Diagnose Depression
Fachärztin beantwortet die 10 wichtigsten Fragen
Weltweit, so schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO, sind etwa 322 Millionen Menschen von einer Depression betroffen. Knapp 5 Millionen Menschen in Deutschland.
„Diese komplexe psychische Störung beeinträchtigt das tägliche Leben erheblich und wird hinsichtlich ihrer Schwere weiterhin stark unterschätzt“, erklärt Prof. Dr. med. Petra Beschoner, Fachärztin für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin und ärztliche Leitung der Akutklinik Bad Saulgau, und betont: „Die Aufklärung ist entscheidend, um Stigmatisierung zu reduzieren, frühzeitige Diagnosen zu ermöglichen und angemessene Unterstützung bereitzustellen.“ Im Folgenden beantwortet die Fachärztin wichtige Fragen rund um die ernst zu nehmende Erkrankung.
1. Was sind die Anzeichen einer Depression?
„Symptome einer Depression können vielfältig sein und sind hauptsächlich geprägt von Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit sowie Interessenverlust. Weitere Anzeichen wie Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Schuld- oder Wertlosigkeitsgefühle sowie vermindertes Selbstvertrauen kommen hinzu. In schweren Fällen auch Suizidalität. Daneben berichten Betroffene oftmals von körperlichen Beschwerden wie Magenbeschwerden, Kopf- und Rückenschmerzen oder Tinnitus.“
2. Ab wann spricht man von einer Depression?
„Von einer Depression sprechen wir, wenn über einen Zeitraum von wenigstens zwei Wochen mindestens zwei der Hauptsymptome wie depressive Stimmung, Interessen- oder Freudeverlust und Antriebsminderung vorliegen sowie mindestens zwei der sogenannten Nebensymptome, zu denen Konzentrationsstörungen, Appetitminderung, Schlafstörungen, Gefühle von Wertlosigkeit oder übermäßige Schuldgefühle, Konzentrationsprobleme und Gedanken an Tod oder Suizid gehören.
Aber nicht jede gedrückte Stimmung, wie sie beispielsweise bei einem Trauerfall auftreten kann, ist eine Depression. Um behandlungsbedürftige Störungen sicher zu identifizieren, erfolgt eine umfangreiche psychische Befunderhebung sowie ein ausführliches Arzt-Patienten-Gespräch.“
3. Wie können Angehörige einem depressiv Erkrankten helfen?
„Wie bei allen schwerwiegenden Erkrankungen sollten sich Angehörige auch in diesem Fall ärztlichen Rat einholen und sich über die Erkrankung informieren, wie zum Beispiel über Online-Seiten der Deutschen Depressionsliga oder der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. Diese bieten einen niederschwelligen Zugang zu Informationen, Erfahrungsberichten sowie die Möglichkeit zu einem anonymen Austausch mit anderen depressiven Menschen. Im nächsten Schritt können Angehörige einen Arztbesuch vereinbaren und den Betroffenen anbieten, sie zu begleiten.
Allerdings ist Geduld gefragt, denn Hilfsangebote werden häufig abgelehnt. Manchmal braucht es Zeit und eine sensible Hartnäckigkeit, bis die geliebte Person professionelle Hilfe in Anspruch nimmt. Wichtig: Den betroffenen Menschen immer wieder zeigen, dass man für sie da ist und Gesprächsbereitschaft signalisieren, ohne zu drängen. Nicht vom Erkrankten abwenden, auch wenn es schwerfällt, und bei all dem gut auf sich selbst achten.“
4. Gibt es so etwas wie eine Winterdepression?
„Ja, die saisonale affektive Störung, kurz SAD, ist eine Form der Depression, die typischerweise in den Wintermonaten auftritt, wenn die Tage kürzer sind und weniger Sonnenlicht vorhanden ist. Praktische Tipps zur Bewältigung können die Nutzung von Tageslichtlampen, regelmäßige körperliche Bewegung und die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte umfassen.“
5. Wie wird eine Depression behandelt?
„Die Behandlung umfasst in der Regel eine Kombination aus Psychotherapie, wie beispielsweise die kognitive Verhaltenstherapie oder tiefenpsychologische Therapie, die Pharmakotherapie mit Antidepressiva und gegebenenfalls Licht- oder Bewegungstherapie. Ein individueller Behandlungsplan wird oft in Absprache mit einem Facharzt erstellt.“
6. Ist eine Depression heilbar?
„In den meisten Fällen sind Depressionen gut behandelbar und viele Menschen erholen sich vollständig. Die Heilungschancen hängen jedoch von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der frühzeitigen Diagnose, der Schwere der Depression, der Behandlungszugänglichkeit und der individuellen Reaktion auf die Therapie. Allerdings besteht die Gefahr, dass eine Depression wiederkehren kann. Das ist, statistisch gesehen, bei rund der Hälfte aller Betroffenen der Fall.“
7. Machen Antidepressiva abhängig?
„Antidepressiva machen in der Regel nicht abhängig, aber sie können Absetzphänomene verursachen, wenn sie plötzlich weggelassen werden. Daher ist es ratsam, Antidepressiva ausschließlich nach ärztlicher Verordnung einzunehmen und nach ärztlichem Rat auszuschleichen.“
8. Wo finden Betroffene Hilfe?
„Als erster Ansprechpartner gilt grundsätzlich der Hausarzt. Dieser kann Betroffene an einen Facharzt oder psychologischen Psychotherapeuten weiterleiten. Betroffene können sich aber auch direkt an einen Facharzt oder Therapeuten wenden. Zudem finden sie hilfreiche Ansätze bei Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und Krisentelefonen. Online-Ressourcen und Apps können ebenfalls unterstützende Informationen und Werkzeuge bieten.“
9. Übernimmt die Krankenversicherung die Kosten der Behandlung?
„Von den gesetzlichen Krankenversicherungen werden die Kosten für die Behandlung von Depressionen übernommen. Bei Privaten Krankenversicherungen ist es jedoch ratsam, die Deckung und mögliche Selbstbeteiligungen im Voraus zu klären.“
10. Muss der Arbeitgeber über die Diagnose in Kenntnis gesetzt werden?
„Die Offenlegung der Diagnose gegenüber dem Arbeitgeber ist eine persönliche Entscheidung. In einigen Fällen kann es jedoch vorteilhaft sein, den Arbeitgeber zu informieren, um Unterstützung am Arbeitsplatz zu erhalten und gegebenenfalls angemessene Anpassungen vorzunehmen, um die Arbeitseffizienz zu verbessern und das eigene Rückfallrisiko zu minimieren.“
Wer gern mehr erfahren möchte, findet weitere Informationen unter www.akutklinik-badsaulgau.de