Thema Gewalt gegen Hilfebedürftige aus der Tabuzone holen
Ärztliche Fortbildung „Gewalt gegen erwachsene Schutzbefohlene“
Ältere und pflegebedürftige Menschen sowie Menschen mit Behinderungen bedürfen eines besonderen Schutzes. Es sei nicht hinnehmbar, wenn hilfebedürftige Menschen Aggression und Gewalt ausgesetzt sind, erklärt die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) anlässlich der heutigen ärztlichen Fortbildungsveranstaltung „Gewalt gegen erwachsene Schutzbefohlene“.
„Gewalt gegen Menschen, die eigentlich Hilfe und Unterstützung benötigen, ist zwar kein alltägliches Phänomen, aber in unserer Gesellschaft ein Thema, das immer noch tabuisiert wird.
Die Menschen, die sich professionell oder als Angehörige um andere kümmern, tun in aller Regel ihr Bestes. Trotzdem kann es bei allem Bemühen mitunter auch zu schwierigen Situationen kommen, die man thematisieren muss. Denn es gilt, die Gründe hierfür zu erkennen und zu benennen, um präventiv tätig sein zu können.
Wir müssen daher in der Ärzteschaft für das Thema sensibilisieren und über Ansätze diskutieren, wie man Gewalt gegenüber erwachsenen Schutzbefohlenen verhindern kann“, erklärt Kammerpräsident Dr. Hans-Albert Gehle. Die Meldung und Dokumentation von Gewaltvorkommnissen, die Etablierung von Leit- und Richtlinien, Weiterbildungen für Beschäftigte und die Sensibilisierung für leitende Fachkräfte könnten wesentliche Präventionsmaßnahmen sein.
Der Kammerpräsident weiter: „Gewaltprävention und der richtige Umgang mit Gewaltereignissen durch Pflege- und Betreuungspersonal, durch medizinisches Personal oder auch durch pflegende Angehörige sind daher von großer Relevanz.“ Meistens komme die Gewalt nicht unvermittelt, sondern es gebe bestimmte Faktoren, die das Risiko für das Auftreten von Gewalt erhöhten.
„Bei den Pflegebedürftigen selber sind das ein hoher Grad an Pflegebedürftigkeit, kognitive oder psychiatrische Störungen sowie aggressives Verhalten. Auf Seiten der pflegenden Angehörigen oder der Pflegefachpersonen ist es vielfach Überlastung, die durch den Personalmangel in der Pflege verstärkt wird“, sagt der Kammerpräsident. „Wenn Möglichkeiten der Entlastung nicht bekannt sind oder nicht genutzt werden, können körperliche und seelische Anstrengungen, zwischenmenschliche Konflikte und Stress in eine Überlastungsspirale führen. Gerade pflegende Angehörige kommen oft an ihre Belastungsgrenzen.“
Deshalb fordert die ÄKWL mehr Konzepte mit wirksamen Ansätzen zur Gewaltprävention, damit Gewalt gegen Hilfebedürftige gar nicht erst entsteht. Dabei gehe es darum, Resilienzen zu stärken sowie Überlastungen und Situationen zu vermeiden, die Gewalt oder unangemessene Verhaltensweisen begünstigen. „Und wir müssen das Thema herausholen aus der Tabuzone und öffentlich darüber diskutieren“, so Gehle abschließend.
Quelle:
Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL)