungen zu übersehen.
Daher ist ein Arzt, der ausführliche Patientengespräche führt und verschiedene Maßnahmen durchspricht, erfolgreicher darin, eine Diagnose zu stellen.
Es sollte nicht das Ziel sein, einen Patienten mehrmals erscheinen oder den Arzt wechseln zu lassen, ehe ihm nach Jahren endlich geholfen wird.“
Was darf in der Patientenaufklärung nicht fehlen?
„Nach der Anamnese muss offengelegt werden, welche Untersuchung sich mit welchem Ziel ansetzen lässt.
Nach einer hoffentlich erfolgreichen Diagnose müssen Therapiemaßnahmen, Operationen oder Eingriffe besprochen werden. Hierbei ist die Kunst, die Information so anschaulich zu verpacken, dass es auch Nichtmediziner verstehen.
Erst wenn Patienten sich sicher fühlen und nachvollziehen können, welche Schritte die Therapiemaßnahme innehat, lassen sich mögliche Risiken besprechen und begreifen.
Zudem ist es wichtig, nicht nur zu erklären, was gemacht wird, sondern auch das Warum zu erläutern.
Wenn Patienten erst nach ihrer Operation von alternativen Behandlungsmöglichkeiten erfahren, wird die Frage aufkommen, warum dieses nicht kommuniziert wurde. Dies kann das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient langfristig stören.“
Hat sich der Umgang mit Patienten im Vergleich zu Anfang der 2000er gewandelt?
„Definitiv! Das Internet und der leichte Zugang zu Informationen spielen dabei eine große Rolle. Früher haben Patienten vereinzelt Begriffe im Voraus nachgeschlagen und kamen so halbwegs informiert zu einem Gespräch.
Heutzutage wird noch schnell Dr. Google befragt, bevor es zum Arzttermin geht, und viele denken, sie wüssten besser Bescheid als der behandelnde Arzt. Dies macht eine ausführliche Aufklärung und Erläuterung der Vorgehensweise umso wichtiger, vor allem wenn sich mögliche Risiken durchgelesen werden und Ängste aufkommen.
Positiv ist zwar festzuhalten, dass Patienten viel gezielter Behandlungsmöglichkeiten ansprechen, die sie im Internet recherchiert haben, und sich so durchaus auch zielführende Arzt-Patienten-Dialoge ergeben können.
Andererseits sind jedoch viele Patienten verunsichert, da sie oft nicht in der Lage sind, zwischen den einzelnen Diagnosen und Maßnahmen zu unterscheiden, weswegen eine Aufklärung so wichtig ist.“
Worauf achten Sie besonders?
„Für mich ist es das Wichtigste, dass sich die Patienten gut aufgehoben fühlen und nach einem Patientengespräch informiert sind, ohne offene Fragen oder Ängste. Deshalb gehe ich jede Anamnese, Untersuchung, Therapie oder Behandlungsmaßnahme in aller Ausführlichkeit durch, was bedeutet:
Ich nehme mir Zeit. Zeit zu klären, was Ursachen eines Leidens sein könnten, was im Körper geschieht und warum ich mich für diese Maßnahme entschieden habe.
Zudem ist mir eine Aufklärung über die Nachsorge wichtig.
- Wie sieht es mit der Wundversorgung, Bewegung und Nahrungsaufnahme aus?
- Gibt es Einschränkungen, die beachtet werden müssen?
- Wie lange dauern ein Reha-Aufenthalt oder mögliche physiotherapeutische Maßnahmen an
- und wie läuft so etwas ab?
Viele Patientenaufklärungen gehen nicht über die Behandlung hinaus. Dabei ist diese essenziell, um eine langfristige Genesung der Patienten sicherzustellen.
Sollten bei einem Patienten zu Hause oder bereits während einer Untersuchung weitere Fragen oder eine Unsicherheit aufkommen, bin ich jederzeit bereit, diese zu beantworten.“
Haben Sie noch einen letzten Tipp für Patienten vor einem Gespräch?
„Fragen, fragen, fragen. Viele Ärzte beantworten nicht jede Frage, Unsicherheit oder Angst, die in den Köpfen der Patienten lauert, zufriedenstellend von sich aus.
Nur durch Antworten und Informationen kommt Sicherheit und Vertrauen zustande.
- Haben Sie eine alternative Behandlungsmethode recherchiert? Fragen Sie Ihren Arzt danach.
Eine gute Patientenaufklärung sollte alle Möglichkeiten aufzeigen und erklären, warum genau diese eingesetzt wird.
- Haben Sie Unsicherheiten, wie Sie sich nach der Operation verhalten sollen? Fragen Sie Ihren Arzt nach der Nachsorge, falls diese nicht erläutert wird, und danach, was Ihre Aufgaben nach der Operation und nach der Entlassung sind.
- Gibt es Maßnahmen, die Sie für Ihre eigene Genesung ergreifen können, oder sollten Sie besser auf bestimmte Sachen verzichten?
Vielleicht gibt es auch Sachen, die Sie sogar langfristig vermeiden sollen, da diese Ihrer Gesundheit und Genesung schaden können. Haben Sie Angst vor einem Risiko? Besprechen Sie dieses mit Ihrem Arzt, vielleicht kann er Ihnen diese Angst nehmen.
Sollten Sie sich nach dem Gespräch nicht ausreichend aufgeklärt fühlen, zögern Sie nicht, ein erneutes Gespräch zu suchen oder den Arzt zu wechseln.“
Wer gern mehr erfahren möchte, findet weitere Informationen unter https://avicenna-klinik.com